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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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kann ich mir schon merken.«
    Herr Lange schlüpfte in seine Jacke und sagte im Hinausgehen: »Bis Freitag dann.«
    Lina beugte sich über den Kalender, um Herrn Langes Termin einzutragen, als plötzlich wieder Doktor Ritter vor ihr stand. Sie zuckte zusammen.
    Â»Geht es Ihnen gut? Sie sehen so blass aus, Frau Lopez.«
    Â»Nein, alles in Ordnung, Doktor Ritter.«
    Lina stand auf, ging an ihm vorbei zur Küche und fragte: »Wie lief es denn mit Herrn Lange?« »Ein schwerer Fall. Ichwerde ein paar Sitzungen mit ihm brauchen. Er war kaum in der Lage, sich zu entspannen, was ja eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen einer Angsttherapie ist. Bedauerlicherweise hält er gar nichts von Hypnose. Das würde die Sache sicherlich vereinfachen. So muss ich mit ihm den beschwerlicheren Weg gehen.«
    Lina trocknete ein paar Tassen ab und stellte sie zurück in den Schrank. »Sie konnten also noch nicht feststellen, warum er diese Spritzenphobie hat?«
    Â»Es gibt viele Menschen, die Angst vor Spritzen haben. Das ist ganz natürlich. Wer lässt sich schon gerne ins Fleisch stechen? Und wenn man so verspannt ist wie dieser Mann, tut ja schon die kleinste Berührung weh.« Doktor Ritter zuckte mit den Schultern. »Na, vielleicht kommen wir in der nächsten Sitzung weiter. Die Angst entsteht im Kopf, und deshalb kann sie auch nur dort überwunden werden. Er muss eben begreifen, dass die Spritze nicht gefährlich ist, sondern ihm hilft.«
    Da ging die Praxistür auf, und zwei Frauen kamen herein.
    Eine der beiden rief: »Doktor Ritter, ich wollte nur mal kurz vorbeischauen und Ihnen danken!« Ihre Stimme überschlug sich beinahe, so aufgekratzt war sie.
    Lina bemerkte, wie Doktor Ritter die zwei Frauen ratlos ansah und sie offenbar nicht einordnen konnte. Sie kam ihm zur Hilfe: »Guten Tag, Frau Morgenstern. Sie waren bei der Hypnosesitzung im Hotel, nicht wahr?«
    Doktor Ritter zwinkerte Lina dankbar für ihre Hilfestellung zu.
    Aus Frau Morgenstern sprudelte es währenddessen nur so heraus: »Ja, und das ist meine Schwester. Seit der Sitzung sind wir uns wieder nähergekommen. Es ist ja schon verrückt, wenn man bedenkt, was man alles für unerklärliche Lasten mit sich herumträgt, manche ein ganzes Leben lang, ohne zu verstehen, warum. Ich bin Ihnen so dankbar, Doktor Ritter, dass Sie mir geholfen haben. Wir haben Ihnen das hier mitgebracht.«
    Sie überreichte Doktor Ritter feierlich einen Korb, aus dem eine Champagnerflasche ragte. Lina sah außerdem Käse, Nudeln und einen Serrano-Schinken zwischen weiteren Delikatessen. Doktor Ritter nahm den Korb unbeholfen in Empfang und stellte ihn auf Linas Schreibtisch. »Es freut mich immer, wenn eine Therapiesitzung auf Anhieb so erfolgreich ist«, sagte er hölzern.
    Die beiden Frauen sahen sich lachend an und verabschiedeten sich. So schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden sie auch wieder.
    Es wurde wieder still in der Praxis. Auf einmal fiel Lina auf, wie wenig sie diese Stille mochte. Die Praxis ist irgendwie tot, dachte sie. Doktor Ritter war immer zurückhaltend und gefasst, nie brachte er ein Lachen über die Lippen, selbst eben nicht, als sich die beiden Schwestern so überschwänglich bei ihm bedankt hatten. Dann dachte sie an die Patienten, die während der Hypnose mehrmals ihren Tod aus vorherigen Leben erlebten. Plötzlich fand Lina das alles irgendwie unheimlich.
    Doktor Ritter schloss die Tür des Therapiezimmers hinter sich und ließ Lina allein mit dem Korb auf dem Schreibtisch zurück.

39
    Â»Kennen Sie diese Frau?« Sam hielt Pater Dominik das Foto von Isabella Longi unter die Nase. Der Pfarrer wurde erst rot, dann weiß. »Sagen Sie nicht, dass ihr etwas zugestoßen ist«, flüsterte er fast unhörbar.
    Â»Was denken Sie?«
    Der Pfarrer stöhnte leise auf und ließ sich auf die vorderste Bank sinken. Im hinteren Teil der Kirche saßen zwei ältere Damen. Sie hatten gebetet, doch nun tauschten sie irritierte Blicke. Sam bemerkte sie und sagte zum Pater: »Am besten, wir gehen ins Pfarrhaus.«
    Pater Dominik nickte, stand auf und öffnete die Tür hinter dem Altar. Die drei Männer betraten das Pfarrhaus, gingen die steile Treppe nach oben und setzten sich dort an den Tisch.

    Â»Wir haben ihre Überreste heute Nachmittag im Eppendorfer Moor gefunden. Sie wurde verbrannt«, nahm Sam den

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