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Gott-Poker (German Edition)

Gott-Poker (German Edition)

Titel: Gott-Poker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Scholz
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Wollstulpen. Sie bemerkte meinen Blick. »Ich friere«, sagte sie. »Immer.«
    Als sie den Anzünder von der Anrichte nahm, beugte sie sich etwas zu weit nach rechts und drohte einfach zur Seite wegzukippen. Ich wollte ihr zu Hi lfe schnellen, doch sie warf den Anzünder in die Luft und hielt sich in letzter Sekunde am Griff des Herdes. Der Anzünder fiel vor meinen Füßen zu Boden. Mir wurde bewusst, dass ich um halb fünf Uhr morgens, nur in ein Laken gewickelt, in der Küche des Doktors stand und mich mit seiner spastischen Tochter über wild gewordene Katzen unterhielt. Das Laken war voller Erde. Das musste passiert sein, als ich den umgefallenen Topf aufgehoben hatte. Ich bückte mich und gab Chiara den Anzünder. »Danke«, sagte sie, und als der brüchige Ton ihrer Stimme in meinen Ohren nachklang, wurde ich abermals von einer Welle der Zuneigung zu ihr erfasst. Sie verunsicherte mich, und plötzlich schämte ich mich für meine schlampig lackierten Nägel. Ich überlegte, mich anziehen zu gehen, doch die Gefahr, dass der Doktor aufwachen könnte, wenn ich in dem dämmrigen Zimmer nach meinen Kleidern kramte, schien mir zu groß.
     
    Als der Kaffee sprudelte, nahm ich Tassen aus einem Regal und stellte sie auf den Tisch. Ich trat zum Herd und wollte die Kaffeekanne nehmen, doch Chiara winkte ab. »Ich kann das alleine«, sagte sie und hob die Kanne über das schwarze Gestänge des Gasherdes und das Spülbecken bis zu der Kante der Anrichte, die dem Tisch am nächsten war. Dann warf sie sich zu Boden, griff die Kanne, robbte zum Tisch hinüber, stellte die Kanne auf einen Stuhl und zog sich daran hoch. Sie lächelte mich schief an und goss den Kaffee in die Tassen. »Sergej wird sicher noch länger schlafen«, sagte sie. »Kommst du mit mir zum Turm hinauf?« Ich nickte. »Wir sammeln die Rosen ein und bringen sie hinauf«, sagte sie, »dann ist Vater weniger traurig.« Ich verstand nicht, nickte aber wieder.
     
     
     

 
     
     
     
     
     
    2
    INNEN
     
     
     

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Ein Vampir. Rennt. Durch die Gänge.
    Hinter einer Mauer versteckt sich. Eine schöne. junge Frau. Ganz Nackt.
    Der Vampir schlittert. Vorbei.

Der Vampir. rutscht. in einen Spiegel der ihn nicht. hat kommen sehen. Und. Verschwindet
    In einer anderen. Zeit.
    Die Frau. kichert. Und weint.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Wenn diese Orange die Welt wäre, dann....
     
    Konstantin Ziolkovskij
     
     

 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Eines Abends, während er eine Orange schälte, rutschte Marin Falier, der um seine Fähigkeit, Orangenschalen in hauchdünne, meterlange Spiralen verwandeln zu können, stets ein großes Aufhebens machte, das Messer ab, als die Orange noch nicht einmal halb geschält war. Ein klägliches Schalengewinde, das nicht genügend Material besaß, sich um sich selbst zu schlingen, fiel zu Boden und blieb unbeholfen liegen. Das Messer schnitt den Grafen tief in sein bleiches Fleisch. Wütend warf er die Welt zu Boden. Als die Klinge des Messers klirrend auf dem Steinboden zerbrach und die zerplatzende Orange ihr Fleisch und ihren Saft überall herumspritzte, begriff Falier, dass es Zeit für eine neue Unternehmung war. 
     
    Es war in seinem Geiste stets eine Neigung, die auf einen großen Schicksalsschlag zielte. Der Winter wurde ihm lang.
     
    Er schrie nach Eston. Sein langjähriger und treuer Diener leuchtete ihm humpelnd den Weg in die Katakomben. Die Fackel rußte heftiger als sonst, und der stechende Qualm biss den Grafen in die schwächlichen Lungen. Marin war in lüsterne Träume versunken, als er seinem alten Diener durch die Gänge folgte, und achtete nicht auf den Weg. Fluchend stolperte er über einen Geröllhaufen und klopfte sich ärgerlich den Steinstaub vom Hemd. Nach einer längeren Wanderung durch teilweise verschüttete Gänge kamen sie in den Teil der Gruft, wo die Katzen wohnten. Marin strich zwischen ihnen herum, streichelte hier einer über den Kopf, nahm dort eine hoch, deutete Eston, mit der Fackel näher heranzukommen, und zog ihr mit spitzen Fingern die Augen auf. Bei einer weißen, trächtigen Katze verweilte er länger. Ein prächtiges Tier, dessen kraftvoller Körper träge in Marins Arm hing. Die gelbgrünen Augen versprühten Phosphor, als Falier ihr die Lider so weit zurückzog, dass die Augäpfel aus dem Kopf traten und

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