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Goldmacher (German Edition)

Goldmacher (German Edition)

Titel: Goldmacher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela Stelly
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je mehr sie darauf bestand, keine Lady zu sein. Sie lachte dabei immer verführerischer, bis er ihr so nah gekommen war, dass er es plötzlich spürte, dass sie keine Lady sein konnte. Nun erinnerte er sich an das Fragezeichen aus schwarzen Pailletten und verstand auf einmal, was es bedeutete. Er wollte es nicht glauben, dass eine Frau, schöner als alle Frauen, die er kennengelernt hatte, ein Mann sein sollte!
    »Ich glaube, ich bin berauscht«, sagte er zu der Lady. Er entschuldigte sich und wollte ihr die Hand küssen, aber das konnte er nun nicht mehr, also bestellte er noch eine Flasche Champagner für die Lady und für sich ein Taxi. Er bezahlte mit einem großen Schein.
    Am Morgen wachte Franz mit heftigen Kopfschmerzen auf und versuchte, sich an den vergangenen Abend zu erinnern, schob dann die Bilder, bunt und unzusammenhängend, wie sie über ihn hereinbrachen, schnell beiseite. Später telefonierte er mit Rosi und übertrug seine Katerstimmung auf Lexa und Franzi. Er sagte, dass er besorgt sei, weil sie Haschisch rauchten und in einer Wohngemeinschaft oder Kommune ohne Badewanne lebten. Er versprach, sie wegen des Rauschgifts zu ermahnen, vielleicht sogar mit der Sperrung der monatlichen Überweisung zu drohen, er sei mit Franzi zum Mittagessen verabredet. Nach dem Gespräch mit Rosi hatte sich seine Katerstimmung keineswegs gebessert, der Kopfschmerz hämmerte weiter, er nahm ein Aspirin und stellte sich unter die Dusche.
    Um dreizehn Uhr traf er Franzi im Restaurant auf der Dachterrasse des Hotels. Sie war in indische Gewänder und Tücher gehüllt, und indische Ketten und Armbänder mit Glöckchen klingelten leise bei jeder ihrer Bewegungen.
    Ja, er habe fürchterliche Kopfschmerzen, gab Franz zu, das Zeug, das er geraucht hätte, sei ihm wohl nicht bekommen, nie wieder werde er es anrühren, er habe an vieles gar keine Erinnerung mehr, behauptete er. Franzi sagte, das läge an der Mischung, Alkohol und Dope würden sich nicht vertragen.
    »Du scheinst dich ja auszukennen«, meinte Franz, schob die Erinnerung an die vielen Singapore Slings, die er getrunken hatte, beiseite und erklärte, er würde ihr, wenn er es noch könnte, das Rauschgift verbieten, sagte aber nichts von einer Gefährdung der monatlichen Überweisung, dann bestellte er zuerst einmal eine Bloody Mary und danach das Essen.
    Er habe mit Rosi telefoniert, sie wolle wissen, was denn eine Wohngemeinschaft von einer Kommune unterscheide, begann er das Gespräch, er wisse es auch nicht, gab er zu und sah seine Tochter an: »Kannst du es mir erklären?«
    »Willst du es wirklich wissen?« Franz bejahte, und Franzi hielt einen kleinen Vortrag über die unterschiedlichen Kommunen, die bereits im vergangenen Jahrhundert in Mode gewesen waren, in Amerika und anderswo, in denen es nur geringfügig Einzeleigentum und vorrangig Gemeinschaftseigentum gegeben hatte.
    »Lexa ist in einer Wohngemeinschaft, und dort herrscht Einzeleigentum, bei uns in der Kommune herrscht Gemeinschaftseigentum«, erklärte Franzi nun den Unterschied.
    »Und nicht nur an Sachen«, fügte sie noch hinzu und blickte Franz so bedeutungsvoll wie hintergründig an.
    Franz fragte nicht nach, welches Eigentum damit gemeint sein konnte, er wusste, hinter Franzis Blick lauerte eine Provokation. Nach dem gestrigen Abend und der gestrigen Nacht war er noch nicht bereit, irgendeinen Kampf mit ihr aufzunehmen.
    Franzi gab sich jedoch nicht so schnell geschlagen und setzte ihre Wissenschaftsmiene auf, wie Franz es nannte, wenn seine Tochter ihm ihre Lebensweise als die einzig richtige vermitteln wollte.
    »Heute wissen wir mehr«, setzte Franzi nach, schüttelte ihren dunklen Haarschopf und wischte sich eine Strähne aus der Stirn. Jede Geste wurde begleitet vom Glöckchengeklingel des indischen Armbands.
    »Wir wissen, dass die sexuelle Repression der ursprüngliche Grund für die generelle Unterdrückung ist, deshalb arbeiten wir an ihrer Überwindung. Zwei Weltkriege in einem Jahrhundert sind wirklich genug, wir wollen keinen dritten!«
    Darin stimmte Franz seiner Tochter sofort zu. Aber wer mit diesem »wir« denn eigentlich gemeint sei, wollte er wissen, und Franzi erklärte, das sei einerseits der erkennende Teil der Gesellschaft, andererseits der Teil der Gesellschaft, der das Erkannte umsetzen würde.
    »Zum Beispiel wir in der Kommune«, erklärte sie.
    »Und was setzt ihr in der Kommune um?«, fragte Franz.
    »Wir heben die sexuelle Repression auf«, verkündete seine Tochter

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