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Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Grappa 11 - Grappa und das große Rennen

Titel: Grappa 11 - Grappa und das große Rennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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inhaftierte Nazmi R. dürfte unschuldig sein. Die Staatsanwaltschaft muss sich fragen lassen, ob sie im Hinblick auf die Festnahme des 38-jährigen Bosniers wegen Mordes nicht zu leichtfertig gehandelt hat.
    Das langte fürs Erste. Mantheys Wollpullover erwähnte ich nicht, es war immer gut, noch einen Pfeil im Köcher zu haben.
    »Lass uns die Fotos auswählen«, sagte Jansen.
    Big Mäc legte uns eine kleine Sammlung vor.
    Wir entschieden uns für eine Totale der Autowerkstatt, im Hintergrund der Alfa Spider. Hinter der Scheibe war die Ledermaske vor dem Gesicht des Toten schemenhaft zu erkennen. Ein Foto, das wir unseren Lesern zum Frühstück durchaus zumuten konnten.
    »Hier – das ist auch gut«, sagte Jansen und reichte mir ein Bild. »Was hältst du davon?«
    Die Aufnahme zeigte die Oberstaatsanwältin, wie sie sich über die Leiche beugte, um sich den Zettel, der eingeklemmt in der Hand des Toten lag, anzusehen.
    »Klasse Ohren«, sagte Big Mäc anerkennend.
    Ich schaute genauer hin – und stockte. Da war etwas in Cora Cosels Ausschnitt. Es sah auf den ersten Blick aus wie ein Fehler auf dem Foto.
    »Hol mir das mal ein bisschen näher heran«, bat ich den Fotografen.
    »Stehst du jetzt auf Frauen, Grappa?«
    »Nun mach schon!«
    Big Mäc tippte mit seinem nikotingelben Finger auf dem Laptop herum. Es dauerte nur ein paar Sekunden – dann hatte er das Bild vergrößert und ich Klarheit.
    Oberstaatsanwältin Dr. Cora Cosel hatte eine Tätowierung zwischen den Brüsten. Es handelte sich um die Initialen A. L.

Privatsache
    Am nächsten Morgen ›überredete‹ ich die Oberstaatsanwältin, Nazmi Radic freizulassen. Ich brauchte nicht mehr viele Worte zu machen, nachdem ich beiläufig erwähnt hatte, ihr Tattoo schon einmal gesehen zu haben.
    Ich versicherte ihr, dass ich sexuelle Vorlieben für eine absolut private Sache hielt. Frau Dr. Cosel könne also davon ausgehen, dass ihre ungewöhnliche Art Cola light zu trinken nicht im Bierstädter Tageblatt thematisiert werden würde . Außerdem verbürgte ich mich dafür, dass Nazmi Radic nicht die Flucht ergreifen würde. Ein gewagtes Versprechen, das ich vielleicht nicht halten konnte.
    Ich beschloss, Frau Cosel ab jetzt genau zu beobachten, nachdem ich von ihrer Verbindung zu Lika wusste.
    Ich war auf dem Weg zum Gefängnis. Die Aussicht, Nazmi wieder zu sehen, versetzte mich in eine euphorische Stimmung.
    Das Gebäude lag in der Nähe des Amtsgerichtes mitten in der Bierstädter City. Während meiner Volontärszeit war ich hier häufig zu Besuch gewesen, um irgendwelche zutiefst menschliche Geschichten aufzutreiben, die unsere Leser zu Tränen rühren sollten, die aber am Ende eher mir Tränen ins Auge getrieben hatten.
    Meine Serie Schicksale hinter Gittern war damals ein großer Erfolg gewesen, der auch mein Privatleben zeitweise veränderte. Einige der Protagonisten meiner herzzerreißenden Storys wollten nach Verbüßung ihrer Strafen bei mir einziehen. Ich musste daraufhin die Wohnung wechseln.
    Das Tor öffnete sich, Nazmi stand unschlüssig da, schaute noch einmal zu dem Mann hin, der die Tür geöffnet hatte, sagte ein paar Worte.
    Er bemerkte mich, kam auf mich zu, bleicher als früher, mit einem dunklen Schatten im Gesicht – er hatte sich wohl ein paar Tage nicht rasiert. Dann stand er dicht vor mir, zog mich an sich und umklammerte mich mit beiden Armen, seinen Kopf an meinem Kopf, seine Wange an meiner, dann seine Lippen auf meinen.
    »Komm«, sagte ich zärtlich. »Ich habe den Rest des Tages freigenommen. Fahren wir zu dir oder zu mir?«
    Er entschied sich für meine Wohnung.

Wein – so rot
    Ein paar Stunden später dunkelte der Abend, wir hatten noch nicht ein Wort über den Fall gesprochen – so, als hätten wir alle Zeit dieser Welt.
    Wir lagen atemlos und erhitzt nebeneinander, waren erschöpft. Mein Kopf ruhte in seiner Halsbeuge, meine Augen waren halb geschlossen, Arme und Beine weit von mir gestreckt. Er hatte seine Nase in meinem Haar, murmelte bosnische Worte, von denen ich hoffte, dass sie mir galten.
    »Wie war das damals während des Krieges?«, fragte ich leise. »Im Sommer 1992. Du warst in Deutschland, wo war Lika?«
    »Er ist nach Sarajewo gegangen, um dort in einem Krankenhaus zu arbeiten.«
    »Wieso nach Sarajewo? Er ist doch Serbe!«
    »Bosnischer Serbe. Er hat nichts gegen uns Muslime. Er hat unsere Leute in einer Klinik behandelt – wahrscheinlich vielen Menschen das Leben gerettet. Außerdem wollte er ...«, Nazmi

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