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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Sommer in Piedrahita zu verbringen oder auf einem der Güter am Meer. Aber es war ein neuer José, der ihr antwortete, ein belebter, zielbewußter José, der ihre Einwände mit freundlicher Entschiedenheit abtat.
    Alles in ihr widersetzte sich. Es gab für sie kein Leben außerhalb Spaniens, sogar die beiden Male, die sie in Frankreich gewesen war, hatte sie sich zurückgesehnt und auf rascheRückkehr gedrängt; schon die Namen jener deutschen Städte und deutschen Musikanten, die Don José nannte, schienen ihr barbarisch. Und Francisco gar wird diese Reise übel mißdeuten, er wird annehmen, sie verlasse Madrid, nur um ihn zu peinigen, er wird ihr nicht einmal Gelegenheit geben, sich ihm zu erklären, sie wird ihn für immer verlieren. Aber wenn sie dem kränkelnden Manne nicht auf diese Reise folgt, dann wird sie den Hof, das ganze Land gegen sich haben. Sie sah keine Möglichkeit, Don José ihre Begleitung zu verweigern.
    Sie wandte sich an Doña María Antonia. Die Marquesa hatte ihr immer Verständnis gezeigt; sie mußte begreifen, daß sie jetzt nicht aus Spanien fortkonnte. Sie stellte ihr vor, wie schädlich Don José die Strapazen sein müßten, bat sie dringlich, ihn von dem Projekt abzubringen.
    Allein diesmal begriff Doña María Antonia nicht. Vielmehr mußte Cayetana in ihrem wissenden, beinahe gütigen Gesicht eine leise Feindseligkeit wahrnehmen, und das Lächeln ihres langen, schmallippigen Mundes war nicht freundlich.
    Ja, die Marquesa spürte einen kleinen, bösen Triumph. Sie hatte gelebt, sie wußte, was Liebe ist, sie verstand Cayetanas Passion, spürte die Dringlichkeit ihrer Bitte. Aber José war ihr Sohn, er war alles, was sie hatte, sie liebte ihn, und er wird nicht lange leben, und diese Frau sollte Takt genug haben, ihm die letzten Jahre leicht zu machen. Sie sollte wenigstens versuchen, Don José vorzutäuschen, ihr liege an ihm. »Ich teile Ihre Bedenken nicht, Doña Cayetana«, sagte sie gelassen freundlich. »Ich verspreche mir für Don José allerhand von dieser Reise.«
    Um die gleiche Stunde teilte der Herzog dem Doktor Peral mit, daß er auf längere Zeit ins Ausland reisen werde. Peral war bestürzt. Schickte Cayetana den Herzog fort? Wollte sie allein bleiben? Behutsam fragte er, ob nicht Seine Hoheit die Ermüdungen der Reise fürchte. Don José antwortete leichthin, er glaube, der Anblick neuer Menschen, die Wirkung neuer Musik werde ihn beleben. Peral, immer zögernd – denn er wußte nicht, ob die Duquesita mitkommen werde –,fragte, ob der Herzog seine Begleitung wünsche. Dieser, immer mit dem gleichen, ungewohnten, beinahe spielerischen Leichtsinn, erwiderte, er danke Don Joaquín sehr, aber er wolle sich nicht verwöhnen, sondern versuchen, sich ohne ihn zu behelfen.
    Doktor Peral begab sich sogleich zur Herzogin. Sie hatte nicht gewußt, daß man ihn nicht mitnehmen wollte, sie verbarg nur mit Mühe ihre peinliche Überraschung. Beide standen sie ratlos. Er fragte, ob ihr Entschluß, den Herzog zu begleiten, endgültig sei. Sie antwortete nicht, sie machte eine kleine, resignierte, beinahe trostlose Geste, zum ersten Mal erlebte er, daß in ihren Augen Trauer war, eine Bitte um Hilfe. Niemals, selbst wenn sie seiner Hilfe viel bedürftiger war, hatte diese Frau, unter den Grandinnen Spaniens die unabhängigste und stolzeste, ihn eine Regung solcher Art sehen lassen. Es war ihm eine leise, finstere Genugtuung, daß Cayetana de Alba ihm als einzigem ihre Not anvertraute.
    Nur zwei kurze Augenblicke dauerte der Hilferuf ihres Gesichtes. Aber in diesen Augenblicken, schien ihm, bestand zwischen ihnen ein tieferes Einverständnis als je vorher.
    Die Vorbereitungen der Reise wurden getroffen. Wenn Personen vom Range der Albas und Villabrancas reisen wollten, auch mit kleinstem Cortège, galt es, viele Zurüstungen zu machen.
    Und es liefen und es schwitzten
    Intendanten und Kuriere,
    Läufer, Diener, Schneider, Zofen.
    Die Gesandten Bayerns, Östreichs,
    Parmas, Modenas, Toscanas
    Hatten Arbeit, schrieben, schickten
    Botschaft. Denn mit ungewohntem
    Eifer trieb der Herzog sie zur
    Eile; ihn verlangte, schnell, so
    Schnell wie möglich diese Reise
    Anzutreten.

24
    Man trat die Reise nicht an. Während der Vorbereitungen klagte der Herzog über eine seltsame Entkräftung. Zuerst verschob man die Reise, dann gab man sie auf.
    Kränklich war Don José immer gewesen. Nun aber lähmte ihn die Mattigkeit derart, daß er sich kaum bewegen konnte. Belebende Tränke halfen nicht. Die

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