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Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Titel: Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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sagen, wenn ich ihr den Kaffee ganz langsam über den Kopf fließen lassen würde?
    Eine fast diabolische Freude stieg in mir auf. Aber nicht nur meine katholische Erziehung, sondern auch die Tatsache, dass ich das Parkett wieder säubern müsste, hielten mich zurück. Außerdem mochte ich sie ja gern – eigentlich.
    »Erzähl mir was über die Hausdurchsuchung«, lenkte ich mich ab.
    »Wiesengrundel ist verreist. Seit dem Tag nach dem Mord an Hunze und den Frauen. Niemand weiß, wohin. Seine Wohnung ist aufgeräumt, er hat einer Nachbarin seine Zimmerpflanzen anvertraut und ziemlich viel Geld vom Konto abgehoben.«
    »Das ist ja nicht sehr viel an Infos.« Ich war enttäuscht.
    »Ach ja! Wir haben da ein merkwürdiges Gedicht gefunden.« Kati stand auf und holte ihre Tasche aus dem Flur. »Ich hab den Zettel fotokopiert und mitgebracht. Vielleicht kannst du ja was damit anfangen. Hier!«
    Sie reichte mir das Papier. Ich las:
    Bald wirst Du gewiss erkennen,
    wie undankbar und treulos Du warst
    und welch Unrecht Du mir angetan hast mit Deinem Verrat.
    Und wenn mein Zorn nicht allzuviel Liebe weicht,
    werde ich Dir mit diesen meinen Händen
    das lebende Herz aus der Brust reißen ...
    Jetzt sehe ich mein Bett vor mir,
    auf dem ich Dich in meinem Leib empfing
    und das noch die Spuren unserer Körper,
    Brust an Brust liegend, trägt.
    Ohne Dich macht es mir keine Freude,
    dort zu schlafen,
    Tag und Nacht vergieße ich Tränen,
    so daß ich durch mein Weinen
    in einen Strom verwandelt werde.
    Das Gedicht war vermutlich mit einem PC geschrieben worden, der Zettel trug keine Unterschrift und auch sonst keinen Hinweis auf die Urheberschaft der Verse.
    »Klingt wie die Klage eines verschmähten Liebhabers«, murmelte ich. »Oder – nein! Kein Mann! Es muss eine Frau sein, die das verfasst hat.«
    »Stimmt. Die Sprache ist merkwürdig. Sie klingt so altertümlich.«
    »Und so wehmütig. Aber das Bild ist schön: Obwohl er sie verraten hat, liebt sie ihn noch immer. Dieses Bild erinnert mich an das Gedicht von der Verklärten Nacht. «
    Kati verstand nicht, was ich meinte.
    »Hör zu! Hier steht: Jetzt sehe ich mein Bett vor mir, auf dem ich Dich in meinem Leib empfing ..., und in dem Gedicht von Dehmel, das Wiesengrundel als Thema seines Venezianischen Zyklus genommen hat, heißt es: Da ließ ich schaudernd mein Geschlecht von einem fremden Mann umfangen ... Beide Texte ähneln sich!«
    »Meinst du, dass das eine Bedeutung hat? Solche Gedichte gib es doch tausendfach.«
    »Stimmt.«
    »Ist wohl nur Zufall – der Mann ist schließlich Musiker. Vielleicht ein Lied oder so was«, sagte Kati. »Bringst du mir noch eine Tasse Kaffee?«
    »Hol dir deinen Kaffee gefälligst selbst!«, blaffte ich plötzlich aus vollem Herzen. »Ich bin nicht dein Laufbursche!«

Schönheitsbad in Mandelmilch
    Bald wirst Du gewiss erkennen, / wie undankbar und treulos Du warst / und welch Unrecht Du mir angetan hast mit Deinem Verrat.
    Eine Suchmaschine im Internet spuckte den Namen der Verfasserin dieses Textes aus: Sie hieß Veronica Franco, lebte von 1546 bis 1591, war die letzte große Kurtisane Italiens gewesen und hatte in Venedig gewohnt!
    Schon wieder Venedig! War es Zufall oder nur mein Wunsch, dass alle Spuren in diese Stadt zu führen schienen? Ich rief in der Redaktion an und meldete mich für den Morgen ab. Ich brauchte Ruhe und die hatte ich im Büro nicht. Ich wollte ungestört ein paar Recherchen machen – zum Beispiel über die Frau, die ihren Lebensunterhalt vor fünfhundert Jahren damit verdient hatte, mit Männern zu schlafen.
    Schnell wurde mir klar, dass Veronica mit Puppa und Rosi Ischenko, die ja dem gleichen Gewerbe nachgegangen waren, wohl kaum etwas gemein hatte. Die Zwillinge hatten solche Typen wie Hunze und Krawottki als Gönner gehabt, das hatte im Venedig der 16. Jahrhunderts anders ausgesehen.
    Veronica Franco war gebildet und teuer, die Kurtisanen waren früher in den höheren Ständen sehr geachtet und beliebt gewesen. Natürlich hatte es auch die Hure für den weniger hohen Herrn gegeben, und der war es nicht gut gegangen – besonders im Alter.
    Ein venezianischer Dirnenkatalog aus dem Jahre 1570 zählte 215 Kurtisanen auf, Veronica Franco war als Nummer 204 aufgeführt. In diesem Nachschlagewerk hatte jeder Besucher Venedigs seine Auswahl treffen können. Nichts hat sich geändert seitdem, dachte ich, auch heute gibt es Kataloge mit Huren, nicht nur im Internet, und die Kleinanzeigen unter Vermischte s in den

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