Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gott im Unglück

Gott im Unglück

Titel: Gott im Unglück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
Vom Netzwerk:
es im Großen und Ganzen derselbe Song ist. Zumindest stilistisch.«
    »Oh, klar, stilistisch schon«, stimmte Lucky zu. »Aber Dancing Queen ist eine geistlose kleine Belanglosigkeit. Waterloo dagegen ist eine erhabene Studie über die Menschlichkeit, eine Fortsetzung der großen griechischen Tragödientradition. Und doch ist es auch ein Triumph des sterblichen Geistes, die Weigerung, sich der unausweichlichen Dunkelheit zu ergeben, und sogar die Fähigkeit, selbst in der Niederlage Trost zu finden.« Er schnippte mit den Fingern den Takt mit. »Sie kann nicht widerstehen, aber immerhin hat sie das Gefühl, sie gewinnt, wenn sie verliert. Denk mal drüber nach.«
    »Oh, das werde ich«, sagte Janet mit angestrengter Ernsthaftigkeit.
    »Musik war immer der großartigste Ausdruck sterblicher Philosophie«, fuhr Lucky fort. »Der Weg zur Erleuchtung findet sich in den Texten von Spinal Tap.«
    »Das ist nicht mal eine richtige Band. Als Nächstes wirst du noch die Tugenden der Monkees hervorheben.«
    »Nö. Jeglicher künstlerische Wert der Monkees ging mit Peter Tork davon.«
    »Sag mir, dass das ein Scherz sein soll!«
    Er ließ ein diabolisches Lächeln aufblitzen. »Das wirst du schon selbst herausfinden müssen.«
    »Du redest so eine Scheiße!«, sagte sie kichernd.
    »Normalerweise sind die meisten Sterblichen entweder zu ehrfürchtig oder zu verängstigt, um mir zu widersprechen. Nimm zum Beispiel Phil und Teri. Das sind gute Leute, aber in meiner Gegenwart gehen sie immer wie auf rohen Eiern.«
    »Aber ich nicht«, sagte sie.
    »Nein, du nicht. Du bist eine seltene Gattung Sterbliche, Janet. Du hast keine Angst und rümpfst nicht die Nase. Kein Druck. Keine Erwartungen. Du hast keine Ahnung, wie attraktiv wir Götter das an Sterblichen finden.«
    »Danke.«
    »Und du hast einen tollen Arsch.«
    Janet gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Ich glaube, jetzt werde ich langsam rot, Mr Glücksgott.«
    Bonnie verfolgte Lucky und Janet bis zu einem italienischen Restaurant. Der Gott und seine Begleiterin gingen hinein, während Bonnie und Syph ein paar Minuten auf dem Parkplatz warteten.
    »Was jetzt?«, fragte Syph.
    »Jetzt gehen wir rein.«
    »Ist das nicht ein bisschen unhöflich?«
    Unter normalen Umständen hätte Bonnie nicht einmal daran gedacht. Aber sie kämpfte hier um ihr Leben. Gute Manieren waren ein Vorbehalt, den zu ignorieren sie bereit war. Sie hoffte sogar auf eine hässliche Szene. Hauptsache, Syph wurde aus ihrer Trübsal gerissen.
    Sie hatten Glück. Der Laden war voll, und man gab ihnen den einzigen noch freien Tisch, der wiederum in Blickrichtung zu Lucky stand, der mit dem Rücken zu ihnen in einer Nische saß. So hatte sie Zeit, die Sache zu durchdenken.
    Der Kellner, Steve, spulte die Drinks-Specials des Abends ab. Bonnie hörte nicht zu. Sie unterbrach ihn und bestellte ein Bier.
    »Und Sie, Ma’am?«, fragte Steve Syph.
    Die Göttin antwortete nicht. Ihr unverwandter Blick war auf Janet gerichtet.
    »Sie nimmt ein Wasser«, sagte Bonnie.
    »Sehr schön. Kann ich Sie für irgendwelche Vorspeisen begeistern?«
    »Nur die Getränke im Augenblick. Danke.« Bonnie schubste ihn zur Seite, um besser sehen zu können. Er verstand den Hinweis und ging in die Küche.
    Lucky und Janet lachten.
    Syph blickte finster drein. Das Wachs kochte in der kleinen Kerze, die zwischen ihnen auf dem Tisch stand. Die Flamme wurde schwarz.
    Bonnie fachte das Feuer noch mehr an – metaphorisch gesprochen.
    »Sie scheinen sich ohne jeden Zweifel gut zu amüsieren.«
    Die Göttin schlitzte mit den Fingernägeln zehn lange Risse ins Tischtuch und das Holz darunter. Eine Spinnwebe aus schwarzen und blauen Adern verdunkelte ihr Gesicht und den Hals. Sie fauchte buchstäblich.
    »Diese Schlampe!«
    »Moment mal«, sagte Bonnie. »Findest du nicht, du richtest deinen Zorn auf das falsche Ziel?«
    »Wer glaubt sie, dass sie ist?«
    Steve kehrte mit ihren Getränken zurück. Syph fuhr mit dem Finger über den Rand ihres Glases, und das Wasser kochte.
    »Darf ich jetzt Ihre Bestellung aufnehmen?«, fragte Steve.
    »Zwei Specials«, sagte Bonnie schnell.
    »Ma’am, wir haben keine Specials.«
    »Dann nehmen wir die Enchiladas.«
    »Wir servieren keine …«
    Sie schnappte sich seinen Block. »Steve, wir sind mitten in einer wichtigen Sache. Ich weiß nicht, ob Sie wirklich so ahnungslos sind oder nur nicht bemerkt haben, dass dies eine Göttin der Tragik ist und richtig, richtig schlechte Laune hat. So oder so – wie

Weitere Kostenlose Bücher