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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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uns zubereiten wollte. Bei Rosie ist es zwecklos, auch nur den Versuch zu machen, etwas zu bestellen. Man ißt das, was sie für die jeweilige Gelegenheit für ideal erachtet. Mir fiel auf, daß zu Ehren von Dietz’ Rückkehr ihr Englisch geringfügig besser geworden war.
    Sie postierte sich seitlich des Tisches, wiegte sich leicht in den Hüften und vermied es tunlichst, nach ihrem ersten wissenden Blick einen von uns direkt anzusehen. »Also. Ich sage, was ihr kriegt, und du, zieh bloß kein so’n Gesicht, wenn ich’s sage.« Sie zog mit rollenden Augen die Mundwinkel herab, um Dietz meine gewohnte Begeisterung für ihre Auswahl zu demonstrieren. »Ich mache Korhelyleves, heißt auch Sauersuppe. Braucht man zwei Pfund Sauerkraut, Paprika, Räucherwurst und Sauerrahm. Belebt garantiert eure müden Geister, nach denen ihr ausschaut. Dann ich brate euch kleines Hühnchen, dazu gibt Pilzpudding — ist sehr gut — und für hinterher Haselnußtorte, aber kein Kaffee. Ihr braucht Schlaf. Ich bringe gleich Wein. Nicht weggehen.«
    Wir gingen erst nach Mitternacht. Zum Schlafen kamen wir schließlich gegen eins, auf der schmalen Fläche der Bettcouch ineinander verschlungen. Ich bin es nicht gewohnt, mit jemand anders im Bett zu liegen, und ich kann nicht behaupten, daß es mir eine geruhsame Nacht bescherte. Wegen seines Knies war Dietz gezwungen, mit einem Kissen unter seinem linken Bein auf dem Rücken zu liegen. Damit blieben mir zwei Alternativen: Ich konnte mich an ihn schmiegen und meinen Kopf auf seine Brust legen oder flach auf dem Rücken Seite an Seite neben ihm liegen.
    Ich probierte erst das eine und dann das andere aus und wälzte mich unruhig hin und her, während die Stunden dahinzogen. Die Hälfte der Zeit spürte ich, wie mir die Metallteile des Sofas in den Rücken schnitten, aber wenn ich mich in die andere Stellung drehte, mit dem Kopf auf seiner Brust, bekam ich einen Hitzschlag, einen eingeschlafenen Arm und ein zerdrücktes linkes Ohr. Manchmal fühlte ich seinen Atem auf meiner Wange, was mich fast zum Wahnsinn trieb. Ich ertappte mich dabei, wie ich mitzählte, wenn er atmete, ein und aus, ein und aus. Immer wieder wechselte der Rhythmus, und es entstand eine lange Pause, während deren ich mich fragte, ob er wohl soeben seinen letzten Atemzug getan habe. Dietz schlief wie ein Soldat unter Gefechtsbedingungen. Seine Schnarchlaute waren sanfte Schnüffelgeräusche, gerade laut genug, um mich auf Wachdienst zu halten, aber nicht laut genug, um feindliches Gewehrfeuer auf sich zu lenken.
    Endlich schlief ich wundersamerweise ein und wachte um sieben Uhr voller Energie wieder auf. Dietz hatte Kaffee gemacht und las die Zeitung, angezogen, mit feuchtem Haar und einer Lesebrille, die ihm weit unten auf der Nase saß. Ich betrachtete ihn ein paar Minuten lang, bevor er mir seinen Blick zuwandte.
    »Ich wußte gar nicht, daß du eine Brille trägst.«
    »Bis jetzt war ich auch zu eitel dafür. Sowie du zur Tür draußen warst, hab ich sie aufgesetzt«, sagte er mit seinem schiefen Lächeln.
    Ich drehte mich auf die andere Seite und legte mir den abgeknickten linken Arm unter die Wange. »Um welche Uhrzeit erwarten dich denn die Jungs?«
    »Am frühen Na.chmittag. Ich habe in einem Motel ganz in der Nähe Zimmer reserviert. Falls sie über Nacht bleiben wollen, können sie das tun.«
    »Du freust dich bestimmt darauf, sie zu sehen.«
    »Ja, aber es macht mich auch nervös. Ich habe sie seit zwei Jahren nicht mehr gesehen — seit ich nach Deutschland gegangen bin. Ich weiß nie so recht, was ich mit ihnen reden soll.«
    »Was redest du denn mit anderen Leuten? Vor allem Blödsinn.«
    »Sogar Blödsinn braucht einen Kontext. Es wird sonst auch für sie peinlich. Manchmal gehen wir schließlich ins Kino, einfach um hinterher über etwas reden zu können. Ich sprudele nicht gerade über vor elterlichen Ratschlägen. Wenn ich sie über ihre Freundinnen und ihre Kurse ausgefragt habe, geht mir der Gesprächsstoff aus.«
    »Du kommst schon klar.«
    »Ich hoffe es. Und du? Wie sieht dein Tag aus?«
    »Ich weiß nicht, heute ist Samstag, also muß ich nicht arbeiten. Ich werde ein Nickerchen machen. Und bald damit anfangen.«
    »Möchtest du dabei Gesellschaft haben?«
    »Dietz«, sagte ich empört, »wenn du noch einmal in dieses Bett steigst, kann ich nicht mehr laufen.«
    »Du bist eben Anfängerin.«
    »Allerdings. Ich bin so was nicht gewöhnt.«
    »Wie wär’s mit Kaffee?«
    »Laß mich erst die Zähne

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