Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabesgrün

Grabesgrün

Titel: Grabesgrün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
Vom Netzwerk:
Du bist eine tolle Frau, weißt du das? Zu gut für mich. Hundertmal zu gut. Vielleicht sogar tausendmal. Hab ich recht, Dolores? Meinst du nicht auch, es war richtig von mir?«
    »Keine Ahnung, Terry«, sagte Dolores müde. »Sag du’s mir.« Sie war gleichzeitig mit etwas anderem beschäftigt, räumte Teller weg oder die Spülmaschine aus. Im Hintergrund hörte man Porzellan klappern. Als Andrews schließlich haltlos ins Telefon schluchzte, legte sie auf. Zwei Minuten später rief er sie wieder an, fauchte: »Du legst nicht einfach auf, wenn wir telefonieren, du Schlampe, hast du verstanden? Wenn hier einer auflegt, dann ich«, und knallte den Hörer auf die Gabel.
    »Ein richtiger Kavalier«, sagte ich.
    »Verdammter Mist«, sagte Sam. Er ließ sich auf seinem Stuhl nach hinten sinken, legte den Kopf in den Nacken und bedeckte das Gesicht mit den Händen. »So ein Mist, echt. Ich hab nur noch eine Woche für die Telefonüberwachung. Was mach ich, wenn dabei nichts weiter rumkommt als Pizzaservice und einsame Herzen?«
    Auf dem Band war ein Klicken zu hören. »Hallo«, sagte ein tiefe, verschlafene Männerstimme.
    »Wer ist das?«, fragte ich.
    »Handy-Geheimnummer«, sagte Sam durch seine Hände hindurch. »Viertel vor zwei.«
    »Du kleines Arschloch«, sagte Andrews auf dem Band. Er war völlig betrunken. Sam setzte sich auf.
    Es trat eine kurze Pause ein. Dann sagte die tiefe Stimme: »Hab ich nicht gesagt, du sollst mich nicht wieder anrufen?«
    »Ha«, sagte ich.
    Sam gab einen leisen, unverständlichen Laut von sich. Seine Hand schoss vor, als wollte er den Kassettenrekorder packen, aber er bremste sich und zog ihn bloß näher zu uns heran. Wir beugten uns vor und lauschten. Sam hielt den Atem an.
    »Mir doch scheißegal, was du gesagt hast.« Andrews’ Stimme wurde lauter. »Du hast mir schon so viel gesagt. Zum Beispiel, es würde inzwischen alles wieder seinen Gang gehen, erinnerst du dich? Und was ist? Nichts als ... einstweilige Verfügungen –«
    »Ich hab gesagt, du sollst dich beruhigen und mich machen lassen, und das sag ich dir jetzt auch wieder. Ich hab alles im Griff.«
    »Einen Scheißdreck hast du. Und red nicht so mit mir, als wär ich dein An-, dein An-, dein Angestellter. Du bist nämlich mein Angestellter, Mann. Ich hab dich bezahlt. Zig ... tausend ... ›Oh, wir brauchen nochmal fünf Riesen hierfür, Terry, ein paar tausend für den Neuen im Gemeinderat, Terry ...‹ Ich hätte die Kohle auch gleich im Klo runterspülen können. Wenn du mein Angestellter wärst, hätte ich dich längst rausgeschmissen. Hochkant. Einfach so.«
    »Du hast immer alles für dein Geld gekriegt. Es handelt sich bloß um eine kleine Verzögerung. Alles läuft wie geplant. Es hat sich nichts geändert. Verstehst du, was ich sage?«
    »Alles wie geplant, dass ich nicht lache. Du betrügerisches kleines Arschloch. Du hast mein Geld eingesackt und dich davongemacht. Jetzt sitz ich da mit wertlosem Land am Bein und der Polizei im Nacken. Woher wissen die Bullen überhaupt, dass das Land mir gehört? Ich hab dir vertraut.«
    Kurze Stille. Sam atmete explosionsartig aus, hielt den Atem wieder an. Dann sagte die dunkle Stimme scharf: »Von welchem Telefon rufst du an?«
    »Das geht dich einen Scheißdreck an«, sagte Andrews.
    »Was hat die Polizei von dir wissen wollen?«
    »Es ging ... um dieses Kind.« Andrews unterdrückte ein Rülpsen. »Die Kleine, die da draußen ermordet worden ist. Ihr Vater ist der Spinner mit der einstweiligen Verfügung ... die Idioten glauben, ich hätte was mit der Sache zu tun.«
    »Leg auf«, sagt die tiefe Stimme kalt. »Red mit den Cops nicht ohne Anwalt. Mach dir keine Gedanken wegen der einstweiligen Verfügung. Und ruf mich bloß nicht noch einmal an.« Es machte klick, als er auflegte.
    »Na«, sagte ich nach einem Augenblick. »Das klang aber nicht nach Pizzaservice und einsamen Herzen. Gratuliere.« Es war zwar nicht als Beweis zulässig, aber es würde ausreichen, um Andrews ordentlich unter Druck zu setzen. Ich wollte großherzig sein, aber ein sich in Selbstmitleid suhlender Teil von mir fand das mal wieder typisch: Während meine Ermittlungen in einer beispiellosen Ansammlung von Sackgassen und Katastrophen endeten, heimste Sam fröhlich einen kleinen Erfolg nach dem anderen ein. Wenn ich auf Andrews angesetzt gewesen wäre, wäre die finsterste Gestalt, die er in den zwei Wochen angerufen hätte, wahrscheinlich seine betagte Mutter gewesen. »Damit müsstest du O'Kelly

Weitere Kostenlose Bücher