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Göttergetöse

Göttergetöse

Titel: Göttergetöse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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mochten vielleicht nicht so groß sein, wie sie selbst glaubten oder gern wären, aber sie konnten mir das Leben durchaus versauen. Religiöse Gründe sind immer ein gutes Deckmäntelchen für ungehobeltes Verhalten.
    »Nein, Mr. Garrett. Ganz und gar nicht, o nein. Seine Heiligkeit hatte einen Traum, oder vielleicht eher eine Vision. Denn es geschah, als er wach war.«
    »Moment, nichts verraten. Sankt Nimmerlein ist ihm erschienen, hat dem Alten Knaben einen Arm um die Schultern gelegt und ihm dringend geraten, sich mit mir zu einer Partie Backgammon zusammenzusetzen.«
    Dem Alten fiel fast die Kinnlade herunter. Ich hatte ihn überrumpelt. Er keuchte und schnaufte einige Sekunden lang. Die beiden jüngeren Priester, die ich auch hereingelassen hatte, traten dichter an ihn heran. Vielleicht wollten sie ihn auffangen, wenn er unter einem Schlaganfall zusammenbrach. Allerdings wagten sie nicht, ihn zu berühren.
    Bring sie zu mir, Garrett.
    Gute Idee. »Kommt mit. Wir wollen uns setzen.«
    Sie kamen mit. Ha!
    Der Tote Mann ist sehr beeindruckend, wenn man ihn das erste Mal sieht, selbst, wenn man schon mal etwas von ihm gehört hat. Und auch, wenn man sich selbst für eine große Nummer hält. Der Alte blieb nach ein paar Schritten stehen und starrte ihn an. »Genau, jeden einzelnen Gedanken«, sagte ich, nur um ihn zu ärgern. »Vor allem die, die Sie zu verbergen suchen und an die sie deshalb die ganze Zeit denken müssen.«
    Garrett!
    Ich ignorierte den Einwurf des Toten Mannes. »Kommen Sie zur Sache, Bischof. Die Götter haben mir in den letzten Tagen ganz schön zu schaffen gemacht. Ich bin nicht besonders gastfreundlich aufgelegt.«
    Du hast ihn, Garrett. Er ist erschüttert. Der Bischof entspricht genau dem Typ Kleriker, den deine zynische Seele bei allen Priestern vermutet. Aber sein Unglaube an sein eigenes Dogma hat einen schweren Schlag erlitten. Es sieht so aus, als wäre Sankt Nimmerlein zahlreichen Führungspersönlichkeiten der Kirche erschienen.
    Mit meiner Antwort gewann ich mal wieder den Schlaumeierpreis. »Wa…?«
    Obwohl Bischof Carnifan hierhergeschickt wurde, ist er hauptsächlich erschienen, sich davon zu überzeugen, ob sein Unglaube berechtigt ist.
    Ah! Er hat sich entschieden, aufrichtig und geradeheraus zu sein, weil ihm klar ist, daß Menschen einen Loghyr nicht belügen können.
    Quatsch mit Soße! Natürlich kann man einen Loghyr an seinem Rüssel herumführen. Man muß nur wissen, wie.
    Bischof Carnifan humpelte zu dem Stuhl, in den ich mich normalerweise setzte, und ließ seinen klerikalen Hintern vorsichtig auf das Sitzkissen sinken. Er faltete die Hände im Schoß und wirkte wie das perfekte Abbild eines heiligen Mannes. Und er wußte es. Es war die Art Image, das zynische Kleriker seit Generationen kultiviert haben. »Kamov, Bondurant«, sagte er mit sonorer Stimme. »Würdet ihr bitte einen Augenblick in den Flur gehen?«
    »Sir?«
    »Ich möchte mit Mr. Garrett unter vier Augen sprechen.«
    Jetzt will er seine Neugier befriedigen.
    Ich schnappte schwach den Befehl des Toten Mannes an Dean auf, sich um die beiden Brüder Bondurant und Kamov zu kümmern. Sie durften zwar den Raum verlassen, aber es würde ihnen nicht gestattet, ihre Neugier über mein bescheidenes Domizil zu befriedigen.
    Die Tür schloß sich hinter dem zweiten jungen Priester. »Sie sind alle real«, erklärte ich Carnifan. »Selbst der kleinste von ihnen, vom letzten Kobold bis zum größten Donnerkeiler, ganz gleich, wie lächerlich wir sie uns auch vorgestellt haben. Aber sie sind absolut nicht das, was ihr Priester uns weisgemacht habt.«
    Der Bischof würde morgen einen teuflischen Muskelkater in seinen Kiefermuskeln haben. Er starrte den Toten Mann an. »Natürlich.« Er betrachtete Morpheus, der schweigend an einem Buchregal lehnte und wie ein atmender Kleiderständer aussah. Ich hatte ihn weder vorgestellt noch seine Anwesenheit erklärt.
    Der Tote Mann stubste mich sanft an.
    »Sie wollen wissen, was gestern abend passiert ist, ja? Sie wollen aufs richtige Pferd setzen, indem Sie sich das Wesentliche von einem Kerl erzählen lassen, der wirklich mit den Göttern gesprochen hat, hm? Sie wollen wissen, ob die Kirche oder Sie irgendwie einen Vorteil daraus ziehen können? Das kann ich Ihnen nicht verdenken. Wenn ich Priester wäre, würde ich mich mittlerweile auch ziemlich unwohl unter meiner Kutte fühlen.«
    Der Tote Mann hatte anscheinend auch vor, die Situation ein bißchen zu genießen. Plötzlich

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