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Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition)

Titel: Göttersturz, Band 1: Das Efeumädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Schütz
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nicht ungeduldig! Wir müssen sowieso erst mal das Ganze hier hinter uns bringen.«
    »Tschuldigung!« Ulme sah tatsächlich zerknirscht aus.
    Corellius knuffte ihn. »Schon gut! Wie könnte ich dir denn böse sein?«
    Am Horizont verblutete die Sonne in einer Lache aus Purpur. Die Nacht brach herein, vertrieb die alten Schatten und brachte neue.

Die Sezierspinne
    Sie hatten das wenige trockene Holz, das sie gefunden hatten, zu einem Lagerfeuer aufgeschichtet. Fast alle Mitglieder der Eskorte scharten sich nun um die knisternden Flammen. Die einzigen Ausnahmen bildeten Basterro, das Efeumädchen und der beleidigte Asht. Sie brieten Speck und Fellbohnen über dem Feuer, ließen Corellius' Lederschlauch herumwandern und lauschten Mellios Geschichten.
    »Also, ihr wollt noch mehr über Schatten hören?«, seufzte der Orchologe, als ihn ein Wächter erneut nach den Wesen fragte. »Allmählich werde ich der Faselei müde. Aber gut, eine Anekdote habe ich noch: Anders als wir, haben die Reiterkrieger des Südens eine recht genaue Vorstellung vom Weltuntergang. Sie glauben, dass Schatten irgendwann alle Menschen der Erdenscheibe befallen werden. Unsere Körper würden also noch existieren, jedoch wären wir nichts weiter als seelenlose Wirte dieser Parasiten.«
    Für einige Momente ertönten nur das Knacken der verkohlten Äste und das Heulen des Windes. Die Wachen hielten im Kauen inne und starrten Mellio aus geweiteten Augen an. Schließlich spuckte Hauptmann Galeon aus. »Was seid ihr denn alle für Schisser? Lasst euch von irgendwelchen Legenden ungewaschener Südlinge Angst einjagen! Ist einem von euch heute aufgefallen, dass sein eigener Schatten schwindet?«
    Allgemeines Kopfschütteln.
    »Na also!« Zufrieden machte sich Galeon wieder über seinen Speck her.
    Das vertraute Murmeln und Schmatzen vertrieb die Stille und mit ihr alle nagenden Gedanken.
    Corellius dankte Galeon innerlich dafür, dass dieser jegliche Hysterie sofort im Keim erstickt hatte. Zusammen mit Ulme hockte er gleich in der Nähe des Hauptmanns. Ihr Nebenmann reichte ihnen endlich wieder den Lederschlauch an, der schon seine zweite Runde hinter sich hatte. Bei Orchon, er war schon halb leer. Wenn er sich weiter so spendabel zeigte, würde er bald auf dem Trockenen sitzen.
    »Ein Glück, dass die Kutsche heute zur Seite gefallen ist.« Galeon grinste. »So hatte wir einen fulminanten Blick auf alles, was das Efeumädchen so zu bieten hat!«
    »Und was sie zu bieten hat!«, rief ein anderer.
    Wild durcheinander erschollen die Rufe: »Dieser Arsch!«, »Diese Brüste!«, »Diese Beine!«, wobei Corellius nur noch mit halbem Ohr lauschte. Ihn beschäftigten nicht diese Teile von Jalinas Körper, sondern ein ganz anderer. Ihre Augen. Ihre Augen, die ihm so bekannt vorkamen.
    Sein Blick glitt in die Schwärze, die sich jenseits des Flammenscheins erstreckte.
    Einen Moment lang wurde er aus acht glühenden Augen erwidert.
    Er sah genauer hin, aber nichts außer Dunkelheit stierte zurück. Reflexartig legte sich seine Hand um den Knauf seines Schwertes. Bekam ihm der Weinbrand etwa nicht?
    Aus der Kutsche des Efeumädchens drang Rascheln und Poltern. Sogleich erstarben die Rufe.
    Einer der Vorhänge wurde zur Seite geschoben und Jalinas blasses Gesicht erschien im Fenster. »Ihr lasterhaften …«
    Doch weiter kam sie nicht. Eine Kreatur, flink und lautlos, sprang ans Fenster. Ein Gewirr aus Beinen, Augen und Fangzähnen. Es war eine Spinne, so groß wie ein Pferd!
    Ein spitzer Schrei.
    Bevor irgendjemand auch nur nach seiner Waffe greifen konnte, umklammerte die Spinne sie mit ihren Vorderbeinen und zerrte sie aus dem Fenster. Das Efeumädchen kreischte und hämmerte mit den Fäusten auf das Untier ein. Doch die Spinne ließ nicht los und entschwand mit Jalina in der Nacht.
    Corellius war vor allen anderen auf den Beinen. Sein Schimmel lag – Orchon sei gepriesen – mit eingeknickten Beinen gleich neben ihm. Er setzte sich auf den sattellosen Rücken des Tieres und rammte ihm die Hacken in die Seiten.
    Das Pferd wieherte und stemmte sich auf.
    »Corellius, wo willst du hin?«, rief Galeon. »Warte auf uns!«
    »Das ist eine Sezierspinne! Wenn ich ihr nicht sofort folge, finden wir ihr Nest niemals!«
    Er galoppierte los, hinein in die Schwärze. Als einziger Anhaltspunkt diente ihm das Trippeln der Spinnenbeine auf dem staubigen Grund. Der Wind blies ihm rau entgegen und das Reiten ohne Sattel verlangte ihm seine gesamte Konzentration ab.
    Eine

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