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Gohar der Bettler

Gohar der Bettler

Titel: Gohar der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cossery
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für sie zu empfinden. Im Grunde handelte es sich von seiner Seite aus um einen Vorstoß, den er ohne jede Lust auf eine Eroberung unternahm. Die Aussicht, mit der Tochter eines Beamten zu schlafen, die obendrein auch noch minderjährig war, reizte Yeghen nicht im geringsten. Trotzdem weckte dieses Mädchen durch ihr zynisches Verhalten seine Neugierde; sie schien ihn herauszufordern. Ihre Reaktion auf seine Häßlichkeit ließ auf einen zumindest hinterlistigen Charakter schließen. Yeghen erblickte in ihrem Verhalten die Offenbarung von etwas Anormalem, Schändlichem, das ihn dazu anregte, sich einer für ihn einzigartigen Erfahrung auszusetzen. Es war das erste Mal, daß ihm eine Frau ihre Aufmerksamkeit zuteil werden ließ, und es fehlte nicht viel, daß er sich darauf etwas einbildete. Er konnte sich nicht dazu durchringen, einer solchen Quelle der Freude und, wer weiß, vielleicht auch sinnlicher Erregung einfach zu entsagen. Er war gut genug mit den Regeln der Wahrscheinlichkeit vertraut, um zu wissen, daß die Möglichkeit eines solchen Liebesabenteuers sich einem Mann wie ihm vielleicht alle drei Generationen einmal bietet. Er mußte also die Gelegenheit beim Schopf packen. Und dann waren da auch noch die Klavierstunden, die das Abenteuer zu etwas noch Außergewöhnlicherem machten. Nicht daß Yeghen Musik mochte; er verabscheute sie im Gegenteil von ganzem Herzen, aber er glaubte nicht, daß das Mädchen jemals Gelegenheit haben würde, in seiner Gegenwart zu spielen.
    Sollte er mit Gohar darüber sprechen? Zunächst einmal mußte er ihn finden. Im grellen Licht der Karbidlampen, das von den riesigen Spiegeln an den Wänden zurückgeworfen wurde, nahmen seine kurzsichtigen Augen alles völlig verschwommen wahr. Nur mühsam bahnte er sich einen Weg durch das Gedränge, als er spürte, wie ihn jemand am Arm faßte.
    »Mein lieber Yeghen, erweise mir die Ehre, dich an meinen Tisch zu setzen.«
    Yeghen drehte sich um. Der Mann war ein allgemein bekannter Homosexueller von majestätischer Korpulenz, der eine Jacke aus grüner Seide und einen auberginefarbenen, weiten Mantel trug. Seine Haare und sein Schnauzbart waren gefärbt; an den Fingern trug er schwere Ringe. Es handelte sich um einen sehr reichen Tuchhändler, der als Literaturkenner gelten wollte.
    Die Liebenswürdigkeit, die der dicke Händler ihm entgegenbrachte, amüsierte Yeghen immer, weil ihrer Beziehung dadurch ein Hauch des Zweideutigen anhaftete.
    »Na, was macht die Poesie?«
    »Sie dämmert vor sich hin«, sagte Yeghen.
    »Gleichviel! Trink ein Glas Tee mit mir. Ich brenne vor Ungeduld, dir zuzuhören.«
    »Vergib mir, aber es ist mir nicht möglich. Ich suche jemanden. Ich muß ihn unbedingt finden.«
    »Ah, ich verstehe«, sagte der Mann mit einem vielsagenden Augenzwinkern.
    »Du verstehst überhaupt nichts. So weit ist es mit mir noch nicht gekommen. Aber vielleicht wird es ja eines Tages mal soweit sein.«
    »Na! Das wird ein großer Tag. Ich werde mich glücklich schätzen, dich zu meinen Freunden zu zählen.«
    »Das glaubst du doch wohl selbst nicht«, widersprach Yeghen. »Mit so einem Gesicht!«
    »Vergiß nicht, daß du für mich andere Reize besitzt. Ich bin empfänglich für das Genie.«
    »Mit anderen Worten, du würdest gern mit meinem Genie schlafen.«
    Sie lachten lauthals los.
    »Aber auch das ist unmöglich«, fuhr Yeghen fort. »Ich habe kein Genie. Gehab dich wohl. Wir werden uns bestimmt schon bald Wiedersehen.«
    »Deine Bescheidenheit ehrt dich. Mach mir die Freude und nimm wenigstens eine Zigarette von mir.«
    Er hielt Yeghen eine Schachtel Luxuszigaretten hin; der nahm sich eine, und der Mann zündete sie ihm mit einem goldenen Feuerzeug an.
    »Danke.«
    Yeghen ließ den dicken Händler stehen und begab sich von neuem auf die Suche nach Gohar. Wo hatte der sich nur versteckt? Er entdeckte ihn nirgendwo. Er wurde langsam nervös, und das um so mehr, als er spürte, daß ein kleiner Kippensammler hinter ihm her war, der sich an seine Fersen geheftet hatte und ihn genau beobachtete, um den Moment nicht zu verpassen, in dem er seine Zigarette wegwerfen würde. Die Verlockung dieser Luxuskippe schien auf den kleinen Jungen eine Art Faszination auszuüben. Er folgte Yeghen auf Schritt und Tritt und wirkte dabei wie ein hungriger Hund. Schließlich hatte Yeghen genug von dieser Nachstellerei und warf ihm die halb gerauchte Zigarette hin.
    »Hier, du Mistkerl! Willst du mir nicht noch in den Hintern kriechen.«
    »Gott

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