Grabesgrün
ich tippe auf Steuerhinterziehung. Wir können die Steuerfahndung einschalten, aber ich glaube nicht an einen Zusammenhang mit unserem Fall.«
»Es sei denn, Devlin ist dahintergekommen und hat damit auf jemanden Druck ausgeübt«, sagte ich.
Cassie blickte skeptisch. »Wie sollte er dahintergekommen sein? Und dann hätte er es uns doch wohl erzählt.«
»Man kann nie wissen. Er ist ein komischer Typ.«
»Du findest doch jeden komisch. Zuerst Mark –«
»Moment, jetzt wird’s doch erst interessant«, sagte Sam. Ich streckte Cassie die Zunge raus und wandte mich dann schnell wieder der Karte zu. »Also, im März 2000, als die Schnellstraßenpläne bekannt gegeben wurden, gehört den drei Firmen fast das gesamte Land in diesem Streckenabschnitt. Aber vier Farmer hatten nicht verkauft – das sind die gelben Bereiche. Ich hab sie ausfindig gemacht; sie wohnen jetzt in Louth. Sie hatten mitbekommen, was da ablief, und sie wussten, dass diese Käufer gute Preise boten, mehr als für Agrarland normalerweise gezahlt wurde. Deshalb hatten ja alle anderen das Geld genommen. Die vier sind gut befreundet und haben über die Sache geredet und beschlossen, ihr Land erst mal zu behalten, weil sie dem Braten nicht trauten. Als dann die Schnellstraßenpläne bekannt wurden, konnten sie sich natürlich denken, warum diese Käufer auf ihr Land so scharf waren: Durch die Schnellstraßenanbindung wäre Knocknaree für Industrieansiedlungen und Wohngebiete interessant. Unsere vier Farmer dachten sich daher, sie könnten doch die Umwandlung ihres Landes selbst in die Wege leiten, wodurch sich der Wert verdoppeln oder verdreifachen würde. Sie stellten einen entsprechenden Antrag beim Gemeinderat – einer von ihnen sogar viermal –, und jedes Mal wurde der Antrag abgelehnt.«
Er tippte mit dem Finger auf einen der gelben Blöcke, der zur Hälfte voll mit winzigen kalligrafischen Notizen war. Cassie und ich beugten uns vor, um sie zu lesen: M. Cleary Antr FU Agr-Ind: 5 / 2000 abgel, 11 / 2000 abgel, 6 / 2001 abgel, 1 / 2002 abgel; Verk. M. Cleary-FPC 8 / 2002; FU Agr-Ind 10 / 2002.
Cassie nickte knapp und lehnte sich zurück, die Augen weiterhin auf die Karte gerichtet. »Dann haben sie also verkauft«, sagte sie leise.
»Ja. Etwa für denselben Preis wie die anderen – nicht schlecht für Agrarland, aber weitaus weniger, als sie für Bauland bekommen hätten. Maurice Cleary wollte auf seinem Land bleiben, zum Teil aus bloßer Sturheit, er hat gesagt, er würde sich nicht von irgend so einem Idioten mit Schlips und Kragen vertreiben lassen – aber dann hat ihn ein Typ von einer der Holdingfirmen besucht und ihm erklärt, sie würden gleich neben seiner Farm eine Pharmafabrik bauen und könnten nicht garantieren, dass chemische Abfälle nicht ins Wasser geraten und sein Vieh vergiften würden. Er hat das als Drohung aufgefasst – keine Ahnung, ob zu Recht oder Unrecht, aber er hat auf jeden Fall verkauft. Sobald die Großen Drei das Land gekauft hatten – unter diversen anderen Namen, aber sie stecken eindeutig dahinter –, haben sie die Flächenumwandlung beantragt und auch erhalten.«
Cassie lachte, ein kleiner, wütender Atemzug. »Deine Großen Drei hatten den Gemeinderat die ganze Zeit in der Tasche«, sagte sie.
»Sieht so aus.«
»Hast du mit den Gemeinderäten gesprochen?«
»Ja, klar. Ist aber nicht viel bei rumgekommen. Sie waren höflich und alles, haben aber nur um den heißen Brei rumgeredet. Ich habe keine einzige direkte Antwort bekommen.« Aus dem Augenwinkel konnte ich Cassies heimlich amüsierten Blick erhaschen: Sam mit seinem Politikeronkel müsste das doch eigentlich gewöhnt sein. »Sie sagten, die Entscheidungen für die Flächenumwandlung seien – Moment ...« Er blätterte in seinem Notizbuch. »›Ausschlaggebend für unsere Entscheidungen war allein das Wohl der Gemeinde, und wir haben uns dabei auf die Informationen gestützt, die zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung standen. Von Begünstigung kann keine Rede sein.‹ Das hab ich nicht aus irgendeinem Schreiben oder so. Das wurde mir wortwörtlich so gesagt. Im Gespräch.«
Cassie tat so, als wollte sie sich einen Finger in den Hals stecken.
»Wie viel ist nötig, um einen Gemeinderat zu kaufen?«, fragte ich.
Sam zuckt die Achseln. »Für so viele Entscheidungen, über einen so langen Zeitraum, muss sich das auf ein hübsches Sümmchen belaufen haben. Die Großen Drei hatten eine Menge Geld in das Land
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