Gottspieler
schlecht aus, George«, sagte Cassi. »Im Smoking gefällst du mir viel besser als in deinem alten Kordsamtsakko.«
George lachte verlegen. »Ich wollte mich mal erkundigen, wie es dir in der Psychiatrie gefällt. Ich war ganz überrascht, als ich hörte, daß du die Abteilungen gewechselt hast. In mancher Hinsicht beneide ich dich.«
»Sag mir jetzt bloß nicht, du wärst der Psychiatrie auch nur annähernd wohlgesonnen. Dann müßte ich nämlich meine ganzen Vorurteile über Chirurgen umschmeißen.«
»Nach der Geburt meines jüngeren Bruders hat meine Mutter eine schwere Depression durchlitten. Ich bin überzeugt davon, daß ihr Psychiater ihr das Leben gerettet hat. Damals hätte ich mich beinahe selbst darauf spezialisiert, aber ich glaube nicht, daß ich sehr erfolgreich gewesen wäre. Es erfordert eine Sensibilität, die ich nicht habe.«
»Unsinn«, sagte Cassi, »natürlich hast du die nötige Sensibilität. Ich glaube eher, daß dir die dauernde Untätigkeit auf die Nerven gehen würde. In der Psychiatrie sind es die Patienten, die die Arbeit leisten müssen.«
George schwieg einen Moment, und als Cassi ihn genauer in Augenschein nahm, kam ihr plötzlich der Gedanke, ihn mit Joan zu verkuppeln. Sie waren beide so nette Menschen.
»Wärst du interessiert, eine attraktive neue Bekannte von mir kennenzulernen?« fragte sie unschuldig.
»Ich bin immer daran interessiert, attraktive Frauen kennenzulernen. Obwohl die wenigsten dir das Wasser reichen können.«
»Ihr Name ist Joan Widiker. Sie macht gerade ihr drittes Jahr in der Psychiatrie.«
»Einen Moment«, meinte George, »ich bin nicht sicher, daß ich mich so einer gewachsen fühle. Sie stellt mir womöglich ein paar knallharte Fragen, wenn ich meine Peitschen und Ketten heraushole. Ihr gegenüber wäre ich wahrscheinlich noch gehemmter, als ich es dir gegenüber war. Erinnerst du dich noch an unser erstes Rendezvous?«
Cassi lachte. Wie hätte sie das vergessen können? In seiner Ungeschicklichkeit hatte George ihr während des Essens einen Stoß gegen die Hand versetzt, so daß ihr eine Gabel voll Linguini Alfredo in den Schoß gefallen war, und bei dem Versuch, den Schaden mit einer Serviette wieder zu beheben, hatte er auch noch ihr Glas Chianti classico umgestoßen.
»Ich möchte nicht undankbar wirken«, sagte George. »Ich weiß es zu schätzen, daß du an mich denkst, und ich verspreche dir, Joan anzurufen. Aber ich wollte mit dir auch noch über ein etwas ernsteres Thema sprechen.«
Cassi straffte sich unwillkürlich, weil sie keine Ahnung hatte, was jetzt kommen würde.
»Als Arzt und Kollege mache ich mir große Sorgen um Thomas.«
»Ach?« sagte Cassi leichthin.
»Er arbeitet einfach zu hart. Seinen Beruf zu lieben, ist eine Sache, aber davon besessen zu sein, eine ganz andere. Ich beobachte so was nicht zum erstenmal. Oft macht ein Arzt jahrelang neunhundert Meilen in der Stunde, und dann ist er ganz plötzlich ausgebrannt. Ich sage dir das alles, weil ich dich bitten möchte, daß du auf Thomas Einfluß nimmst, ihn vielleicht dazu überredest, einmal Urlaub zu machen. Der Mann ist angespannt wie eine Spiralfeder. Einigen Gerüchten zufolge soll er sich in letzter Zeit immer wieder mit Schwestern und Patienten herumstreiten.«
Georges Worte ließen Cassi wieder die Tränen in die Augen steigen. Sie biß sich auf die Lippen, sagte aber nichts.
»Wenn du ihn dazu bringen könntest, daß er mal ein paar Tage ausspannt, würde ich mich gern in der Zwischenzeit um seine Patienten kümmern, falls es nötig sein sollte.«
Überrascht stellte er fest, daß sie dicht davor stand, loszuheulen. Sie wandte sich ab und verbarg ihr Gesicht. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte: »Ich wollte dich nicht aufregen.«
»Schon gut«, sagte Cassi, während sie versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. »Ich bin okay.«
»Dr. Ballantine und ich haben uns lange über Thomas unterhalten«, sagte George. »Wir möchten gern helfen. Wir glauben beide, daß jemand, der so hart arbeitet wie er, irgendwann einen hohen Preis, einen zu hohen, dafür bezahlen muß.«
Cassi nickte, als verstünde sie. Dankbar drückte sie Georges Hand.
»Wenn es dir nicht angenehm ist, mit mir darüber zu reden, solltest du vielleicht mal mit Dr. Ballantine sprechen. Er schwört Stein und Bein auf Thomas. Möchtest du die Durchwahl des Direktors in der Klinik?«
Cassi wich Georges anteilnehmendem Blick aus und griff in ihre Handtasche, um Block und
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