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Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Titel: Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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machst du besser einen großen Bogen, verstanden, Jungelchen? Ihr Zimmer ist off limits!“ Er sah zu Mireille Mathieu und dann wieder zu Alfie. „In deinem eigenen Interesse“, fügte er noch bedeutungsschwanger hinzu.
    Alfie dachte sich seinen Teil. Womöglich war diese Selma eine Steigerung der lasziven Mireille, ein Männer verschlingender Vamp, der das Gefühl hatte, Weihnachten und Ostern sei auf einen Tag gefallen, wenn jemand, der noch ohne Viagra einsatzfähig war, das Haus betrat – und dann kein Halten mehr kannte. Ältere Frauen waren ja allesamt sexsüchtig. Mit den Kittelschürzen und den Dutts war auch die libidinöse Selbstbeherrschung aus der Mode gekommen. Pflegte seine Oma immer zu sagen, die nach dem Dahinscheiden seines Großvaters selbstverständlich ein keusches, männerfreies Leben geführt hatte. Sie fuhr nur noch mit ihrer Freundin Lore in Urlaub, die immer rappelkurze Haare und Herrenhosen trug und später bei seiner Oma einzog … aber er schweifte ab.
    „Auf unseren neuen Schlosshotelbesitzer!“, zwitscherte Mireille und hob ihren Weißweinhumpen.
    „Ja, zack auf ex, damit es endlich Abendessen geben kann.“ Die Herzoginwitwe hatte einen kräftigen Zug am Leibe.
    Auch Jeff trank seinen Humpen quasi in einem Schluck aus.
    Alfie zuckte schon zusammen, da hatte seine Zunge gerade mal Erstkontakt mit der Flüssigkeit aufgenommen. Er hatte schon Essig getrunken, der besser geschmeckt hatte. Aber den Alten hatte es offenbar geschmeckt. Nun ja, bekanntermaßen stellten die Geschmacksknospen in späten Jahren ihre Tätigkeit ein. Hier in der Runde war es offenbar schon soweit.
    „Sehr trocken, das Zeug“, erklärte die Herzoginwitwe missbilligend.
    „Das reinigt die Gedärme“, sagte Jeff nur, stellte den Humpen ab und krempelte die Ärmel hoch. „So, und jetzt Abendessen!“ Dann setzte er sich, nahm Messer und Gabel zur Hand, stellte sie hochkant und rief: „Kohldampf!“
    Auffordernd sahen die drei Alfie an.
    „Äh ...“, setzte der an. Wie jetzt?
    „Natürlich kocht der Chef hier auch“, erklärte Mireille und zwinkerte Alfie zu. „Schaumsüppchen, Soufflés, Süßspeisen – Aphrodisiaka, die auf der Zunge zergehen.“ Sie legte die altersfleckige Linke auf ihren recht tiefen Ausschnitt, zu dessen Aufpolsterung sichtlich niemand – weder die Natur noch ein Schönheitschirurg – beigetragen hatte.
    Jeff lachte auf. „Seht ihr, wie bleich unser Kleiner wird? Jetzt quäl ihn doch nicht so.“ Voll väterlicher Zuneigung sah er Alfie an. „Schieb einfach ein paar Tiefkühlpizzen in den Backofen. Wir sind nicht verwöhnt.“
    Alfie starrte die drei an. Im Café Schröpp war ihm der Umgang mit Nahrungsmitteln strikt verboten gewesen, seit er am ersten Arbeitstag die Mikrowelle zum Implodieren gebracht hatte.
    Jeff hielt in seinen riesigen Pranken immer noch Messer und Gabel, Mireille züngelte, einem Kolibri gleich, an dem weingefüllten Humpen, den Alfie eigentlich für den abwesenden Mosche Dajan vorgesehen hatte, und die Herzoginwitwe klopfte mit ihren hageren Fingerknöcheln auf die Tischplatte.
    „Ich hatte erwartet, dass unter dem neuen Management die Verpflegung einen etwas höheren Standard erreicht.“ Sie spitzte die Lippen wie ein Spitzmaulfrosch. Hatte sie nicht vorhin bei seinem Eintreffen gesagt, dass sie Veränderungen jedweder Art verabscheute? Offenbar galt das nicht für ihre kulinarischen Ansprüche.
    „Gib dem Jungelchen Zeit, das wird schon!“, meinte Jeff. Alfie hätte ihm gern gesagt, dass er nicht Jungelchen hieß, sondern Alfie, da er sich aber an den richtigen Namen von Jeff Bridges auch nicht erinnern konnte, schwieg er lieber.
    Alfie atmete tief aus. Nach endlos langer Zugfahrt, enttäuschten Hoffnungen nach der Testamentseröffnung und angesichts der dünnen Luft hier im Tiroler Hochland wäre er jetzt am liebsten in ein heißes Schaumbad oder doch wenigstens in ein weiches Bett mit heißer Wärmflasche gesunken. Hunger hatte allerdings auch er, und es machte ganz den Anschein, dass es nichts zu essen geben würde, wenn er die Angelegenheit nicht in die Hand nahm. Womöglich meuterten die Alten dann sogar und warfen mit ihren dritten Zähnen nach ihm.
    Da kam ihm ein Gedanke. „Wer hat eigentlich in den letzten sieben Jahren gekocht, in denen mein Onkel als vermisst galt?“, wollte er wissen.
    „Fertigpizza. An jedem einzelnen Tag, den der Herr werden ließ, gab es Fertigpizza“, zischte die Herzoginwitwe. Das war nicht wirklich eine

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