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Grabmoosalm (German Edition)

Grabmoosalm (German Edition)

Titel: Grabmoosalm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Präsidium
besprechen.«
    Er wollte sich abwenden.
    Doch Esther zupfte ihn zart am Ärmel.
    »Bitte«, flehte sie mit leiser Stimme. »Sagen Sie meinen Leuten
nicht, dass ich sie verraten habe. Bitte. Sie würden auch mich umbringen.«
    Chili griff ein. »Das werden sie nicht«, sagte sie mit gerötetem
Gesicht. Wut stand in ihren Augen. »Zunächst einmal werden sie weggesperrt. Sie
werden keine Gelegenheit mehr für einen weiteren sogenannten Ehrenmord haben.«
    Wie giftige Galle spuckte sie das Wort aus.
    Und zu Rico Stahl gewandt: »Haftbefehle liegen vor.«
    »Okay«, sagte der. »Dann machen wir uns wieder auf den Weg.«
    Er reckte sich und sah aus dem Fenster.
    Die Tigerdogge strolchte nervös herum. Sie sah immer wieder auf,
warf den Kopf, blieb stehen, schaute zum Wald hinüber, wedelte mit dem dünnen
Schweif. Als ob sie auf etwas wartete.
    Dann neigte Rico sich Chili zu. »Fachmaterial über Alzheimer?
Unglaublich. Ich bin gespannt, wie das Gericht das sehen wird.
Unzurechnungsfähig oder lebenslang? Ein einmaliges Ereignis. Weggesperrt wird
die Arme auf jeden Fall.«
    Er reichte Chili die Hand. »Glückwunsch«, sagte er. »Gut gemacht.«
    Sein Blick blieb an der Resi hängen. »Und Sie, Frau Moser, und der
Seppe kommen bitte mit!«
    »Und die Sissi?«, fragte der Seppe besorgt.
    Rico verkniff sich ein Lächeln.
    Er stand auf, knöpfte sich den mittleren Knopf der Anzugjacke zu und
sagte: »Ja, die ist auch verhaftet.«
    Doch da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
    Von fern war ein schauriges Heulen zu hören.
    »Schön!«, rief der Seppe mit verdrehten Augen aus und sprang zur
offenen Tür.
    Die Sissi war weg. Sie war in einer Wolke aus Kies und Staub
verschwunden.
    »Gell, du hast Sehnsucht?«, rief der Seppe ihr nach. So wie ich nach
der Bella, fügte er lautlos hinzu.
    ***
    Als Cilly Moser mit Blaulicht und Vollgas über den
Parkplatz der Papierfabrik Richtung Rosenheim raste, war ihr bewusst, dass die
Fahndung nach ihr und dem Polizeiauto auf Hochtouren lief.
    Unbewusst duckte sie sich hinters Steuer.
    Ihr Ziel war das Wohnstift Grandis. Weshalb sie das Grandis zum Ziel
gewählt hatte und was sie dort wollte, war ihr nicht klar.
    Der Name Adlmayer spukte in ihrem Kopf herum, während sie sich mit
gut achtzig Sachen und Blaulicht die zweispurige Münchener Straße stadteinwärts
bewegte. Den Schalter oder Knopf, um die Sirene abzustellen, hatte sie nicht
finden können.
    Was sollte sie schon mit dem Adlmayer, dem alten, geilen Bock, auf
ihrer letzten Reise? Sie hatte ihn benutzt, und er hatte ihr geholfen. Das war
alles.
    Cilly fühlte sich vollkommen klar im Kopf. Als wenn sie durch eine
Nebelwand in eine mondhelle Nacht geraten wäre.
    Die Annemirl war sie losgeworden. Die Annemirl hatte alles gewusst.
Und sie erpresst. Wollte der Zeitung alles über ihre Vergangenheit erzählen.
    Cilly, die Aktrice.
    Cilly, die Konkubine des Intendanten. Das Liebchen der meisten
Kollegen. Die Mätresse vieler, Abgöttin der ganzen Stadt.
    Sie hatte nie ein Kind gewollt.
    Schon gleich nicht die Annemirl.
    Keine Ahnung, wer der Vater war.
    Aber mei.
    Nein. Niemand sollte es erfahren.
    Gut, deshalb hatte sie sich das mit dem Alzheimer ausgedacht. Sich
schlau gemacht. Doch je tiefer sie in die Materie eingedrungen war, je mehr sie
darüber aus der Fachliteratur erfuhr, desto unsicherer war sie geworden.
    War sie nicht vielleicht selbst eine Alzheimer-Patientin?
    Aber sie hatte das doch immer nur gespielt.
    Sie lachte laut. Sie fühlte sich ekelhaft gut hinter diesem
Blaulichtsteuer.
    Wahrscheinlich wusste die Resi auch alles über sie. Von ihrer
Mutter.
    Gut, die Resi war ihr momentan entkommen.
    »Herrgottsakra!«, fluchte sie. Ein Möbelwagen hatte sie kurz vor der
Ampel geschnitten. »Fühlen Sie sich wie zu Hause! Weko.«
    Ein Lieferwagen, der ihr die Sicht nach vorn nahm.
    Mit dem Handy hatte sie die ganze Zeit über schon gespielt.
    Kein Polizeihandy. Eindeutig ein Privathandy. Obwohl es olivgrün
war.
    Sie erkannte es daran, dass die 112 gespeichert war. Kein
Polizeihandy speichert diese Notrufnummer. Sie drückte die 112.
    »Hallo. Hilfe, bitte!«, rief sie mit zittriger Stimme hinein. Sie
war sogar rechts rangefahren, um nicht abgelenkt zu werden.
    »Wir sind entführt worden. Mein Mann und ich und meine kleine
Tochter. Man hat uns gefesselt. Wir befinden uns in einem weißen Lieferwagen.«
    Cilly stieß ein künstliches Keuchen aus.
    »Fühlen Sie sich wie zu Hause! Weko.«
    »Wissen Sie, wo Sie sich

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