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Göttertrank

Göttertrank

Titel: Göttertrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Stift nieder und sah ihren Gatten fassungslos an.
    »Ich habe Ihnen bereits vor Weihnachten gesagt, für wie ungeeignet ich die Erziehungsmethoden des Fräuleins halte und dass wir uns nach einem Ersatz umsehen sollten.«
    »Und wie Sie sehr gut wissen, haben Mama und ich das abgelehnt. Sie hat ausgezeichnete Prinzipien, und mir ist ihre Erziehung gut bekommen.«
    »Eben. Und darum wünsche ich nicht, dass sie so wird wie Sie, Frau Gemahlin.«
    Alexander hatte in den vergangenen Monaten viel überlegt, wie er sich aus der Falle befreien konnte, in die er damals in Berlin getappt war, als Reineckens mit ihrer Tochter bei Egells aufgetaucht waren. Sein Schwiegervater hatte sich Fertigungsverfahren bei dem bekannten Maschinenbauer ansehen wollen, und ihm war nicht nur die technische Beratung zugefallen, sondern auch die Unterhaltung der reizenden Paula. Die, wenn sie mal der Aufsicht ihrer Mama entschlüpfen konnte, gar nicht so prüde war, wie sie in deren Gesellschaft vorgab. Und ein findiger, verliebter junger Mann nutzte natürlich die Gelegenheit. Drei Monate waren die Reineckens geblieben, und eine Woche vor der Abreise wurde Alexander von einem zornschnaubenden Vater zu einem ernsten Gespräch gebeten.
    Inzwischen war Alexander sich sicher, dass der Zorn nur gespielt war. Er selbst war bei Weitem der beste Fang, den Reinecke gemacht hatte. Auch wenn seine Herkunft im Dunklen lag. Diese Tatsache war damals noch kein Stein des Anstoßes gewesen.
    Inzwischen war sie es, und viele andere Dinge hatten sich zu diesem Umstand summiert. Es musste ein Ende haben, und hätte Paula nicht gerade jetzt das Gespräch gesucht, er hätte das Thema in wenigen Tagen selbst auf den Tisch gebracht.
    »Mäßigen Sie Ihre Worte, Alexander!«, fauchte Paula ihn an und erhob sich, um zum Kamin zu schweben.
    »Nein, das werde ich nicht. Es wird Zeit, die Dinge klar auszusprechen.«
    »Allerdings, das werden wir. Und hiermit sage ich es ganz offen: Ich wünsche nicht, dass Sie dem Kind freigeistige Ideen einflüstern. Mit welchem Gesindel Sie sich in Ihrer Freizeit treffen, will ich nicht kommentieren. Aber ich verlange, dass Sie sich nicht mehr in Julias Erziehung einmischen.«
    »Umgekehrt, Paula. Umgekehrt. Da Schwester Gnadenlos das Haus trotz all ihrer Verfehlungen ja nicht zu verlassen braucht, werde ich es tun. Meine Tochter wird mit mir kommen. Ich habe alles vorbereitet, um eine Trennung von Tisch und Bett zu erlangen.«
    »Was?« Paula begann, pfeifend zu atmen, und drückte sich die Hand auf die Brust.
    »Möglicherweise sollten Sie das Mieder lösen, dann fällt Ihnen das Atmen leichter«, kommentierte Alexander ungerührt ihren Anfall.
    »Sie...! Sie...! Sie Unmensch!«
    »Das ist das schlechte Blut, das in meinen Adern fließt. Madame, wir haben uns nichts mehr zu sagen.«
    Er ließ sie alleine und suchte seine Tochter, die er still schluchzend im Kinderzimmer vorfand.
    »Papa, sie haben gesagt, ich muss in eine Besseranstalt«, hörte er aus ihren erstickten Klagen heraus.
    »Nein. Wir werden uns eine eigene Wohnung suchen und ein liebes Kindermädchen für dich finden. Komm, wir waschen dein Gesicht, und dann besuchen wir Herrn Benson.«
     
    Die Bewohner Elberfelds waren inzwischen an den Anblick gewöhnt, auch wenn er bei vielen Gemütern noch immer zu Irritationen führte. Der hochgewachsene Mann im dunklen Anzug, an dessen Schläfe eine weiße Strähne schimmerte, führte an der Hand seine kleine Tochter. Im kurzen Rüschenkleid, die blonden Locken zu zwei nicht immer ganz ordentlichen Zöpfen mit bunten Schleifen geflochten, hüpfte sie fröhlich neben ihm her. Immer wieder beugte er sich zu ihr, um ihre Fragen zu beantworten oder sie auf irgendetwas aufmerksam zu machen. Das war ungewöhnlich, Väter beschäftigten sich allenfalls mit ihren Söhnen, um sie in die männlichen Tugenden einzuführen, nicht mit kleinen Mädchen. Die gehörten in die Obhut von Müttern und Kinderfrauen.
    Erik Benson aber wusste von seinem Freund, warum er sich so anders verhielt, und begrüßte Vater und Tochter freundlich.
    »Was führt dich und diese hübsche junge Dame in mein staubiges Büro?«, fragte er, nachdem er sich höflich vor der kichernden Julia verbeugt hatte.
    »Die bereits angesprochenen Regelungen für unsere Zukunft. Es ergab sich, dass ein schnelles Vorgehen vonnöten ist.«
    Der Jurist und Alexander besprachen die konkreten Schritte, die eingeleitet werden mussten, um die Trennung – nicht die Scheidung – von Paula

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