Goldmacher (German Edition)
aller Verteidigungsminister ist. Übrigens, er hat sich mit seiner Zukünftigen heute bei Pius zur Audienz einladen lassen, höchstwahrscheinlich um mit dem Stellvertreter darüber zu spekulieren, wo es heißer ist, in der Hölle oder im Kern der Atombombe, die er gern in unserer neuen Bundeswehr austesten möchte, wie’s scheint. Tut mir leid, Rosi, das ist wieder kein Scherz«, wandte sich Anton an Rosi.
»Ich verstehe sowieso kein Wort«, behauptete Rosi spitz. »Verstehst du, was dein Freund meint?«, fragte sie Franz.
Aber Franz hatte nicht mehr zugehört, in seinem Kopf kreiste längst eine Frage. Er zögerte noch, dann fragte er Anton nach dem Goldmacher.
»Woher ich ihn kenne? Durch den Goldmacher hat mein Vater sein ganzes Vermögen verloren«, erklärte Anton und erzählte vom Verkauf der Bluhm’schen Papierfabrik, von der Verarmung der Familie, vom Teufelswerk, das die Mutter durch diesen Goldmacher wirken sah, und wie er sich daraufhin als Junge geschworen habe, die Werke des Teufels zu vernichten.
»An meinem zehnten Geburtstag wünschte ich mir vom Vater einen Besuch bei ihm.« Anton hielt inne.
»Und?«, fragte Franz gespannt.
»Für mich war der Goldmacher die Inkarnation des Bösen«, fuhr Anton fort, »auf dem Weg zu ihm schützte ich mich mit mindestens hundert Ave-Maria. Und wer begegnete mir dann am Eingang zum Reich dieses Fürsten der Finsternis …«
»… die Jungfrau Maria!«, platzte es aus Franz heraus.
»Woher weißt du das denn?!«, fragte Anton überrascht, und nun gab es kein Halten mehr, Franzens Neugier, seine Verblüffung, sein Erstaunen, alles brach aus ihm heraus, während Hans-Ulrich, Veronika, Rosi und Paula die Rolle der Zuhörer übernahmen, neugierig oder mit wachsendem Missvergnügen oder auch gelangweilt, und das traditionelle Osterlamm mit Pasta und Artischocken verspeisten, zum Dessert Zabaione löffelten, dann zu bereits späterer Stunde die Dachterrasse verließen, um ihre Hotelzimmer aufzusuchen, außer Hans-Ulrich und Paula, die in einer Art Wachschlaf an Antons Schulter lehnte. Und noch immer redeten Franz und Anton über den Goldmacher, beschworen beide immer wieder neu die eigene und hörten noch immer ungläubig die ganz andere Geschichte des anderen. Schließlich wurden sie vom Oberkellner äußerst diskret informiert, dass die Bar im Erdgeschoss noch geöffnet habe. Überrascht schauten sie um sich, alle anderen Gäste hatten, von ihnen unbemerkt, tatsächlich die Dachterrasse verlassen.
In der Bar, sie war nur wenig besucht, legte sich Paula auf eins der roten Samtsofas, rollte sich zusammen und schlief ein. Es spielte leise Jazzmusik, ein Paar tanzte eng umschlungen zwischen den Sofas.
Franz, Anton und Hans-Ulrich stellten sich an den dunkel glänzenden Mahagonitresen. Während Franz und Anton sich für Ginfizz entschieden, bestellte Hans-Ulrich sich einen Whiskey. Auf der Dachterrasse war er den Erzählungen von Anton und Franz mit großem Interesse gefolgt, hatte hin und wieder nachgefragt wie ein aufmerksamer Zuhörer, der verstehen möchte, hatte Anton und Franz angespornt, sich noch detailreicher zu erinnern, schaute jetzt, noch immer neugierig, zwischen den beiden hin und her.
»Und wie ging es weiter, Franz?«, fragte er.
»Weiter mit was?«
»Na, mit den Wundern natürlich. Du hast uns auf dem Heuboden bei Bauer Buck von der Geheimschrift im Kloster von Monte Cassino erzählt. Hast du sie gefunden?«, fragte Hans-Ulrich spöttelnd.
»Hör auf!« Franz stürzte den Ginfizz hinunter.
»Was für eine Geheimschrift?«, wollte Anton wissen und gab dem Barmann einen Wink, sagte ancora und zeigte auf sein Glas, Hans-Ulrich schloss sich nicht an, er musterte Franz, zum ersten Mal an diesem Abend. Franz schwieg.
»Hast du wirklich daran geglaubt?«, fragte Anton.
Franz zuckte etwas hilflos mit den Schultern und blieb stumm, bestellte jedoch einen weiteren Ginfizz.
»Damit ist es jetzt vorbei!«, entschied Anton und zog mit einer entschiedenen Handbewegung flach über die beiden vor ihnen auf dem Bartresen stehenden neuen Ginfizz hinweg einen Strich durch die falsche Franz-Rechnung.
»Bist du dir so sicher?«, fragte Franz aus dem aufkommenden Ginfizz-Nebel in seinem Kopf heraus.
»Ganz sicher«, bestätigte Anton, »du rechnest nur noch mit deinem Verstand!« Er tippte an seine Stirn, hinter der es auch nicht mehr so ganz klar zuging.
»Wir müssen zusammenhalten, Anton«, sagte Franz und das Sprechen fiel ihm nun hörbar nicht mehr
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