Gott oder Zufall?
Kooperation (oder Selbstlosigkeit) für eine Gruppe von Individuen von Vorteil wäre, selbst wenn einzelne Individuen benachteiligt wären. Haldanes Argument wurde 1964 von W. D. Hamilton als Theorie der »Verwandtenselektion« weiterentwickelt. Diese wurde von E. O. Wilson als »Soziobiologie« mit einem umfassenderen Anwendungsspektrum bekannt gemacht.
Soziobiologische Ideen sind für die Biologie extrem wichtig gewesen und haben einen ungeheuren Beitrag zur Forschung geleistet. Darüber hinaus haben sie – da sie besonders bei den Säugetieren (vor allem bei den Menschen) Anwendung finden – viel Widerspruch wegen ihrer Schlussfolgerungen hervorgerufen, dass Verhaltensweisen durch Gene programmiert (oder determiniert) seien. In dieser Hinsicht ist es wichtig, den großen Unterschied zwischen tierischer Kooperation – oder biologischem Altruismus, wie es manchmal auch bezeichnet wird – und dem menschlichem Altruismus herauszustellen, wie er durch das neutestamentliche griechische Wort
agapē
beschrieben wird; dazu gehören Handlungen unverdienter Liebe, die keine Belohnung erwartet.
J. B. S. Haldane, einer der Begründer der »Synthetischen Evolutionstheorie«, die er mit den Mendelschen Gesetzen begründete. Er leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet der Evolutionsbiologie, wozu auch die Möglichkeit gehört, dass Altruismus einer Evolution unterliegen könne. © © Corbis
Sind die Unterschiede zwischen Menschen und Affen lediglich gradueller Art, oder besteht tatsächlich ein qualitativer Unterschied? Von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus ist diese Frage wahrscheinlich nicht zu beantworten, doch theologisch gesehen gibt es eine einfache Lösung: die Auffassung nämlich, die biologische Art
Homo sapiens
stammt mit den lebenden Menschenaffen von einem gemeinsamen Vorfahren ab, ist irgendwann in der Geschichte von Gott in den
Homo divinus
umgewandelt worden – biologisch unverändert, aber spirituell verschieden. Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass dieses Ereignis zur selben Zeit stattgefunden hat, als die biologische Form des
Homo sapiens
auftauchte. Genesis 1,27 beschreibt die Schöpfung der Menschheit als ein
bārā
-Geschehen, als einen spezifischen Akt Gottes, der dadurch gekennzeichnet ist, dass er den Menschen »zum Bilde Gottes schuf«, was nicht an sich eine genetische oder anatomische Veränderung an einem existierenden Geschöpf implizieren würde. Dieses Geschehen bedeutet nicht, dass der menschlichen Existenz irgendetwas hinzugefügt wurde; es sollte vielmehr so betrachtet werden, dass die Menschen so geworden sind, dass ihre ganze Existenz für ihre Beziehung zu Gott vorgesehen war.
Kam die Menschheit (das heißt der Erwerb des
imago Dei)
allmählich, stufenweise zum Vorschein, oder war das eine augenblickliche, von Gott vollzogene Umwandlung? Hat dieser Unterschied irgendeine Bedeutung? Genesis 1 verwendet zwei verschiedene hebräische Wörter, um Gottes Schöpfungswerk zu beschreiben:
yasah,
was bedeutet, etwas aus vorhandenem Material zu formen, so wie ein Töpfer Ton modelliert, und
bārā,
das dazu benutzt wird, die Schöpfung von Materie zu bezeichnen (V. 1), die großen Meerestiere (V. 21) und die Menschen (V. 26), und das in der Bibel stets gebraucht wird, um auf Gottes schöpferisches Handeln hinzuweisen. Es wäre gefährlich, zu sehr auf der Verwendung dieser Wörter herumzureiten. Beide beziehen sich auf ein Werk Gottes, und es gibt in der Bibel keine deutliche Abgrenzung zwischen den Werken Gottes in der Natur und seinen Werken in der Geschichte; bei beiden ist er unumschränkter Herrscher. Doch die Bedeutung ist unstrittig. Die Menschheit ist in ihrer Gesamtheit als Kreatur nach dem Bild Gottes erschaffen worden. Die Schöpfung der Menschheit ist im biblischen Text etwas ganz anderes als die Schöpfung der übrigen Welt.
War Adam ein Einzelwesen?
Hat Gott eine einzelne Person (oder ein Paar) nach seinem Bild erschaffen, oder erschien sein Abbild in einer Gruppe von Individuen? Es gibt fünf Möglichkeiten:
Es könnte sein, dass der Text der Genesis, der Adam beschreibt (oder »der Mann«: Der eigentliche Name
Adam
ohne den hebräischen Artikel taucht zuerst in Genesis 4,25 auf), eine rein theologische Aussage machen soll, wobei keine Verbindungen zwischen den theologischen und biologischen Schilderungen beabsichtigt sind.
Möglicherweise hat sich erst allmählich mit der Entwicklung des menschlichen Stammbaums ein intellektuelles
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