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Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Titel: Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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bessere Zeiten gesehen, doch die durften etwa achtzig Jahre her sein. Ich strich mit den Fingern über die Jugendstilkacheln im Flur, die stilisierte Lilien vor einem See zeigten.
    »Hier ist es.«
    Wir öffneten. Verbrauchte Luft schlug uns entgegen. Mein Herz klopfte. Was würde uns hier erwarten? Hoffentlich nicht noch eine Leiche.
    In dem großen Zimmer standen zwei Betten, ein hässlicher Kleiderschrank lehnte an der hinteren Wand. Davor ein runder, niedriger Tisch. Unter dem Fenster erblickte ich ein niedriges Bord, auf dem sich ein Zweiplattenkocher und eine Kaffeemaschine tummelten. Das bisschen Geschirr daneben war sauber gespült. An der Wand hingen Aquarelle – Landschaften, Skizzen und Detailstudien. Lena konnte wirklich gut zeichnen.
    »Hier ist niemand«, stellte Brinkhoff fest. Ich atmete erleichtert durch, ging zum Fenster und öffnete es. Die Luft war muffig.
    Ich könnte für Leon ein paar Klamotten zum Wechseln mitnehmen, fiel mir ein. Er trug seit Tagen dieselbe Hose, ich hatte ihm eins meiner T-Shirts und ein paar Socken zum Wechseln gegeben. Abends wusch Leon seine Sachen, um sie morgens wieder anzuziehen.
    »Mal gucken, was hier drin ist«, sagte ich und öffnete die Kleiderschranktür. Viel Garderobe hatten die Geschwister nicht – ich entdeckte zwei billige Baumwollkleidchen, ein bisschen Unterwäsche, drei T-Shirts und anderen Plunder. Ich griff nach einer grauen Hose, die Leon gehören musste.
    »Schauen Sie!« Brinkhoff schien etwas entdeckt zu haben.
    Er hatte eine Bluse aus zartem Baumwollstoff in der Hand. Sie war eigentlich weiß, doch ein riesiger Blutfleck hatte die rechte Vorderseite verfärbt. Das Blut war dunkelbraun und trocken. Mir wurde übel.
    »Das Kleidungsstück lag unter dem Waschbecken. Jemand hat es dort hingeworfen.«
    »Kann das bedeuten, dass Lena ...« Ich wagte nicht, weiter zu fragen.
    »Der Fund zeigt zumindest, dass die Sache ernst ist. Ich werde die Bluse im Labor untersuchen lassen. Hier – das ist ein Loch im Gewebe. Sieht aus wie von einem Messer.«
    »Wie soll ich das Leon beibringen? Der dreht durch!«
    »Beruhigen Sie sich! Wir wissen doch gar nicht, ob die junge Frau tot ist. Ich werde sie sofort zur Fahndung ausschreiben. Vielleicht ist irgendwo eine verletzte Frau eingeliefert worden, oder es wurde eine unbekannte Leiche gefunden. Wir werden sie schon finden.«
    »Ihre Worte trösten mich nicht gerade«, sagte ich. »Auf jeden Fall haben Sie jetzt den Beweis, dass Leons Geschichte stimmt. Die Mörder sind auf der Suche nach ihm – und sie haben sich an der Schwester gerächt. Wie schrecklich!«
    »Sagen Sie dem Bruder noch nichts«, bat der Hauptkommissar. »Vielleicht ist alles ganz harmlos.«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«
    »Behaupten Sie einfach, wir hätten die junge Frau angetroffen. Es gehe ihr gut und so weiter.«
    »Und wenn er sie anruft?«, wandte ich ein.
    »Das kann er nicht.«
    »Wieso das?«
    »Sehen Sie hier irgendwo ein Telefon?«
    Brinkhoff hatte recht, es gab keins.
    »Kann ich mich auf Ihr Schweigen verlassen?«
    Ich antwortete nicht.
    »Wie Sie meinen, Frau Grappa!« Brinkhoff war sauer. »Wenn der Bruder durchdreht, könnte er der nächste sein, der ermordet wird. Wollen Sie das?«
    »Ich werde auf ihn aufpassen.«
    »Dann kann ja nichts schief gehen«, meinte Brinkhoff ironisch. »Lassen Sie uns jetzt gehen. Ich werde die Spurensicherung verständigen.«
    »Kann ich die Kleider mitnehmen? Sie gehören Leon.«
    »Warum nicht? Sie machen ja doch, was Sie wollen.«
    Schweigend gingen wir aus dem Zimmer und gelangten in den dunklen Flur. An der Wand lehnte eine kleine Mappe, die mit Leinenbändern geschlossen worden war. Ich klemmte sie unter den Arm – so, dass der Hauptkommissar es nicht sah.
    »Werden Sie dem Staatsanwalt berichten, dass Leon bei mir wohnt?«, fragte ich Brinkhoff, als wir vor dem Haus standen.
    »Das werde ich tun. Es sei denn, Sie verschweigen Leon, dass wir seine Schwester nicht angetroffen haben.«
    »Ich werd's mir überlegen«, versprach ich.
    »Dann ist ja alles in Ordnung«, brummte Brinkhoff zufrieden. »Auf Wiedersehen, Frau Grappa. Und passen Sie auf diesen Leon auf.«
    Ich verstaute die Kleider und die Zeichenmappe im Auto und startete Richtung Heimat. Als ich auf den Parkplatz vor meinem Haus fuhr, bemerkte ich, dass ich die Brötchen vergessen hatte. Egal. Mich beschäftigte die Frage, wie ich Leon beibringen sollte, dass seine Schwester vermutlich in die Hände der Mörder gefallen war. Ich

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