Goettin in Gummistiefeln
ebenfalls in diese Alterskategorie passen. Obwohl mir eine innere Stimme sagt, dass sie höchstens neununddreißig und keinen Tag mehr zugeben würde.
»Schöner Garten«, sage ich.
»Ach ja.« Sie betrachtet ihn ohne großes Interesse. »Wir haben einen vorzüglichen Gärtner. Hat ständig neue Ideen. So setzen Sie sich doch!« Sie wedelt mit den Händen, und ich lasse mich, ein wenig verlegen, auf ein Sofa sinken. Trish nimmt in einem Korbstuhl mir gegenüber Platz und trinkt ihren Cocktail aus.
»Können Sie einen Bloody Mary mixen?«, erkundigt sie sich abrupt.
Ich starre sie verwirrt an.
»Egal.« Sie pafft an ihrer Zigarette. »Ich kann‘s Ihnen beibringen.«
Sie kann was?
»Was machen die Kopfschmerzen?« Und bevor ich antworten kann, sagt sie: »Besser? Ah, da ist ja Eddie!«
»Gott zum Gruß!« Die Tür geht auf, und Mr. Geiger betritt den Wintergarten. Aus der Nähe sieht er nicht annähernd so beeindruckend aus wie vorhin, als er über den Rasen lief. Seine Augen sind leicht blutunterlaufen, und er hat einen kleinen Bierbauch.
»Eddie Geiger«, stellt er sich jovial vor und streckt mir die Hand hin. »Der Herr des Hauses.«
»Eddie, das ist ...« Trish schaut mich überrascht an. »Wie war noch mal der Name?«
»Samantha«, erkläre ich. »Ich bedaure sehr, Sie gestört zu haben, aber ich hatte so schreckliche Kopfschmerzen ...«
»Ich habe Samantha ein paar von diesen verschreibungspflichtigen Schmerztabletten gegeben«, wirft Trish ein.
»Ah, gute Wahl.« Eddie schraubt eine Scotchflasche auf und schenkt sich einen Drink ein. »Sie sollten mal die roten versuchen, die hauen einen glatt um!«
»Ah ... gut.«
»Nicht wörtlich, natürlich!« Er stößt ein kurzes, bellendes Lachen aus. »Wir wollen Sie ja nicht umbringen!«
»Eddie!« Trish gibt ihm mit klirrenden Armbändern einen Klaps. »Du machst ihr Angst!«
Beide mustern mich neugierig. Ich habe das Gefühl, dass ich irgendetwas sagen sollte.
»Ich bin Ihnen wirklich sehr zu Dank verpflichtet.« Ich ringe mir ein Halblächeln ab. »Ich wollte Sie gewiss nicht stören.«
»Ihr Englisch ist ziemlich gut, nicht?« Eddie blickt Trish mit hochgezogener Braue an.
»Sie ist Engländerin!«, trillert Trish, als hätte sie soeben ein Kaninchen aus einem Hut hervorgezaubert. »Versteht alles, was ich sage!«
Ich scheine irgendwie auf der Leitung zu stehen. Sehe ich etwa aus wie eine Ausländerin?
»Na, wie wär‘s jetzt mit einer Führung durchs Haus?« Eddie blickt Trish fragend an.
Mir sinkt der Mut. Leute, die einen andauernd durchs Haus führen wollen, gehören meiner Meinung nach abgeschafft. Die Vorstellung, durchs ganze Haus dackeln, in jedes Zimmer schauen und zu allem etwas sagen zu müssen, ist mehr als ich ertragen kann. Alles, was ich will, ist, hier ruhig sitzen zu bleiben, jedenfalls so lange bis die Tabletten wirken.
»Ehrlich - das ist doch nicht nötig«, setze ich an. »Ich kann mir denken, dass es wunderschön -«
»Aber natürlich ist es nötig!« Trish drückt ihre Zigarette aus. »Kommen Sie.«
Als ich aufstehe, dreht sich plötzlich alles und ich muss mich an einem Gummibaum festhalten, um nicht umzukippen. Die Schmerzen lassen allmählich nach, aber jetzt fühlt sich mein Kopf an, als wäre Watte darin, alles unwirklich, irreal. Wie eine Art Traum.
Oookay, diese Frau scheint kein eigenes Leben zu haben. Alles, woran sie denken kann, ist Hausarbeit, Hausarbeit, Hausarbeit. Während wir endlose Räume besichtigen, einer luxuriöser als der andere, hört sie nicht auf, mich ständig auf irgendwelche Möbel oder Gegenstände hinzuweisen, die besonders gründlich abgestaubt oder geputzt gehören. Dann zeigt sie mir gar, wo der Staubsauger steht. Und jetzt »besichtigen« wir gerade die Waschmaschine. Es ist nicht zu fassen.
»Wirklich ... ein gutes Gerät«, sage ich, da sie auf irgendeine Reaktion meinerseits zu warten scheint. »Äußerst ... funktionstüchtig.«
»Bei uns wird die Bettwäsche jede Woche gewechselt. Gewaschen und gebügelt, natürlich.« Sie wirft mir einen scharfen Blick zu.
»Ah, selbstverständlich.« Ich nicke, um mir meine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. »Gute Idee.«
»Und jetzt nach oben!« Sie rauscht aus der Küche.
O Gott. Da gibt‘s noch mehr?
»Sie kommen aus London, Samantha?«, erkundigt sich Eddie Geiger, als wir die Treppe hinaufgehen.
»Das stimmt.«
»Und Sie haben dort eine Stellung?«
Er will nur höflich sein - aber einen Augenblick lang kann ich mich nicht
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