Grabesstille
auf dem Dach des Express .«
»Hier ist Phil Newly, und ich wollte –«
»Scheiße!«, fauchte ich und brach die Verbindung ab.
Traumhaft. Jetzt wusste der Satansjünger, wo er seinen Herrn finden konnte.
Parrishs Stirnlampe erschien am anderen Ende der Gasse.
Ich bog um eine weitere Ecke.
Sackgasse.
Okay, dachte ich, okay. Nimm das Handy. Ruf die Polizei, und selbst wenn du tot bist, kommen sie vielleicht noch rechtzeitig, um Ben zu retten.
Ich wählte 911 und fragte mich, welches Revier ich wohl erreichen würde. Doch der Anruf wurde direkt nach Las Piernas geleitet.
»Nick Parrish ist auf dem Dach des Wrigley-Buildings –«
»Hey, Nicky, du Muttersöhnchen!«, rief Ben. »Komm doch und hol mich!«
»O Gott«, stieß ich matt hervor. »Auf dem Dach des Express . Schicken Sie Hilfe!«
Ich beendete das Gespräch und ging weiter, unsicher, was ich vorfinden würde. Keine Spur von Parrish. Keine Spur von Ben.
Ich schaltete das Handy wieder ein und drückte die programmierte Taste für Stinger@FE.
Ich führte das Gespräch, während ich mich wieder aus der Sackgasse schlich. »Fremont Enterprises«, antwortete eine schläfrige Stimme.
»Pappy?«, flüsterte ich.
»Müssen lauter reden«, sagte er.
»Sagen Sie Travis und Stinger, sie sollen zurück aufs Dach kommen«, sagte ich und brach die Verbindung ab, da ich soeben Ben an der Öffnung der Gasse hatte vorbeilaufen sehen. Parrish war nicht weit hinter ihm.
Ich rannte, bis ich den Ausgang erreicht hatte, wandte mich in die Richtung, in die sie gelaufen waren, und brüllte aus Leibeskräften: »Nick Parrish, Sie kleines Frettchen, nicht zu fassen, dass Sie auf diesen blöden Trick reingefallen sind!«
Ich hörte ein leises Poltern, und hinter mir ging ein Licht an. Ich wirbelte herum und sah ihn keinen Meter von mir entfernt stehen und grinsen. Er stand neben einer zweiten Leiter und hatte eine Pistole in einem Schulterhalfter stecken. In der Rechten hielt er ein Messer mit einer langen, dünnen Klinge.
»Ich bin auf gar keinen Trick reingefallen«, sagte er und beschrieb mit dem Messer eine nachlässige Acht. »Aber du warst blöd genug, direkt an mir vorbeizulaufen, ohne aufzusehen.«
Ich ging ein paar Schritte zurück.
»Willst du davonrennen?«, fragte er und hielt das Messer in die Höhe. »Natürlich willst du das. Vor allem jetzt, wo ich deinen kleinen, verkrüppelten Freund umgebracht habe.«
»Sie haben ihn nicht umgebracht«, sagte ich in der Hoffnung, dass ich Recht hatte.
»Woher willst du das wissen?«
»Kein Schuss und kein Blut am Messer. Wie üblich reden Sie nur Mist.«
»Ich glaube nicht, dass du dir so sicher bist, dass er noch lebt. Ruf seinen Namen. Mal sehen, ob er antwortet.«
»Sie bringen mich nicht dazu, Ihnen dabei zu helfen, ihn zu finden.«
»Ich finde ihn auch so. Er kann sich nicht so schnell bewegen wie du.«
»Da sieht man mal, was Sie wissen. Ich glaube nicht, dass Sie ihn zu fassen kriegen.«
»O doch. Genau wie ich mir seine Freundin geschnappt habe, die meinetwegen komplett den Kopf verloren hat. Sie war reizend. Schade, dass ich nicht hier war, um seine Tränen mitzuerleben, als er heute Morgen die Eistänzerin gesehen hat.«
»Schon wieder Fehlanzeige, Nicky. Er war überhaupt nicht betroffen. Sie war seine Ex, vergessen Sie das nicht. Es ging ihm vollkommen am Arsch vorbei.«
»Vielleicht weil er hinter dem Rücken deines Mannes dich vögelt.«
Lass dich von ihm nicht provozieren, sagte ich mir. Lenk ihn ab. Lass Ben entkommen.
»Stammt das auch aus Ihren Fantasien, Nicky? Oder wollten Sie nur versuchen, mich zu ärgern? Da müssen Sie sich ein bisschen mehr anstrengen. Natürlich haben Sie keine Ahnung von Freundschaft oder echten Beziehungen, stimmt’s? Sie können ja nicht mal Sex mit einer Frau haben, ohne ihr gleichzeitig ein Messer an die Kehle zu halten, oder? Welche Frau, die noch ganz bei Verstand ist, würde schon freiwillig mit Ihnen ins Bett gehen?«
Er lachte und hob das Messer. »Wenn ich deine Schreie nicht so genießen würde, würde ich jetzt damit beginnen, dass ich dir die Zunge herausschneide. Vielleicht fange ich ja trotzdem damit an.«
Er machte einen Satz auf mich zu, und ich sprang zurück, wobei ich instinktiv die Hände vor mir ausstreckte. Ich hielt immer noch das Handy fest.
»Was?«, lachte er. »Du willst die Polizei anrufen? Die schaffen es nie rechtzeitig hierher. Und du kannst dir sicher sein, dass in absehbarer Zeit niemand die Treppen aufs Dach hochkommen
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