Gone 4: Rache
nicht locker. »Vor der FAYZ hatten Typen wie du und ich und Turk und Drake das Sagen. Ja, wir. Weil wir uns nichts gefallen ließen, von niemandem. Und weil wir keine Angst hatten. Uns durfte keiner mit irgend ’nem Scheiß kommen. Richtig?«
Orc zuckte die Achseln. Er fühlte sich immer unwohler. »Wo bleibt Howard?«, fragte er hilflos.
Jamal schnaubte verächtlich. »Howard sitzt hier nicht den ganzen Tag fest, sondern du, Orc. Sams Gefängniswärter, dass ich nicht lache! Er behauptet, das ist ein Job, dabei hält er dich hier gefangen. Es ist genau so, wie Turk gesagt hat.«
»Was hat er gesagt?«
»Dass Sam Drake hier eingesperrt hat und dich gleich dazu.«
»Das stimmt nicht.«
Jamal schnaubte. »Mann, sieh dir doch an, wer hier der Alphawolf ist und wer nicht. Da hat sich Zil nämlich geirrt. Es geht nicht um Mutanten und Normale, Freaks und Nichtfreaks. Es geht drum, wer oben ist und wer unten. Du und ich, wir stehen ganz unten. Dabei sollten wir die Anführer sein.«
In diesem Moment erklang Brittneys Stimme. »Ist Sam da? Holt Sam! Ihr müsst Sam rufen!«
Orc hob sich mühsam auf die Beine und schrie nach unten: »Halt endlich den Mund! Mir reicht schon Drake!«
Er geriet ins Schwanken, versuchte sich zu fangen, schaffte es aber nicht und fiel auf den Hintern.
Jamal brach in schallendes Gelächter aus.
Diesmal sprang Orc auf die Beine. »Hör auf zu lachen!«
Wieder Brittneys Flehen: »Orc, hol Sam!«
»Das war lustig, Mann!«, stammelte Jamal zwischen zwei Lachanfällen.
»Orc, Drake versucht …«
Orc fluchte laut. »Halt den Mund, Brittney! Halt endlich den Mund!« Zornig stampfte er mit dem Fuß auf.
Plötzlich schien sich der Boden zu dehnen und gab mit einem ohrenbetäubenden Reißen unter seinen Füßen nach. Orc stürzte durch Holz und Gips, schlug schwer auf und blieb nach Luft ringend auf dem Rücken liegen. Holzsplitter und Staub rieselten auf ihn nieder. Er blinzelte, noch zu benommen, um zu verstehen, was gerade passiert war. Sein erster Gedanke war: Howard wird wütend sein. Sein zweiter Gedanke war: Sam wird sogar noch wütender sein.
Brittney blickte auf ihn herunter. Wie er flach auf dem Rücken lag. Ein besoffener Trottel. Ein Monster. Und von oben verhöhnte ihn Jamals wieherndes Lachen.
Orc berührte das Stück Haut, das einen Teil seines Gesichts bedeckte. Er blutete. Nicht schlimm, nicht stark, aber er blutete.
In blinder Wut hob sich Orc auf die Beine. Er versetzte Brittney einen heftigen Schlag mit der Faust.
Das Mädchen flog gegen die Wand. Krachte mit einer Wucht in die Ziegelmauer, die jeden anderen Menschen getötet hätte. Aber Brittney konnte nicht sterben.
Und das brachte das Fass zum Überlaufen. In Orcs Kopf explodierte etwas. Er sprang in die Luft, versuchte den Boden über sich zu fassen und sich daran hochzuziehen, rutschte jedoch ab und fiel noch einmal hinunter.
Jamal zeigte von oben mit dem Finger auf ihn und bog sich vor Lachen. Da rastete Orc vollends aus. Er rannte zur Tür, zu der verbarrikadierten Tür, die das Drake-Brittney-Wesen im Keller gefangen hielt, und warf sich mit der Schulter dagegen.
Die Tür gab nicht nach, noch nicht. Orc holte mit dem Fuß aus und trat auf sie ein, bis die Splitter nur so flogen.
»Nein! Nicht!«, schrie Brittney. »Er wird entkommen!«
Orc ging ein Stück zurück, streckte die steinernen Arme wie einen Rammbock Richtung Tür und stürmte auf sie zu.
Sie flog nicht auf, sondern brach einfach entzwei. Der Rahmen barst, das Holz teilte sich und Orc stürzte hindurch.
»Du lachst mich aus?«, brüllte er, als er die Treppe hinaufpolterte und in die Küche stampfte.
Jamal stand immer noch neben dem Loch und lachte.
»Du willst was zum Lachen?«, brüllte Orc.
Jamal wirbelte herum, erkannte aber zu spät, in welcher Gefahr er sich befand. Orc war an die zwei Meter groß und fast genauso breit. Beine wie Baumstämme, Arme wie Brückenseile.
Jamal tastete noch nach seiner Pistole, als ihn Orc schon am Hals packte. Er hob ihn hoch und warf ihn in das Loch.
Jamal schlug hart auf. Die Pistole flog ihm aus der Hand und schlitterte über den Boden.
Orc stand keuchend und in Schweiß gebadet da, sein Herz hämmerte wie verrückt. Langsam drang die Wirklichkeit durch seinen vom Alkohol benebelten Verstand, die Wut verrauchte und er erkannte, was er angerichtet hatte.
Howard. Er sollte Howard holen … oder Sam. Sollte jemanden benachrichtigen …
Jetzt war er ein für alle Mal erledigt. Er hatte so
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