Goldmarie auf Wolke 7
hatte!
Bis Ladenschluss hatte ich jedoch keine Zeit, mir über das alles Gedanken zu machen, da sämtliche Bewohner Winterhudes offenbar entschlossen waren, den Laden an diesem Nachmittag zu stürmen. Bis kurz nach halb acht hatten wir noch alle Hände voll damit zu tun, die Kunden zu bedienen und danach langsam, aber bestimmt hinauszubugsieren. Als ich meinen Mantel von der Garderobe nahm, beschloss ich, noch einen Moment in Nives’ Garten durchzuatmen, bevor ich mich zusammen mit vielen anderen in den Bus quetschen musste. Seit ich die verletzte Honeypie dort gefunden hatte, war ich nicht mehr da gewesen. Ich öffnete die Tür und blinzelte ins Halbdunkel. Um den Brunnen herum flirrten Lichter, die magische Schatten auf die Skulptur warfen. Gibt es im Winter Glühwürmchen?, fragte ich mich irritiert. Dann hörte ich ein Rascheln und Rauschen, das nach den Schwingen eines Vogels klang. Ich sah eine schneeweiße Taube, die um den Brunnen herumflatterte und dann plötzlich wieder verschwunden war. Mit klopfendem Herzen ging ich in die Richtung, aus der das Tier gekommen war. Es hatte so ausgesehen, als wäre die Taube direkt in den Brunnen hineingeflogen …
21. Lykke Pechstein
(Freitag, 25. November 2011)
Dear Diary,
so, endlich Abendessen mit family hinter mich gebracht. War echt nervig, weil Marie zwischendurch immer wieder ihr Handy hervorgeholt und hektisch darauf herumgetippt hat. Das ist sonst gar nicht ihre Art. Ob sie verknallt ist? Mum saß wieder mit diesem geistesabwesenden Gesichtsausdruck da und hat behauptet, irre Kopfschmerzen zu haben. Super! Macht echt Spaß, mit solchen Leuten zusammenzuleben. Dann hat es an der Tür geklingelt und Marie ist wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen und hat bei der Aktion mein Wasserglas umgekippt. Jetzt ist sie zum Glück weg – Schlittschuh laufen mit Sören, ihrem Retter nach dem Ohnmachtsanfall. *GenervtmitdenAugenroll* Bin ja mal gespannt, ob sie das packt, denn wenn meine Stief-Sis eines ist, dann UNSPORTLICH. Außerdem gefriert sie schon zum Eiszapfen, wenn sie im Supermarkt etwas aus der Tiefkühltruhe nehmen muss. Mir ein Rätsel, wie Sören es geschafft hat, sie aufs Eis zu lotsen, was sie sonst nur mit Finja macht.
Na, wenn das mal kein Glatteis ist …
Muss aber leider zugeben, dass ich den Typen ziemlich toll finde. Mum hat auch ganz begeistert geguckt, als er Marie abgeholt und sich noch einen Moment mit uns unterhalten hat. Als er ihr dann auch noch Tipps gegen ihre Migräne gegeben hat, war es endgültig aus mit ihr. Ich glaube, sie hätte ihn am liebsten auf der Stelle adoptiert. Was wohl schlecht gehen wird, wenn Marie und Sören bereits in Love-City angekommen sind und auf Turteltäubchen machen. Bei der bloßen Vorstellung könnte ich mich schon über … na ja, lassen wir das! Mein Horoskop prophezeit mir immerhin eine MAGISCHE BEGEGNUNG zum Jahreswechsel. Klingt an sich ganz gut, aber … Frage ans Universum: Was nützt es mir, wenn am 21.12.2012 sowieso die Welt untergeht?
Na dann: Prost Neujahr, würde ich sagen.
Ciao, deine Lykke
22. Marie Goldt
(Freitag, 25. November 2011)
»Muss ich mir Sorgen machen?«
Sören schaute mich prüfend an, weil ich das Klappern meiner Zähne kaum unter Kontrolle bekam. Keine Ahnung, wie ich mich zu dieser Aktion hatte überreden lassen können. »So ist Marie, verfroren und ängstlich, aber die süßeste beste Freundin, die man haben kann«, lachte Julia und streichelte mir mit ihrem Fäustling über die Wange. André grinste von einem Ohr zum anderen. Ich dachte Mein erstes Date zu viert und konnte es kaum glauben, dass ich zusammen mit Sören, Jule und ihrem Franzosen auf der Eisbahn der Eisarena von Planten und Blomen war. Nachmittags mit Finja ein paar wackelige Runden zu drehen, war weit weniger nervenaufreibend. »Ich halte dich fest und lasse dich den ganzen Abend nicht mehr los«, versprach Sören, während ich mich immer noch Halt suchend an der Bande festklammerte. »Und wenn du dich erst mal bewegst, wird dir auch ganz schnell warm.«
»Na los, ich will hier nicht festfrieren. Wenn wir uns nicht beeilen, ist es zehn Uhr und sie schließen«, schimpfte André scheinbar nur spielerisch, aber ich hatte nicht zum ersten Mal ein mulmiges Gefühl in Bezug auf ihn, obwohl Julia immer noch im siebten Himmel zu schweben schien. »Jeder in seinem eigenen Tempo«, konterte Sören, woraufhin Jule André unterhakte und mit ihm loslief. Mit ihren langen, schlanken Beinen und dem tollen
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