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Goldener Bambus

Goldener Bambus

Titel: Goldener Bambus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anchee Min
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vor Glück. »Versprich mir, Sohn, dass du Absalom ehrst, indem du ihm auch in schweren Zeiten beistehst.«
    Papa versprach es wie ein wahrhaft frommer Sohn. Er erzählte NaiNai, dass Absalom vorhabe, ihm die Leitung der Kirche von Chinkiang zu übertragen.
    »Und was wird Meister Absalom tun, wenn du das übernimmst?«, wollte NaiNai wissen.
    »Absalom will expandieren. Er hat vor, tief ins Landesinnere zu gehen.«
    Papa gestand NaiNai, dass er sich zwar geehrt fühlte, aber Probleme habe, sich Gott wirklich zu verschreiben.
    »Absalom hat einen Hund beauftragt, Mäuse zu fangen«, seufzte NaiNai. Sie hatte Angst, dass ihr Sohn Absalom enttäuschen würde.
    Papa tat sein Bestes, um die Rolle gut zu spielen. Er würde niemals zugeben, es nur wegen des Geldes zu tun, und erzählte NaiNai, seine Beförderung sei einem Streit zu verdanken, den Absalom mit einem anderen Diener Gottes hatte.
    »Gibt es denn noch einen?«, fragten NaiNai und ich.
    »Ja, der neue Missionar bezeichnet sich als Baptist«, erklärte Papa.
    »Ist Absalom auch Baptist?«, fragten wir.
    »Nein, Absalom ist Presbyterianer.«
    Aber den Unterschied verstehe er selber nicht, gab Papa zu, obwohl Absalom es ihm erklärt hatte.
    »Jedenfalls findet Absalom, dass Chinkiang sein Territorium ist«, sagte Papa abschließend.
     
    Der Baptist war ein beleibter, rothaariger Mann mit einem blinden Auge. Er kam oft in unsere Kirche und erzählte den Leuten, dass Absalom alles falsch mache. Zum Beispiel würde er nur die Köpfe der Konvertiten mit Wasser besprenkeln, anstatt sie richtig darin einzutauchen.
    Das leuchtete den Chinesen ein. Wenn ein bisschen Wasser gut für die Seele war, war viel Wasser logischerweise besser und ein richtiges Eintauchen somit das Beste.
    Absalom war überzeugt, dass der Baptist gekommen war, um ihm die Bekehrten abspenstig zu machen und so seine ganze Arbeit zu zerstören. »Er sät Zweifel über mich in ihre Köpfe«, beschwerte er sich bei Papa.
    Als ich den Baptisten vor der Kirche sah, wusste ich nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Einfach vorbeigehen würde ihn beleidigen, und so wartete ich das Ende seiner Predigt über das Eintauchen ab.
    Als Absalom davon erfuhr, wurde er wütend und schwor Rache.
    NaiNai hingegen meinte gutgelaunt: »Der Fischer profitiert, wenn ein Krebs und ein Hummer miteinander kämpfen.« Mit Fischer meinte sie Papa.
    Papa stimmte ihr zu. Absalom imitierend, wiederholte er dessen wütende Worte gegenüber Carie: »›Ich habe hart gearbeitet, gelehrt und gelitten und keine Mühe gescheut, die Grundsätze des Christentums in die Köpfe der Ungläubigen zu pflanzen. Es kommt einem Glaubensdiebstahl gleich, wenn die zukünftigen Mitglieder meiner Gemeinde das Ansehen der Baptisten mehren würden!‹«
    »Ist es wirklich so ernst?«, fragte NaiNai.
    »O ja, für Absalom schon«, erwiderte Papa. »Warum sollte er mich sonst zum Pfarrer machen? Absalom ist nicht dumm.«
    »Halt dich da lieber raus«, warnte NaiNai.
    Papa lächelte. »Ich profitiere davon, wenn sie sich weiter streiten.«
    NaiNai schüttelte den Kopf »Du bist ein verkrüppelter Esel, der über eine kaputte Brücke geht – früher oder später fällst du«, sagte sie.
    »Mein Charakter ist nicht mehr so schlecht, wie du denkst«, sagte Papa. »Ich werde nichts Schlechtes über Absaloms Kirche sagen. Absalom wird gewinnen.«
    »Ich will einfach nur ein reines Gewissen haben, wenn ich sterbe.« Tränen standen in NaiNais Augen.
    Papa holte ein paar Kupfermünzen aus der Tasche und legte sie neben NaiNais Kissen. »Absalom hat mir Geld für deine Arzneien gegeben, Mutter.«
    NaiNai vergrub das Gesicht in den Händen und weinte.
    »Wo ist Absalom jetzt?«, fragte ich Papa.
    »Er bereist die ländlichen Gegenden. Vielleicht hält er gerade eine Unterrichtsstunde ab.«
    »Unterrichtet er denn?«
    »Ja.«
    »Was?«
    »Absalom lehrt Bibelgeschichte, Philosophie, Religion, Griechisch und Hebräisch. Er verbreitet das Evangelium.«
    »Hat er auch Schülerinnen?«
    »Nein, nur Schüler.«
    »Wie weit reist er?«
    »So weit er kommt.« Papa hielt inne, dann fügte er hinzu: »Der Mann ist ehrgeizig. Ich habe kaum Zweifel, dass sein christlicher Gott eines Tages China erobert.«
    Papa gestand mir seine Verwunderung, dass gebildete chinesische Jugendliche sich Absalom anschlossen.
    »Er hat sogar chinesische Muslime bekehrt.« Papa kratzte sich ungläubig am Hinterkopf. »Ich glaube, Absaloms Art und Weise, Gottes Krieg zu führen,

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