Grappa 07 - Killt Grappa
gegründet. Seine Mitglieder beten einen Dämonen namens Baphomet an, praktizieren Schwarze Messen mit rituellen sexuellen Ausschweifungen, die auch vor Kindern nicht halt machen. Die Verstümmelungen des Körpers des ermordeten Schönheitschirurgen deuten darauf hin, dass es sich um einen Racheakt der Gruppe handeln könnte. Nach Angaben des katholischen Sekten-Experten Pater Joseph handelt es sich bei dem Orden um eine sehr gefährliche Gruppe. Der Geistliche sinngemäß gegenüber unserer Zeitung: »Diese verirrten Menschen schrecken auch vor Mord nicht zurück.«
Die Kriminalpolizei hat eine neue Sonderkommission gegründet. Ergebnisse liegen hier allerdings noch nicht vor. Für die Behörde ist Eva Grid nach wie vor die einzige Verdächtige. Auch der Tod einer Patientin von Dr. Grid, die Augenzeugin des Mordes an Grid gewesen sein will, konnte noch nicht aufgeklärt werden. Loki D. wurde vor einigen Tagen von einem Unbekannten mit dem Auto überfahren, nachdem sie gegenüber unserer Zeitung die Haushälterin Else A. und den Therapeuten Jaap V. schwer belastet hatte.
Der Fotograf des Tageblattes, dem der Tod der Loki D. in die Schuhe geschoben werden sollte, ist wieder frei. Es konnten keine Beweise erbracht werden, dass er am Steuer des Wagens gesessen hat, durch den die Frau gestorben ist.
Nach dreißig Minuten speicherte ich den Text ab und sendete ihn in Jansens PC.
»Unter dem Kennwort ›Teufelsbock‹ kannst du mein Werk abrufen«, teilte ich ihm telefonisch mit. »Ich melde mich jetzt ab zum Hausputz, und morgen komme ich auch nicht. Ich brauche dringend einen freien Tag.«
»Meinetwegen«, willigte Jansen ein, »bist du für alle Fälle zu Hause erreichbar?«
»Aber nur in Notfällen.«
Auf dem Nachhauseweg stoppte ich vor einem Feinkostladen und kaufte ein. Heute Abend würde ich es mir gemütlich machen – mit schönem Essen und toller Musik.
Zu Hause angekommen, stöpselte ich zuerst das Telefon aus. Dann schlüpfte ich in bequeme Sachen, und los ging's. In der Küche schnitt ich eine Lauchstange klein, wusch und kochte sie. Dazu legte ich die Brandenburgischen Konzerte von Bach in den CD-Player.
Ich goss den Lauch ab, machte eine Mehlschwitze, füllte sie mit der Gemüsebrühe und Milch auf. Hierzu passte eine Telemannsche Tafelmusik .
Schließlich legte ich die Lauchstücke zurück in die Suppe, schraubte den Pürierstab an mein Rührgerät und zerkleinerte das Gemüse, bis es schäumte. Noch Salz und eine Prise Zucker dazu. Ein Klecks Crème fraîche – fertig!
Telemann war jetzt out. Zur Entenbrust passte die Bach-Kantate Weichet nur, betrübte Schatten .
Ich säuberte das Fleisch, tupfte es ab, salzte und pfefferte es. Eine kleine Zwiebel hacken. Die Brust auf der Oberseite stark und kurz anbraten, wenden, die Zwiebeln hinzugeben. Mit frisch ausgepresstem Orangensaft ablöschen und ein wenig fein abgeschälte Orangenschale hinzugeben. Deckel drauf. Bei kleiner Hitze eine halbe Stunde köcheln lassen.
Drum sucht auch Amor sein Vergnügen sang die Sopranistin in einem Rezitativ. Es war eine freudige Musik, in der es um Frühlingslüfte und ihre Auswirkungen auf Götter und Menschen ging.
Ich schnitt Weißbrot in Scheiben und toastete es. Dann wusch ich den Feldsalat und knackte die Walnüsse. Jetzt noch die Salatsoße, und es konnte bald losgehen. Walnussöl, Balsamessig, Zucker und Salz kräftig verrühren, über den Salat gießen und mit grob zerkleinerten Walnüssen bestreuen.
Ich deckte den Tisch, nahm mein bestes Geschirr und das Familiensilber. Zum Essen passte ein kühler trockener Rosé aus der Provence.
Anderthalb Stunden lang speiste ich. Der Salat war knackig, die Lauchsuppe zerging auf der Zunge, die Entenbrust schmeckte köstlich – ein wenig säuerlich durch den Orangensaft.
Für das Mahl wählte ich das erste Concerto grosso von Händel aus. Irgendwie war mir heute barock zumute. Kein Wunder bei den Kalorien, die ich eben verdrückt hatte. Etwas, das diesen Abend noch hätte schöner machen können, fehlte jedoch: Ein attraktives männliches Wesen, das sich nicht nur meinen ausgefuchsten Kochkünsten hingegeben hätte.
Um Mitternacht fiel ich ins Bett. Durch meine Träume tobten Ziegenböcke, die zu Barockmusik waghalsige Sprünge vollführten.
Armer Japaner
Nach dem Frühstück stöpselte ich das Telefon wieder ein und verließ sofort das Haus.
Als ich den Parkplatz erreichte, waren die vier Reifen meines Japaners zerstochen, die Seitenscheibe eingeschlagen.
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