Gral-Zyklus 1 - Die Kinder des Gral
talischem Muster, in der Mitte waren einige zu Liegen e r höht, dazwischen standen niedrige Ebenholztisc h chen mit feiner Intarsienarbeit aus Horn und Perlmutt, die Platten getriebenenes Kupferblech, schlanke Ständer für Öllampen, ziseliert mit geflochtenen Silberdrähten und kunstvoll g e faßten Steinen. Auch eine Wärmewanne aus Messing und Holzkohlepfannen waren zu unserer Behaglichkeit, B e cken, in denen Rosenblüten schwammen, sowie Wasse r krüge zu unserer Erfrischung bereitgestellt. Rundum lief eine geschnitzte Vertäfelung mit eingebauten Wandschrä n ken.
Das filigrane Steinwerk darüber, durch das das Licht fiel, vermittelte den Eindruck einer heiteren Gartenlaube. Yarzinth klopfte an eine der Schranktüren, und heraus trat: Hamo!
Wir hatten uns seit der entsetzlichen Lawine in den A l pen nicht mehr gesehen, und das war bald zwei Jahre her. Er war nun achtzehn und ein junger Mann, was ein Schnurrbärtchen unterstrich. Ich betrachtete ihn, – au f grund von Laurence ’ Beichte – jetzt mit ganz anderen A u gen: Hamo L ’ Estrange! Aber auch sonst wäre er mir fre m der gewesen, als er es mir schon bei unserem ersten Z u sammentreffen damals in Otranto war.
Auch die Kinder brachen in kein Freudengeheul aus. »Ohne Bart warst du schöner!« eröffnete ihm Yeza kühl, und Roç schob nach: »Und Clarion wird er auch nicht g e fallen!«
Das verwirrte Hamo. »Warum ist sie nicht mit Euch g e kommen?« verlangte er von mir zu wissen, doch Yeza enthob mich einer Erklärung:
»Sie ist Nonne geworden!«
»Das glaub ’ ich nicht!« entfuhr es dem Sohn der Gräfin, und ich sah mich genötigt, kein Mißverständnis aufko m men zu lassen.
»Sie hat nur die Tracht angelegt«, erklärte ich, »um in diesem Hafen der Sünde eindeutigen Angeboten aus dem Weg zu gehen, die sonst einer schönen Jungfer allzu lo c ker und allzu aufdringlich gemacht werden. So ist sie Braut Christi auf Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten!«
»Solche Travestie kann sich nur unsere Frau Gräfin ei n fallen lassen!«
»Es steht ihr nicht schlecht!« versicherte ich ihm.
Dann unterbrach uns Yarzinth. »William«, erklärte er den Kindern, »kommt jetzt mit mir – ihr ruht euch aus!«
Da kannte er die Rangen schlecht. Ein Pfeil sauste neben ihm in die Täfelung. Yarzinth verzog keine Miene; er schob mich durch eine andere Geheimtür und verschloß sie, gerade noch bevor Yezas Dolch sich in das Hob bohrte.
Wir schritten im Halbkreis um den Pavillon, immer noch Gefangene seiner mit steinernem Rautenwerk und Ra n ken durchbrochenen Wände, die ihn umschlangen wie einen Rosenhag. Wir konnten nicht in den Raum hinei n sehen, aber das aufgeregte Geschrei der Kinder zeigte mir, daß meine Silhouette zumindest noch eine Weile für sie sic h tbar war.
Unser Gang führte in die Höhe, wechselte über den eben durchschrittenen, treppab ging es in die Tiefe. Manchmal hatte ich das Gefühl, den Weg zurückzulaufen, mal tauc h ten neben mir die Innenwände auf, mal das Außenmaue r werk des Pavillon, ohne daß ich einen Ausweg aus dem kreisförmig angelegten dreidimensionalen steinernen Ir r garten fand.
»Ich seh mich schon als verhungerte Laus!« schnaufte ich.
Yarzinth lächelte ob meiner Verzagtheit. »Dabei läufst du zielstrebig auf die Küche zu!«
Er öffnete eine Tür in der Mauer, und ich schaute, ohne gesehen zu werden, von oben durch den Dampf, der aus Kesseln und Kasserollen aufstieg, herab auf das Treiben der Köche und Küchenjungen.
»Mein Reich«, sagte Yarzinth voller Stolz, »aber dir verschlossen! Für dich bin ich der Engel mit dem Fla m menschwert: Jedesmal wenn ich dich in der Küche erw i sche, schneid ’ ich dir einen Finger ab!«
Ich wußte nicht, ob er scherzte, beschloß aber, es nicht auf die Probe ankommen zu lassen.
Yarzinth brachte mich nunmehr auf kürzestem Weg in ein hohes Kellergewölbe. Es war weiß gekalkt, Licht fiel durch Öffnungen in den Bögen; sie waren nicht einmal vergittert, aber viel zu hoch.
An einem Tisch voller Pergamente saß ein Mönch und schaute mir erwartungsvoll, fast demütig entgegen.
Yarzinth hatte die Tür hinter mir verschlossen und von außen verriegelt. Sicher belauschte er uns noch.
»Ich bin Benedikt von Polen«, sagte der blasse Mann in der Franziskanerkutte bescheiden.
»Du bist doch mit Pian –?« fiel mir ein.
»Nein, William, das warst du!« entgegnete er.
Er kannte mich also, und ich versuchte richtigzustellen: »Ich sollte«, erklärte ich, »aber
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