Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig
und wurde deshalb gezwungen, die Ermittlungen abzugeben. In einem Gespräch mit unserer Zeitung behauptete Rabatt, Opfer einer Lüge geworden zu sein. Sein Besuch in Venedig gelte allein seiner Rehabilitierung.
Ich speicherte den Artikel auf eine Diskette, duschte mich, zog mich an und ging in den Frühstücksraum. Seit acht Uhr stand hier Kaffee bereit und ich brauchte dringend eine Tasse.
Mit dem Becher in der Hand ging ich zur Rezeption. Dort gab es einen Internetzugang und ich überzeugte den Mann, mich mal an das Gerät zu lassen. Dann sendete ich den Text an Peter Jansen.
Kati schlief wohl noch, denn der Frühstücksraum war immer noch leer. Ich nahm das Übliche vom Buffet, der Orangensaft war übersüßt, die Croissants ließen sich biegen und es gab Butter und zwei Sorten Marmelade – abgefüllt in jenen kleinen Behältern, die das Müllproblem entscheidend verschärften.
Missmutig kaute ich an dem Croissant herum, hatte Visionen von knackigen Körnerbrötchen mit frischem Ricotta – da klingelte das Handy.
Jansen, dachte ich, er hat wohl meinen Artikel bekommen. Er kam manchmal früh in die Redaktion, um bis zur Konferenz alle wichtigen Zeitungen gelesen zu haben.
Doch ich irrte. Die dunkle Stimme von Michelangelo Baci drang an mein Ohr: »Madonna?«
»Ja«, piepste ich.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte er.
»Es geht so«, blieb ich bei der Wahrheit. »Ich habe gerade einen Artikel nach Hause geschickt. Immerhin bin ich ja zum Arbeiten hier und nicht zum Spaß.«
»Man kann doch beides miteinander verbinden. Was haben Sie heute vor?«
»Ich suche nach dem Mörder«, antwortete ich. »Und heute Abend gehe ich ins Konzert.«
»Also doch ein bisschen Unterhaltung?«
»Mal sehen.«
»Und was wird gespielt? Vivaldi?«
»Nein, zum Glück nicht«, sagte ich. »Monteverdi. Madrigali erotici e spirituali. «
» Que bello! Eine sehr schöne Musik. Mögen Sie Monteverdi?«
»Weiß noch nicht. Ich bin zu dem Konzert eingeladen worden«, antwortete ich.
»Ja, in unserer Stadt schließt man schnell Freundschaften.«
»Nein, so ist es nicht.« Ich überlegte, wie ich es formulieren sollte, und entschied mich für die Wahrheit.
»Gestern Abend gab eine Frau einen Zettel für mich im Hotel ab«, erklärte ich. »Es ist wie eine Einladung zu dem Konzert heute Abend in der Frari-Kirche.«
»Wer steckt dahinter?«
»Wenn ich das wüsste! Eigentlich weiß ja niemand, in welchem Hotel ich abgestiegen bin. Ich glaube aber, dass das Ganze mit den Morden zu tun hat. In der Programmankündigung ist nämlich ein Name markiert. Veronica Franco.«
»Sie war eine Kurtisane ...«
»... und eine Dichterin. Und sie ist seit fünfhundert Jahren tot. Und die Mezzosopranistin, die heute Abend auftritt, trägt denselben Namen.«
»Das ist in Italien nichts Besonderes«, wandte Baci ein. »Viele Frauen heißen und hießen so.«
»Bei einem der Bierstädter Opfer wurde ein Gedicht der Franco gefunden. Das ist mehr als ein Zufall. Ich habe Sie übrigens gestern versucht anzurufen, um Ihnen von dem Konzert zu erzählen.«
»Oh, Madonna! Das tut mir Leid! Ich war in meiner Küche und habe an einer neuen Kreation experimentiert. Dann höre ich das Handy nicht.«
»Es ging aber jemand dran. Eine Frau.«
»Barbara.«
»Kann sein. Ich habe den Namen nicht verstanden. Ihre liebe Gattin?« Ich sprach das Wort ›Gattin‹ aus, als hätte ich eine Kröte im Hals.
Baci lachte. »Barbara ist meine Schwester. Sie ist Witwe und führt mein Haus.«
Sollte ich ihm glauben? Meine Laune besserte sich jedenfalls.
»Vielleicht könnten Sie ja heute Abend mitkommen ins Konzert?«, fragte ich. »Der Hinweis muss etwas zu bedeuten haben. Vielleicht taucht Wiesengrundel auf. Sie könnten mir helfen, ihn zu identifizieren, denn ich habe ihn niemals persönlich gesehen.«
»Ich bin Ihnen gerne behilflich, Madonna.«
»Also sehen wir uns heute Abend?« In meinem Magen grummelte es. »Es würde mich endlich ein bisschen weiterbringen.«
»Aber mit Vergnügen«, meinte er. »Und anschließend würde ich gern mit Ihnen noch ein paar Augenblicke verbringen und den Abend mit einem schönen Essen ausklingen lassen – falls Ihre strenge Berufsauffassung das erlaubt.«
»Ich werde die Ethik-Vorschriften im bürgerlichen Journalismus auf dieses Problem hin abklopfen«, versprach ich. »Aber ich bin da recht optimistisch.«
»Dann kommen Sie doch schon um sieben Uhr, bitte. Dann zeige ich Ihnen noch die Kunstschätze dieser schönen
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