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Gran Reserva

Gran Reserva

Titel: Gran Reserva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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die Spanier. Doch viele Reben rankten bereits in Drahtrahmen, was es erleichterte, alle Trauben zum gleichen Zeitpunkt die perfekte Reife erlangen zu lassen, weil sie so alle auf einer Höhe hingen.
    Sie fuhren durch mehrere Dörfer, die alle wirkten wie Variationen voneinander, und an unzähligen Bodegas vorbei, die in großen Lettern für ihre Weine warben.
    Dann begann Cristina zu reden – doch anders, als Max erwartet hatte.
    »Einer der größten Pioniere der Rioja war Marqués Camilo Hurtado de Amézaga. Im Jahr 1860 errichtete er eine Bodega nach dem Vorbild der berühmten Châteaus im Bordelais. Er ließ auch Bordeaux-Reben pflanzen. Nach der Reblauskatastrophe im 19. Jahrhundert wanderten außerdem viele französische Weinbauern nach Rioja aus. So verstärkte sich ihr Einfluss noch mal.« Sie schluckte, redete dann schnell weiter, nur irgendwas sagen, nicht nachdenken darüber, in welcher Situation sie war. »Der Name Rioja stammt vom Fluss Oja, also dem Rio Oja, einem Zufluss des Ebro.« Ihre Hände verkrampften sich am Lenkrad. »Die Herrscherin der Rioja ist die Tempranillo-Traube. Sie wird auf rund 28000 Hektar und damit stolzen sechzig Prozent der Rebfläche angebaut. Sie ist die Hauptsorte des roten Rioja, der fast immer trocken ist. Dazu kommen Garnacha Tinta, Graciano und Mazuelo, seit 2007 werden auch Maturana Parda und Maturana Tinta gekeltert. Und mit Sondergenehmigung sogar Cabernet Sauvignon und Merlot.«
    Max zuckte unwillkürlich zusammen. Merlot! Jetzt auch hier!
    »Früher wurden dem Rotwein auch weiße Trauben hinzugegeben, doch das ist heute nicht mehr üblich.
    In der Rioja wird vor allem Rotwein erzeugt, fünfundsiebzig Prozent macht dieser aus, dazu kommen fünfzehn Prozent Rosé, trocken wie halbtrocken, und zehn Prozent Weißwein.«
    »Cristina?«
    Sie reagierte nicht. Stierte weiter geradeaus. »In unserer Region gibt es über zwanzigtausend Winzer, von denen jedoch achtundneunzig Prozent den Wein nicht selber ausbauen, sondern die Trauben an Bodegas liefern. Vierzig Prozent des Rioja-Weins werden exportiert.«
    »Cristina?« Max legte seine Hand auf ihre am Steuer.
    »Das berühmteste Fest ist die Weinschlacht in Haro, die Batalla del Vino, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts stattfand und nun jedes Jahr gefeiert wird. Dabei überschütten sich die Menschen gegenseitig mit Tausenden von Litern Rotwein. Ein Erlebnis, das sag ich dir.«
    »Wohin fahren wir?«, rief Max schließlich.
    Cristina stoppte ihren Sermon. Dann schüttelte sie den Kopf kurz, als hätte sich eine Fliege in ihrem Haar verfangen. »Wohin wir fahren? Ich weiß es nicht. Ich wollte einfach fahren. Nur nicht nach Hause.«
    »Meinst du, sie wissen es schon?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Schlechte Neuigkeiten reisen schnell.« Cristinas Fuß senkte sich auf das Gaspedal.
    »Es gibt in ganz Spanien keine bedeutendere rote Rebsorte als die Tempranillo. Obwohl mehr Garnacha und Monastrell angebaut werden. Aber in fast allen berühmten Weinbauregionen findet man die Tempranillo. In Ribera del Duero, Penedès, La Mancha und Navarra wird sie…«
    »Lass uns zum Kloster San Millán de la Cogolla fahren.«
    »In Ribera del Duero, Penedès.”«
    »Cristina, hör auf damit. Bitte.«
    Sie blickte zu ihm hinüber – was Max unruhig werden ließ. Bei diesem Tempo gehörte ihr Blick auf die Straße.
    »Was hast du gesagt?«
    »Lass uns zum Kloster San Millán de la Cogolla fahren.«
    »Jetzt? Suchst du etwa geistlichen Beistand?« Ihre Stimme gewann wieder an Festigkeit.
    »Nein.«
    Sie wendete den Wagen. »Gut. Dann fahren wir jetzt dahin.«
    Das Augustiner-Kloster San Millán de la Cogolla bestand eigentlich aus zwei Klöstern: Yuso und Suso. Es befand sich eine gute Stunde südwestlich von Logroño, am Ufer des Cárdenas. Suso lag oben am Berg und war nur klein, Yuso dagegen imposant. Max hatte in einem Reiseführer gelesen, dass die UNESCO die Gesamtanlage vor einigen Jahren zum Weltkulturerbe erklärt hatte. Nach einiger Zeit wandte Cristina sich wieder ihm zu. »Es hat etwas mit dem Toten zu tun, unserem Toten, oder? Deshalb willst du zum Kloster. Du willst Detektiv spielen, nicht? Sag schon!«
    Max griff ans Steuer und verhinderte so gerade noch, dass sie im Graben landeten. »Ja, du hast recht. Er ist vor seiner Wanderung auf dem Jakobsweg dorthin gefahren.«
    »Ist mir egal. Wir fahren hin. Und greif mir ja nie wieder ins Lenkrad!«
    »Wir wären sonst gestorben.«
    »Vielleicht wollte ich ja, dass wir

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