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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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Gefährt diesmal halten.
    »Soll ich mich auch kampfbereit machen?«, fragte Ulme.
    »Das bringt nichts. Gegen Schatten nützen keine Waffen.«
    Einen Moment lang dachte Corellius wieder an das belebende Gefühl, wenn Weinbrand die Kehle hinabrann. Er wischte es fort, wie er es auch sonst mit lästigen Gefühlen wie Schuld oder Angst zu tun pflegte, und galoppierte an die Spitze des Zugs.

Der Schatten
    »Herr Orchologe?« Mit großen Augen sah Ulme zu Mellio, der wieder neben ihnen ritt.
    »Ja, mein großer Freund?«
    »Was ist ‘n das Große, Geheimnisvolle bei so 'nem Schatten?« Er wandte den Blick zurück. »Ich mein, das ist doch nur irgendein Kerl, der uns folgt.«
    »Das ist zumindest das, was wir sehen«, entgegnete Corellius.
    »Oder besser gesagt: das, was wir sehen sollen.« Aus seiner Satteltasche holte der Orchologe ein Stück Brot. Herzhaft biss er hinein und fuhr kauend fort: »Dieser schattenhafte Verfolger, den wir alle zu sehen meinen, ist nichts mehr als ein Phantom, eine Art kollektive Fata Morgana. Es bedeutet, dass er bereits in unseren Köpfen sitzt.«
    Corellius runzelte die Stirn. Worüber Mellio da sprach, überstieg sein Wissen über Schatten bei Weitem. »Was ich über sie gehört habe, klingt ganz anders …«
    »Da scheint Ihr an die falschen Leute geraten zu sein.« Beim Sprechen sprühten Krümel aus Mellios Mund. »Schatten sind Geisterwesen – spektralartig. Wie Gas. Über Mund und Nase gelangen sie in uns, in unser Gehirn, wo sie sich festsetzen. Dies ist nicht weiter schlimm, die meisten Schatten sind schwächlich und sterben bald ab. Doch manchen gelingt es, Kontrolle über die Seele zu erlangen. Sie übernehmen diesen Menschen. Schatten sind intelligent – sie lassen es dem Menschen nicht anmerken. Es lässt sich nur dadurch erkennen, dass sein eigener Schatten allmählich verschwindet.«
    »Sein Schatten verschwindet?«, rief Corellius. »Aber das ist doch wider die Naturgesetze!«
    Mellio grinste. »Es scheint, als würden unsere Schatten mehr mit unserer Seele und weniger mit der Physik zusammenzuhängen. Also, passt auf, dass Eure Schatten nicht nach und nach zerbröseln wie mein Brot. Dann könnte es vielleicht schon zu spät sein.«
    Der Orchologe ließ sich wieder zurückfallen.
    »Jetzt habe ich Angst. Wann geht denn dieses Schattenzeug wieder weg?« Ulme klammerte sich an die Zügel.
    »Spätestens dann, wenn die Nacht hereinbricht«, entgegnete Corellius. »Bekommt ihnen nicht – aus logischen Gründen. Und wenn ich mir so den Himmel anschaue, dann kann es bis Einbruch der Dunkelheit nicht mehr lange sein.«
    »Besser ist das.«
    Hinter ihnen erklang mit einem Mal die Stimme von Arlot Asht: »Um die Stimmung aufzuhellen, möchte ich nun eines meiner Werke vortragen. Ich bitte um Aufmerksamkeit!«
    Stöhnend wandte Corellius den Kopf. »Auch das noch!«
    Asht stand auf dem Kutschbock des Proviantwagens, eine Pergamentrolle in den Händen haltend. Die Pfauenfeder an seiner scharlachroten Kappe wehte im Wind.
    »Man gebe mir nur einen Reim
    und er ist eines Gedichtes Keim!
    Ich werde euch verwöhnen mit Poesie,
    die so schön und rein ist, wie noch nie!
    An der Seite tapfrer Rittersmannen …«
    Irgendwo aus der Richtung der Wachleute flog eine Gelbtomate und traf den Dichter an der Stirn. Gelächter brandete auf. Seine Kappe geraderückend, hielt Asht nach dem Übeltäter Ausschau. Fruchtfleisch und Saft tropften ihm von der Schläfe. »Wer wagt es? Das hier ist Kunst! Nur weil ihr hirnloses Gesindel sie nicht versteht …«
    »Komm lieber da runter und massier meinem Pferd die Eier! Das hilft uns mehr«, brüllte eine der Wachen und erntete damit erneut Lacher.
    Ashts Gesicht war so rot angelaufen wie seine Kappe. Er zerknüllte das Pergament, warf damit nach den Wachmännern und sprang vom Kutschbock. Das Grölen hielt an.
    »Zum Glück haben sie dem ein Ende gesetzt«, seufzte Corellius. »Der ist ja so schlecht, dass einem beim Zuhören die Ohren bluten.«
    »Mir haben die Reime gefallen«, sagte Ulme gleichmütig.
    »Dir würde es wahrscheinlich auch gefallen, wenn ich dichten würde.«
    »Mir würds gefallen, wenn wir beide nach Sichelstadt gehen und ein Kinderheim eröffnen. Nur wir beide. Wir nennen es Zuflucht !«
    » Zuflucht ? Da bist du aber richtig einfallsreich gewesen«, meinte Corellius sarkastisch. »Bist wirklich hartnäckig in der Sache. Na, ich überlegs mal …«
    »Brauchst doch sonst nie so lange zum Überlegen!«, brummte Ulme.
    »Jetzt sei

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