Grappa 07 - Killt Grappa
körperlichen Ausdrucksformen verändert und positiv beeinflusst werden«, sagte er. »Schauen Sie sich an, Frau Grappa. Sie sitzen in diesem Sessel, vornübergeneigt, den Hals gerade, die Hände auf den Oberschenkeln, nur die Fußspitzen berühren den Boden. Ihre Haltung bedeutet: Aufmerksamkeit, übertriebene Wachsamkeit mit aggressiver Tendenz.«
»Und?« Ich wartete auf die Pointe.
»Tun Sie jetzt das, was ich Ihnen sage. Lehnen Sie sich in den Sessel zurück, stellen Sie die Fußsohlen auf den Boden, lassen Sie die Arme locker neben Ihren Oberschenkeln liegen, entspannen Sie Ihre Bauchmuskeln und legen Sie Ihren Hinterkopf auf die Rückenlehne des Sessel. Jetzt schließen Sie die Augen. Wie fühlen Sie sich?«
Ich fühlte mich genauso wie zuvor, doch ich sagte: »Ist ja toll! Ich bin völlig relaxed. Irgendwie ruhe ich in mir, kann in mich hineinhören. Klappt das immer so gut?«
»Meistens«, meinte Jaap Vermeulen mit Stolz in der Stimme. »Wenn man die Entspannungsübungen regelmäßig macht, bewältigt man das Leben ganz anders als vorher.«
»Hat das bei Eva auch geklappt?«
»Leider nein«, mischte sich Else Ambrosius ein, »Oktavio hatte einen solch negativen Einfluss auf Eva gehabt, dass sie sich zu Hause nie entspannen konnte. Der Mann war ein gewalttätiger Psychopath.«
»Ich frage mich, warum Eva so lange bei ihm geblieben ist.«
»Oktavio konnte auch sehr nett sein, sogar charmant«, erzählte die Haushälterin. »Er hat ihr immer wieder versprochen, sich zu ändern. Und wer Frauen kennt, der weiß, dass sie nur allzu gern solchen Versprechungen glauben.«
»Das könnte Ihnen wohl nicht passieren, oder?«, fragte ich.
»Nein. Ihnen ja wohl auch nicht, oder täusche ich mich, Frau Grappa?«
»Da liegen Sie genau richtig«, bestätigte ich. »Kannten Sie den Doktor eigentlich auch?« Die Frage war an Vermeulen gerichtet, der wieder entspannt auf dem Sofa lag.
Der Körpertherapeut blickte überrascht auf. »Nein. Wir haben uns nie persönlich gesehen. Ich hatte auch kein Interesse daran. Ich spüre seine böse Aura sogar jetzt noch in diesem Haus. Sie lag über Eva wie ein Schatten.« Jaap Vermeulen strich sein weißes Zuckerwattehaar zurück.
»Schön, wenn man Menschen so helfen kann, wie Sie es können«, sülzte ich. »Doch eigentlich bin ich hier, weil ich noch ein paar Fragen habe. Bei der Obduktion wurde festgestellt, dass Dr. Grid Psychopharmaka und Alkohol im Blut hatte. Wer hat ihm das Zeug wohl gegeben?«
Else Ambrosius zuckte mit den Schultern. »Ich kann da nur Vermutungen anstellen«, meinte sie, »ich war ja nicht im Haus. Eva hat mir aber gesagt, dass sie ihm die Sachen eingeflößt hat, damit sie ihn besser umbringen konnte.«
Der Satz überraschte mich. »Dann sieht es aber schlimm aus für Ihre Freundin Eva. Dann ist sie nämlich wegen heimtückischen Mordes dran. Das sind 20 Jahre mehr als bei Totschlag. Sie sollten ihr raten, das besser für sich zu behalten.«
»Oh, das tut mir leid!« Else Ambrosius machte ein erschrockenes Gesicht. »Ich hab's schon der Polizei erzählt. Wenn ich gewusst hätte, dass ...« Ihre Stimme versagte.
Schmierentheater, dachte ich abermals, und zwar der übelsten Sorte. Das saubere Pärchen spielte ein böses Spiel.
»Na ja, da kann man nichts machen«, sagte ich schnell, »ich weiß ja, dass Eva Grid bei Ihnen beiden gut aufgehoben ist. Woher kommen Sie eigentlich, Herr Vermeulen? Ihr Name klingt so niederländisch.«
»Meine Ahnen sind Holländer.«
»Haben Sie auch in Holland gelebt?«
»Ich hatte eine Praxis in Amsterdam«, antwortete er. »Doch das ist lange her.«
Ich schlürfte den letzten Rest Tee aus der Tasse. Es war genug. Die keltische Harfe strapazierte mit ihrem Gezupfe meine Ohren mit larmoyanten Tönen, die kristallene Reinheit ausdrücken sollten.
Jaap Vermeulen gab mir die Hand zum Abschied. Als er vor mir stand, bemerkte ich, dass er bei weitem nicht so alt sein konnte, wie sein weißes Haar vermuten ließ. Der Typ war noch keine fünfzig.
Else Ambrosius – ganz Hausherrin – begleitete mich zur Tür. Auf dem Weg dorthin fiel mein Blick in ein Zimmer, dessen Tür einen Spalt geöffnet war. Ich sah ein zerwühltes Doppelbett. Else Ambrosius und Jaap Vermeulen hatten die Villa voll in Besitz genommen. Mit allem, was dazu gehörte.
Männerseelen sind tiefe Abgründe
»Wenn ich Körpertherapie höre, denke ich sofort an Sex«, beichtete Turkey. »Und du?«
»Irgend so was geht mir auch im Kopf herum«, gestand
Weitere Kostenlose Bücher