Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
unzureichend bekleidet, überaus entspannt, die Haut durchblutet, die Psyche noch auf einer Achterbahnfahrt durch arkadische Landschaften.
»Komm rein«, sagte sie lächelnd. »Und wundere dich nicht.«
»Mich wundert sowieso nix mehr«, murmelte ich.
Und da stand er auch schon: ein Bild von einem Mann. Nur im Slip, die muskulösen, geraden Beine schimmerten im sanften Licht, das durch eine halb geschlossene Jalousie fiel, der Waschbrettbauch zeigte keine Anzeichen des Schwächelns und auf der Brust aus Stahl wuchs noch immer kein Härchen. Auch er hatte einen Blick voll jener süßen Mattigkeit, die nur ein soeben ausgeführter Koitus einem Mann verleihen kann.
»Hi, Baby«, sagte ich gerührt. »Ich wusste doch, dass es was wird mit euch beiden.«
»Oh, Grappa«, sagte Kosmo enthusiastisch. »Du bist die Beste! Ich hab schon gehört, wie du's der Bollhagen gegeben hast! Das werd ich dir nie vergessen!«
Nikoll trat neben ihn und konnte die Hände nicht von ihm lassen.
»Ist was passiert im Büro?«, fragte sie.
»Nein, nein«, beeilte ich mich zu antworten, »nichts Wichtiges. Ich erzähl's euch morgen. Viel Spaß noch.«
Ich drehte mich um.
»Danke, Grappa«, sagte Nikoll. »Du hast übrigens Recht gehabt. Die Vergangenheit ist nicht wichtig, nur das Jetzt und Heute zählt.«
»Ja. Ich freue mich für euch«, sagte ich. »Bis dann.«
Auf dem Weg zu meinem Auto dachte ich an Luisa Daniel, deren Vergangenheit sie bis heute nicht losgelassen hatte.
Mir fiel der Spruch wieder ein: Serva me, servabo te – rette mich, dann rette ich dich. Und wer sollte die retten, die nicht mehr zu retten waren?
Jansen hatte mir die üblichen hundert Zeilen freigehalten. Während der Fahrt zum Verlagshaus überlegte ich, wie ich die Sache angehen würde. Sollte ich alle neuen Informationen schon jetzt preisgeben? Andeuten, dass Luisa Daniel die Rächerin sein könnte?
Ich entschloss mich, nur die Fakten zu schildern und auf Spekulationen zu verzichten.
TODSÜNDENMORDE: SPUR DER KLEINEN LUISA FÜHRT IN EIN KINDERHEIM – tippte ich in den PC.
Das kleine Mädchen, das vor zwanzig Jahren die Flammennacht im Hause ihrer Eltern überlebte, müsste heute 28 Jahre alt sein. Luisa Daniel, damals acht Jahre, war von ihrem Bruder in Sicherheit gebracht worden, nachdem der Vater seine Frau erschossen, Feuer gelegt und sich selbst gerichtet hatte. Nach der Familientragödie hatte die Großmutter das Sorgerecht für das Mädchen beantragt, doch das Jugendamt widersprach aufgrund eines psychologischen Gutachtens der Arztes Dr. Hartmut Freudenreich. Dieser wurde kürzlich Opfer des Todsündenmörders – genauso wie Dr. jur. Botho Müller, der als Richter mitverantwortlich dafür war, dass die Betrüger, die Marius Daniel um sein Vermögen gebracht hatten, vor Gericht glimpflich davonkamen.
Luisa Daniel kann mit mir zufrieden sein, dachte ich, als ich den Artikel abgespeichert hatte. Langsam, aber sicher kamen die Todsünden an den Tag, derer sich die Opfer nach Meinung der Mörderin schuldig gemacht hatten.
Ich rief Jansen an und teilte ihm mit, dass der Artikel fertig sei und ich die Redaktion verlassen würde. Mir war nach Luft und Leichtigkeit.
Obwohl es kühl war, öffnete ich das Dach meines Cabrios und rollte Richtung Autobahn. Ich musste raus aus der Stadt.
Ein dunkelblauer Wagen folgte mir, er fiel mir auf, weil er dicht auffuhr und der Fahrer das Abblendlicht betätigte.
Schon wieder so einer, der Frauen am Steuer ärgern will, dachte ich grimmig. Der Verfolger hatte wesentlich mehr PS als ich unter der Motorhaube; ich beschloss aber, es ihm nicht leicht zu machen.
Innerhalb kurzer Zeit hatte ich mein Gefährt auf 160 Stundenkilometer hochgescheucht, rechnete damit, dass der Fahrer hinter mir triumphierend überholen würde, doch er blieb an meine Stoßstange geheftet.
Mein Fuß ging vom Gaspedal, bald fuhr ich nur noch 100. Nichts geschah. Der Dunkelblaue überholte nicht.
Langsam wurde mir mulmig. Du willst es wissen, Baby, dachte ich und steuerte einen Parkplatz an, der mir einigermaßen belebt erschien.
Immer noch blieb die Limousine an mir dran.
Ich stoppte, stieg sofort aus und wartete.
Der Wagen zog langsam an mir vorbei und jetzt konnte ich erkennen, wer am Steuer saß. Ich atmete erleichtert durch.
»Hallo, Frau Grappa«, begrüßte mich Mahler. »Ich habe Sie zufällig an mir vorbeifahren sehen und dachte mir, dass wir zusammen ein Glas Wein trinken könnten. Wie finden Sie diese
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