Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldener Bambus

Goldener Bambus

Titel: Goldener Bambus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anchee Min
Vom Netzwerk:
Tragödie hat der Partei geschadet und nur unserem Feind genutzt.«
    »Dick Lin, ich habe gesehen, wie du mit Hilfe deines Ansehens Leute zur Rückkehr nach China zu bewegen versuchst. Und wenn Mao seine Meinung ändert? Was ist, wenn diese Leute Dinge sagen und tun, die Mao irgendwann missfallen und beleidigen? Wirst du sie dann exekutieren?«
    »Das wird nicht geschehen.«
    »Ich dachte, inzwischen kennst du Mao.«
    »Das tue ich.«
    »Dann bist du niederträchtig, wenn du ihm weiterhin folgst.«
    »Ich reite auf dem Rücken eines Tigers. Der Versuch abzusteigen würde mich das Leben kosten.«
    »Was für eine eigennützige Erklärung!«
    Dick vergrub das Gesicht in den Händen. »Du hast mein Tun sowieso nie gebilligt.«
    »Du weigerst dich, die Wahrheit anzuerkennen.«
    »Welche Wahrheit?«
    »Dass es nicht um Kommunismus geht, sondern um Maos Willen!«
    »Genossin Weide.« Dick stand auf. »Ich habe deinen Gott nie beleidigt, also hör bitte auf, meinen zu beleidigen.«

27 . Kapitel
    A
ls ich zu Hause verhaftet wurde, spülte ich gerade Geschirr. Nie hätte ich gedacht, dass ein Postbeamter mich verraten würde. Ich wurde beschuldigt, eine amerikanische Spionin zu sein, und ohne Gerichtsverhandlung ins Gefängnis geworfen. Das hatten sie zwar auch mit anderen Leuten gemacht, trotzdem war ich schockiert, als es mir passierte.
    Dick ließ seine Beziehungen spielen, doch niemand wagte zu helfen. Mein Verbrechen war meine Freundschaft mit Pearl Buck. Dick sagte, nicht Pearl Bucks Erfolg als Schriftstellerin mache sie zur Feindin Chinas, sondern ihre Weigerung, Mao anzuerkennen.
    Seit der Machtübernahme in China hatten Mao und seine Frau gewünscht, dass Pearl ihr Regime unterstützte. Doch Pearl wahrte Distanz. Wiederholt waren chinesische Offizielle an sie herangetreten, in der Hoffnung, Pearl würde für China das Gleiche tun wie die amerikanischen Journalisten Edgar Snow und Anna Louis Strong. Obwohl Pearl beiden gegenüber freundlich war, hatte sie ihre eigenen politischen Ansichten. In den späten 1950 er Jahren, als mehrere Millionen Chinesen während des
Großen Sprungs nach vorn
hungerten, kritisierte Pearl Mao. Dabei verwies sie auf eine äußerst wichtige Tatsache, die andere ignoriert hatten: »Mao ließ es zu, dass sein eigenes Volk hungerte und an Krankheiten starb, während er die Nordkoreaner im Krieg gegen Amerika unterstützte.«
    »Ist Pearl Buck ein Freund oder ein Feind?«, hatte Mao Dick einmal gefragt.
    Wahrheitsgemäß erwiderte Dick, dass Pearl Buck das chinesische Volk liebte, aber nicht an den Kommunismus glaubte.
    Mao wollte, dass Dick Pearl dazu brachte, die Seiten zu wechseln, so wie er das 1949 bei General Chu getan hatte. Er machte Pearl zu Dicks nächster Herausforderung mit den Worten: »Ich möchte, dass eine Nobelpreisträgerin meine Genossin wird.«
    Hinter meinem Rücken schrieb Dick an Pearl. Eine Antwort bekam er nie. In keinem der Briefe an mich erwähnte Pearl Dicks Bemühungen.
    Frustriert fragte Dick Mao, warum er unbedingt Pearl Buck wollte.
    »Es gibt einen großen Unterschied zwischen Pearl Buck und Edgar Snow«, erwiderte Mao. »Pearl Buck wird in der ganzen Welt gelesen. Ihre Bücher sind in mehr als hundert Sprachen übersetzt! Edgar Snow ist wie ein Panzer, Pearl Buck dagegen wie eine Atombombe.«
    Dicks Mission scheiterte, denn Pearl wusste zu viel über China, um sich täuschen zu lassen. Sie beurteilte Mao nach seinen Taten, nicht nach seinen hochtrabenden Parolen. »Diene dem Volk mit Herz und Seele« waren in ihren Ohren leere Worte. Wie ihr Vater Absalom, ließ auch Pearl sich nicht kaufen. In den Romanen, die sie in den 1960 er Jahren schrieb, schilderte sie die tragischen Schicksale der Menschen unter Mao. Da war sie zwar in Amerika und konnte nur Vermutungen anstellen, doch ihr Verstand schien im Alter noch schärfer geworden zu sein.
    Mao gegenüber verhehlte Dick, dass er Pearl Buck für die einzige Person im Westen hielt, die Chinas Realität auf menschliche Weise akkurat beschreiben konnte. Er sagte nie, dass er Pearl bewunderte, doch ich wusste es.
    Dick fehlte der Mut, Madame Mao zu widersprechen, als diese in Pearls neuen Romanen einen Angriff auf den Kommunismus sah. Madame Mao hielt Pearl für einen Teil der amerikanischen Verschwörung gegen China. Dick bekam den Auftrag, die chinesischen Propagandisten zum Gegenschlag aufzufordern, woraufhin Pearl Buck als »Kulturimperialistin« etikettiert wurde.
    Madame Mao stilisierte Pearl Buck zum

Weitere Kostenlose Bücher