Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
Abendlandes, dort wo die Luft am reinsten sein sollte, sie verpestet, kristallene M o scheen tief in die Berge gebaut, wo sie Christus b e speien und die Jungfrau Maria, wo sie in tiefen Verliesen treue Christenmenschen und Brüder allzumal mit entset z lichen Torturen foltern, schächten und töten. Bezahlt hat das i n fame Treiben der frevelhafte Staufer, wie er es schon zu Lucera trieb, mit Silberlingen, die er den Sen d boten des Papstes raubte, armen Brüdern des heiligen Franz wie ich, die dort gehenkt werden ohne letzten Z u spruch, ohne Trost.
Dort, in diesem Vorort zur Hölle, unter den Teufeln si t zend, erwartete mich Pian -‹«
Ein Stöhnen entrang sich der Brust des Legaten; er sac k te vornüber zusammen, fast, daß er vom Schemel gefallen wäre, er verbarg sein Gesicht in den Händen. Ungerührt, ja mit diabolischem Vergnügen fuhr Yarzinth fort mit seiner blumigen Schilderung:
»›Mein Bruder Pian saß unter den Teufeln, als wäre er ihresgleichen, er fluchte dem Heiland und spie auf mein Kreuz.
Seinen Begleiter Benedikt von Polen hatte er schon von den Gottlosen umbringen lassen -‹«
»Nein!« schrie Pian, »hört auf!«
»Wir fangen gerade erst an«, sagte Crean, »oder wollt Ihr gestehen?«
»Nein!« würgte Pian hervor, und Yarzinth fuhr fort:
»›Pian zwang mich, ihn und die Kinder in die Mongolei zu begleiten. Er nannte mich fortan »Benedikt von P o len«.
Die Kinder waren Ketzerkinder, wie ich jetzt erkannte, und eine furchtbare Bedrohung der Kirche. Pian, der se i nen lästerlichen Auftrag von Elia hatte, der Christenheit und dem Abendland zum Schaden, denn – so vertraute mir Pian an –, sie sollten Herrscher werden auf Petri Stuhl, heidn i sche Priesterkönige von Großkhans Gnaden. Sie sollten der Botschaft des katharischen Grals zum Si e ge verhelfen über das Testament Christi und seinen röm i schen Vollstrecker, unsern Heiligen Vater, den Herrn Papst. Dies weiß ich aus dem Munde des Pian, der, wie Elia, dem Antichristen seine Seele verschrieben hat. Elia hatte mir die Ketzerbälger u n tergeschoben, und jetzt preßte mich Pian, ihm zu den Mo n golen zu folgen, die Grausen und Schrecken verbreiten. Zwei Jahre sollte ich keine ehrliche Christenseele mehr zu Gesicht bekommen.
Pian, der eigentlich von unserem Herrn Papst nur den Auftrag hatte, bis zu Batu ins Land der Goldenen Horde zu reisen, bestand darauf, die Kinder bis zum Hof des Gro ß khans zu geleiten, wo er gar schlecht über den Papst redete und sich reich für seine Tat beschenken ließ. Ich habe da r an keinen Anteil; schwer genug lastet auf meiner Seele, daß ich mich aus Angst um mein geringes Leben nicht verweigert, daß ich an diesem sündigen Tun teilgenommen habe.
Ich werde es büßen. Hinter Pian, hinter Elia stehen noch teuflischere Mächte, und sie werden mich als Zeugen zum Schweigen bringen, bevor ich reuig meine sündige Schw ä che werde beke nn en können. Mein Name ist auf immer entehrt, möge dieses Bekenntnis wenigstens me i ner armen Seele helfen.
William von Roebruk, O.F.M.‹«
»Ungeheuerlich!« stöhnte Pian. »Hölle, tu dich auf!«
»Das Tor zur Hölle ist stets geöffnet«, setzte Crean nach; »ist das alles, was Ihr uns sagen wollt?«
»Ich war nie in den Alpen, ich weiß nichts von irgen d welchen Kindern!« heulte Pian. »Und Benedikt von P o len ist mir als solcher beigegeben worden!«
»Ihr wart doch jahrelang Ordensprovinzial in Deutsc h land. Dabei müßt Ihr mehrfach die Alpen überquert h a ben. Kennt Ihr den Ort?«
»Nie gehört!« fuhr es Pian heraus.
»Bedenkt Euch gut«, mahnte Crean ihn sanft.
»Gehört natürlich«, verbesserte sich der Legat, »er soll in einem verfluchten Seitental vor dem Julier liegen. Ich habe den Paß immer gemieden –«
»Wie lautete Euer Auftrag? Stimmt es, daß Ihr gar keine Vollmacht hattet, bis zum Großkhan zu reisen? Was hat Euch bewogen, der Kirche ungehorsam zu sein? Die Ki n der?«
»Das ist erstunken und erlogen!« brüllte Pian. »Das päpstliche Schreiben ›Cum Non Solum‹ war an den obe r sten Herrscher aller Mongolen gerichtet, deswegen ve r wies mich Batu –«
»Was ist mit den Kindern?« beharrte Crean unerbittlich. »Bis wohin habt Ihr sie gebracht?«
»Zum Teufel mit den Kindern!« schrie Pian. »Da waren keine Kinder, ich habe nie welche gesehen!«
»Und William, den Ihr beharrlich Benedikt nennt – w o rin Ihr ja mit dem Geständnis vollauf übereinstimmt –« , Crean ließ diese Zwischenbemerkung
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