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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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und denkenden Gemüthern eigen zu sein scheint.
Um Jesu Willen, Freund, o wehre,
Daß jemand diesen Staub entehre;
Gesegnet sei, wer schont die Steine,
Verflucht, wer anrührt mein’ Gebeine.
    Gerade über dem Grabe, in einer Nische der Mauer, ist Shakspeare’s Büste, welche kurz nach seinem Tode aufgestellt worden ist, und für sein Ebenbild gehalten wird. Das Gesicht ist angenehm und heiter, und die Stirn schön gewölbt, und ich dachte, ich könnte auf demselben sehr deutlich die Andeutungen jener fröhlichen, geselligen Gemüthsart lesen, wodurch er sich unter seinen Zeitgenossen eben so sehr auszeichnete, als durch die Ausdehnung seines Genies. Die Inschrift gedenkt seines Alters zur Zeit seines Todes – drei und fünfzig Jahre; ein zu früh für die Welt erfolgtes Dahinscheiden; denn welche Früchte hätten nicht von dem goldenen Herbste eines solchen Gemüths erwartet werden können, geschirmt, wie es war, gegen den stürmischen Wechsel des Lebens, und blühend im Sonnenschein der Gunst des Volks und der Könige.
    Die Inschrift auf dem Grabsteine war nicht ohne die beabsichtigte Wirkung. Sie hat es verhindert, daß seine Ueberbleibsel, wie man einst beabsichtigte, aus dem Schoße seines Geburtsortes nach der Westminster-Abtei gebracht wurden. Vor einigen Jahren stürzte auch, als einige Arbeitsleute neben dem Grabe den Grund ausgruben, wo ein Gewölbe gebaut werden sollte, die Erde nach, so daß ein leerer, bogenähnlicher Raum entstand, durch welchen man wohl zu dem Grabe hätte gelangen können. Niemand wagte es indessen, sich mit seinen Gebeinen, welche durch einen Fluch so furchtbar bewahrt waren, etwas zu schaffen zu machen; und damit nicht etwa ein Müßiggänger oder Neugieriger, oder irgend ein Reliquiensammler Versuchung fühlen möchte, einen Raub zu begehen, stand der alte Küster zwei Tage lang Wache bei dem Ort, bis das Gewölbe beendigt und die Oeffnung wieder geschlossen war. Er erzählte mir, daß er es gewagt habe, in das Loch hineinzublicken, aber weder Sarg noch Gebeine habe sehen können; Nichts als Staub. Es war Etwas, dachte ich, Shakspeare’s Staub gesehen zu haben.
    Zunächst seinem Grabe sind die seiner Gattin, seiner Lieblingstochter Mrs. Hall, und anderer Glieder seiner Familie. Aus einem Grabe dicht dabei ist auch ein lebensgroßes Bild seines alten Freundes John Combe, wucherischen Andenkens, auf welchen er eine komische Grabschrift verfertigt haben soll. Es sind noch andere Denkmale umher, allein es widerstrebt dem Gemüthe, bei etwas zu verweilen, das nicht mit Shakspeare in Verbindung steht. Sein Bild beherrscht den Ort; das ganze Gebäude scheint sein Grabmal zu sein. Das Gefühl ergießt sich, nicht länger von Zweifeln befangen und gequält, hier in vollkommenem Vertrauen; andere Spuren von ihm mögen falsch oder zweifelhaft sein, hier ist aber augenscheinlicher Beweis und unumstößliche Gewißheit. Als ich den hallenden Fußboden beschritt, war etwas gewaltiges und durchbebendes in dem Gedanken, daß hier wirklich die Ueberbleibsel Shakspeare’s unter meinen Füßen moderten. Es dauerte lange, ehe ich es über mich gewinnen konnte, den Ort zu verlassen; und als ich über den Kirchhof ging, brach ich einen Zweig von einem der Eibenbäume ab, die einzige Reliquie, welche ich von Stratford mitgebracht habe.
    Ich hatte nun die gewöhnlichen Gegenstände der Andacht eines Pilgers besucht, wünschte aber den alten Familiensitz der Lucy in Charlecot zu sehen und den Park zu durchstreifen, wo Shakspeare, gemeinschaftlich mit einigen von den lustigen Gesellen in Stratford, das Jugendvergehen der Wilddieberei begangen hatte. Bei diesem tollen Unternehmen ward er, wie man uns erzählt, ergriffen und nach dem Hause des Wildhüters gebracht, wo er die ganze Nacht in trauriger Gefangenschaft blieb. Als er vor Sir Thomas Lucy gebracht wurde, muß seine Behandlung empörend und demüthigend gewesen sein, denn sie machte einen so tiefen Eindruck auf seinen Geist, daß er dadurch zu einem rohen Pasquill veranlaßt wurde, welches an das Parkthor von Charlecot angeschlagen ward.
    [Fußnote: Die einzige Strophe, welche von diesem Pasquill übrig ist, lautet so:
Ein Parlamentsglied, ein Friedensrichter,
Zu Hause eine Vogelscheuch’, in London ein Esel,
Wenn lausig ist Lucy, wie Manche es sprechen,
So ist Lucy lausig, mag’s beugen, mag’s brechen,
Groß glaubt er zu sein;
Doch ein Esel gar fein,
Darf er, seinen Ohren nach, bei Eseln nur sein.
Wenn Lucy ist lausig, wie Manche es

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