Gone 5: Angst (German Edition)
deutete er zum Hausboot. »Stein, der lebt, ist nah. Pack Leader kann Peitschenhand nicht sehen. Sieht Dunkelheit nicht.«
Brittney knirschte mit den Zähnen. So war das also. Die Kojoten waren verdammte Feiglinge.
»Seid ihr Hunde?«, spottete sie.
Das ließ Pack Leader vollkommen kalt. »Rudel fast weg. Nur drei Welpen.«
»Wenn Drake da wäre, würde er euch auspeitschen.«
»Peitschenhand ist nicht da«, erwiderte Pack Leader seelenruhig.
»Na gut. Wartet hier. Ich gehe allein.«
Dagegen hatte Pack Leader nichts einzuwenden.
Brittney schlich los, bahnte sich einen Weg zum Ufer. Dabei hielt sie sich, solange es ging, im Schatten der Felsen und lief geduckt weiter, wenn ihr keine andere Wahl blieb.
Dabei ließ sie das Hausboot keine Sekunde aus den Augen. Sie musste Drakes Gedanken nicht kennen, um zu wissen, dass Sam sich dort aufhielt.
Die letzten fünfzig Meter boten keinerlei Schutz, nichts, wohinter sie sich verstecken konnte. Sie ging in die Hocke und beobachtete das Hausboot.
Auf dem Oberdeck schien sich niemand aufzuhalten. Das hieß aber nicht, dass sie nicht an den Fenstern Wache hielten. Doch warum sollten sie ausgerechnet jetzt in ihre Richtung schauen?
Sie rannte das letzte Stück bis zum Ufer so schnell sie konnte zurück und verschwand im Schatten des Ruderboots. Doch sie wagte es nicht, das Boot ins Wasser zu schieben und loszurudern. Das würden sie garantiert hören. Drake hätte es vielleicht geschafft, sich damit rasch und unbemerkt zu entfernen, aber sie nicht. Sie konnte ja nicht einmal richtig rudern.
Und schwimmen? Das wäre noch schlimmer. Sie konnte zwar schwimmen, aber nur kraulen. Das ungeschickte Planschen würde sie sofort verraten.
Die Kids auf den Booten würden Alarm schlagen und Sam und seine Leute holen. Und diesmal würde Sam sie verbrennen.
Sie würde Drake enttäuschen. Und den Gaiaphage.
Doch auf einmal hatte sie einen so genialen Einfall, dass sie beinahe laut gelacht hätte.
Sie atmete, aber eigentlich musste sie das gar nicht. Brittney fing an, ihre Taschen mit Steinen vollzustopfen. Sie verknotete den Saum ihres T-Shirts und füllte es durch ihren Ausschnitt mit noch mehr Steinen. Damit sie nicht herausrutschten, legte sie den Arm um ihren Bauch.
Dann ging sie los. Solange ihr Kopf über Wasser war, fixierte sie das Segelboot. Sie ging direkt darauf zu und prägte sich die Richtung ein.
Das Wasser stieg über ihre Hüften, erreichte ihre Brust, ihren Mund, die Nase und dann schlug es über ihr zusammen.
Unter Wasser war sie so gut wie blind. Das wenige Licht kam vom Mond und auch das verschwand, je tiefer sie gelangte.
Brittney konzentrierte sich darauf, möglichst in einer geraden Linie zu gehen. Die Steine zogen sie zwar nach unten, sie spürte aber trotzdem einen leichten Auftrieb, wodurch es ihr schwerfiel, nicht vom Kurs abzuweichen.
Ihre Lunge füllte sich mit eiskaltem Wasser. Sie konnte die Kälte zwar spüren, sie machte ihr aber nichts aus. Viel schlimmer war ihre Sorge, in die falsche Richtung zu gehen. Wie viele Schritte noch? Wie weit draußen lag das Segelboot? Sie hatte die Entfernung auf etwa zweihundert Schritte geschätzt, doch dann war sie kurz ins Stolpern geraten, hatte einen Teil der Steine eingebüßt und die Orientierung verloren.
Ihr blieb keine Wahl, sie musste auftauchen. Sie öffnete den Knoten ihres T-Shirts und entledigte sich der Steine. Ihre Füße verloren den Halt und sie stieg nach oben.
Es dauerte lange. Die ganze Zeit über blickte sie sich um und sah nichts. Erst als sie die Wasseroberfläche fast erreicht hatte, bemerkte sie ein Seil, das straff gespannt in die schwarze Tiefe reichte.
Sie schwamm unter Wasser. Geräuschlos und unsichtbar. Dann griff sie nach dem Seil und zog sich langsam daran hoch.
Sie tauchte auf. Über ihr erhob sich die Wand eines Boots mit einem hohen Mast und einem Rand, der grün aussah.
Brittney war sich nicht sicher, ob es angebracht war, dem Gaiaphage mit einem Gebet zu danken. Vielleicht galt das nur für den alten Gott. Aber sie lächelte. Sie diente ihrem Meister und erfüllte ihren Zweck.
Einundzwanzig
15 Stunden, 12 Minuten
Astrids Plan wäre genial gewesen. Wenn sie sich durch den Sicherheitsabstand zur Straße nicht verlaufen hätte.
Diese wüstenähnliche Landschaft war so anders als die ihr vertrauten Wälder. Außerdem hatte sie nicht bedacht, dass eine Straße bei Nacht nicht zu sehen war. Es sei denn, sie war beleuchtet oder es fuhr wenigstens ab und zu ein Auto
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