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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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die Luft zum Atmen, der grausame Montezuma!«, schnauft König Pazinque und verstummt röchelnd.
    »Dann ist es höchste Zeit zu handeln, König Pazinque«, sagt Cortés, kaum dass Marina die Worte des Herrschers übersetzt hat. »Lasst Montezumas Gesandte gefangen nehmen! Und sorgt dafür, dass sie nahe den Gemächern eingesperrt werden, in denen Ihr uns beherbergen wollt. Wenn Ihr diesem Ratschlag folgt, so seid Ihr vom heutigen Tag an von der Tributpflicht befreit.«
    König Pazinque reißt die Augen auf, soweit die Fettwülste inseinem Gesicht das erlauben. »Aber Montezuma wird schreckliche Rache üben!«, bringt er hervor. »Was glaubt Ihr, aus welchem Grund seine Tributeintreiber mich heute schon wieder heimsuchen? Mit Sicherheit hat er die uns auferlegte Tributlast noch einmal vergrößert – zur Strafe, weil ich es gewagt habe, mich zu beklagen!«
    Cortés schaut ihn ausdruckslos an. »Macht einfach, was ich Euch vorgeschlagen habe«, sagt er. »Alles Weitere lasst meine Sorge sein.«
    Der Totonaken-Herrscher starrt noch ein paar mühsame Atemzüge lang vor sich hin, dann keucht er dem Boten einen Befehl zu. Der reißt seinerseits die Augen auf, als hätte sein König ihm befohlen, seinen Kopf in den Rachen eines Jaguars zu schieben. Er schluckt sichtlich, ehe er sich verneigt und wieder davoneilt, dem rot und blau bemalten Palast am anderen Ende des Platzes entgegen.
    König Pazinque wendet sich erneut unserem Herrn zu. »Das Schicksal meines Volkes liegt in Eurer Hand, bärtiger Fremder«, sagt er. »Ich geleite Euch nun zum Palast der königlichen Gäste, der normalerweise hochrangigen Abgesandten aus Tenochtitlan vorbehalten ist. Dort werden Euch meine Diener Eure Gemächer zeigen und außerdem den Käfig, in dem wir Eurem Wunsch entsprechend …«
    Er unterbricht sich und macht eine matte Handbewegung, woraufhin der Sklave mit dem Fächer seine Bemühungen verdoppelt. »… in dem wir Montezumas Tributeintreiber einsperren werden«, vollendet König Pazinque und sendet seinen Worten einen tiefen Seufzer hinterher.
- 2 -
    Am Abend ist mein Bauch so vollgestopft mit fremdartigen Köstlichkeiten, dass ich mich kaum noch bewegen kann. Wir sitzen und liegen auf Fellen und Flechtmatten in dem geräumigen Innenhofdes »Palasts für königliche Gäste«, und König Pazinque hat wirklich keinerlei Mühen gescheut, um unsere Gaumen und Kehlen zu verwöhnen.
    Auf Cortés’ Befehl hin haben Alvarado und Sandoval Wachen an sämtlichen Eingängen unserer Unterkunft aufgestellt. Außerdem haben sie die beiden Kanonen in den Toren postiert, die vom Tempelplatz zum Innenhof und in den parkartigen Garten hinter dem Wohnbereich führen. Nachdem uns die Indianer bisher fast immer feindselig oder zumindest argwöhnisch begegnet sind, kommt auch mir die Gastfreundlichkeit des Totonaken-Königs fast schon verdächtig vor. Aber seine Beweggründe liegen auf der Hand: Er würde alles tun, um Cortés als Verbündeten gegen Montezuma zu gewinnen.
    »Tenochtitlan liegt auf einer Insel im Texcoco-See«, so erklärt uns König Pazinque, während er eifrig an einem Fasanschenkel nagt. »Montezuma hat zwei treue Verbündete: Tlacopan an der Westseite und Texcoco am Ostufer des großen Sees. Zusammen bilden sie den mächtigen Dreibund, wenngleich Tenochtitlan allein weitaus mächtiger als die beiden anderen zusammen ist. Weiter im Osten, jenseits der feuerspeienden Berge, liegt das einzige Königreich, das sich diesem Dreibund niemals unterworfen hat: Tlaxcala, das Land der kriegerischen Tlaxcalteken.«
    Marina übersetzt, und ich spüre, wie aufmerksam Cortés jedes einzelne Wort in sich aufnimmt. Währenddessen tragen Pazinques Diener unaufhörlich Platten und Schüsseln, Krüge und Schalen mit Braten und Pasteten, Ananas und Orangen, Kakao und Fruchtsäften herbei. Wir alle schlagen uns die Mägen voll, auch Cortés lässt es sich schmecken. Doch in Gedanken ist er nicht bei dem Fasanenbraten, den gerade ein Diener vor ihm aufschneidet – das verrät mir sein abwesender Blick, auch wenn seine Miene wie beinahe immer ausdruckslos ist.
    »Erzählt mir mehr von diesem störrischen Reich jenseits der feuerspeienden Berge!«, fordert er König Pazinque auf.
    »Unzählige Male«, so erklärt daraufhin der Totonaken-Herrscher, »ist der Dreibund mit den Azteken an der Spitze schon gegen Tlaxcala in den Krieg gezogen, doch jedes Mal wurden sie zurückgeworfen. Also müsst Ihr auch noch das unbeugsame Tlaxcala als Verbündeten gewinnen,

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