Grappa 17 - Grappa und die Nackenbeisser
Böse Zungen nennen diesen Zustand Alzheimer.«
»Aber, gnädige Frau, davon sind Sie doch noch weit entfernt!«, widersprach Rütli höflich.
Alle Zahlen addieren und herauskommt immer die Zahl 34, rekapitulierte ich.
»Also – ich versuch's noch mal«, kündigte ich an. »Dreizehn, elf, sechs, vier und ... die drei und die vier.«
»Na also«, strahlte Rütli. »Gnädige Frau müssen sich noch keine Sorgen um den Kopf machen.«
Er verschwand in einem Raum und kehrte mit dem Schlüssel zurück. »Wollen wir?«
Dynamit im Schrank
Rütli ließ mich allein, nachdem wir mit beiden Schlüsseln das Fach geöffnet hatten. Der Raum, in dem ich mich befand, wirkte wie ein Grab – überall die Kästen mit den Doppelschlössern. Darin lagerten Millionenwerte. Schwarzgeld, Schmuck, belastende Unterlagen und brisante Geheimnisse, alles verstaut in einem atomwaffensicheren Bunker.
Hier gab es keine Kameras, zumindest keine sichtbaren. Im Raum stand ein einfacher Tisch mit zwei Stühlen.
Die Tür des Schließfaches war geöffnet, aber noch angelehnt. Die Anspannung der letzten Minuten ließ nach und ich fand endlich den Mut, hineinzuschauen. Nein, da waren keine Geldbündel, kein Schmuckkasten, nichts Wertvolles – nur Papiere in einem Hefter lagen in dem Fach.
Sollte ich die Akte herausnehmen und wieder verschwinden? Nein, dachte ich, nirgendwo bist du sicherer als in dieser Bank. Rütli hatte mir gesagt, dass ich mir Zeit lassen konnte und klingeln sollte, wenn ich fertig sei.
Ich setzte mich an den Tisch, öffnete die Akte und begann zu lesen.
Der Inhalt war Dynamit! Lilo von Berghofen hatte die kompletten Beweise für einen schwunghaften illegalen Organhandel zusammengetragen. Eine entscheidende Rolle spielte dabei Mike Schotts Bierstädter Firma – dort liefen die Fäden zusammen, dort wurde das Geld gewaschen und auf Konten in aller Herren Länder weiterverteilt. Auf den ersten Blick hatte die Organhandelmafia weltweit Helfer und Helfershelfer – wobei die Menschen in den armen Ländern die Organe zu liefern hatten, die dann von den Kliniken im Westen in die Körper reicher Empfänger hineinoperiert wurden.
Wie mochte sich die Autorin die brisanten Schriftstücke beschafft haben? Diese Frage war jetzt nicht zu klären. Schweißperlen standen mir auf der Stirn, die Luft in der ›Grabkammer‹ schien immer knapper zu werden, obwohl es eine Klimaanlage gab.
Was sollte ich tun? Schließlich fotografierte ich die einzelnen Seiten mit meiner kleinen Digi und legte die Papiere zurück ins Fach. Schon wollte ich nach Rütli klingeln, da fiel mir noch etwas ein. Schnell öffnete ich die Kamera, zog die Speicherkarte heraus, riss ein Stück von einem Tempotaschentuch ab und wickelte den Chip darin ein. Das winzige Päckchen steckte ich mir in den BH.
Fünf Minuten später befreite mich Rütli aus dem Raum.
»Alles zu Ihrer Zufriedenheit?«, fragte er höflich.
»Natürlich. Ihre Bank ist sehr diskret und kundenfreundlich«, sülzte ich.
»Möchten Sie noch eine Abbuchung vornehmen?«
»Nein«, antwortete ich. »Ich möchte nur den aktuellen Kontostand einsehen.«
»Sehr wohl.«
Wir gingen in einen anderen Raum und Rütli setzte sich vor einen Computer.
»Das ist erstaunlich«, murmelte er. »Auf dem Konto sind nur noch zwei Euro.«
»Zwei Euro oder zwei Millionen?«, fragte ich verdutzt.
»Vor einer Woche ist eine Abhebung vorgenommen worden«, erklärte Rütli.
»Von wem?«
»Das weiß ich nicht.«
»Hat sich derjenige nicht ausgewiesen?«
»Doch, bestimmt. Aber wir notieren die Namen nicht. Die Konten sind anonym. Es reicht, wenn derjenige die Nummer weiß. Stimmt etwas nicht?«
»Welcher Ihrer Kollegen hat den Kunden oder die Kundin betreut?«
»Das kann ich nicht erkennen.«
»Lieber Herr Rütli! Irgendjemand hat mein Konto geplündert und Sie wollen mir nicht sagen, wer es war?«
»Ich weiß es nicht.«
»Dann fragen Sie Ihre Kollegen, verdammt noch mal!« Ich gebärdete mich so, als ginge es wirklich um mein eigenes Geld. »Vielleicht weiß es der Herr Hofer? Der betreut mich doch sonst immer. Rufen Sie ihn an!«
»Wie gesagt, er ist bei einem Kunden.«
»Hat Ihr Kollege kein Handy?«
»Moment.« Rütlis Gesicht hatte eine gesunde Farbe angenommen.
»Nun machen Sie schon«, befahl ich. »Oder soll ich die Polizei anrufen?«
Rütli tippte eine Nummer in sein Telefon.
Hofer meldete sich und Rütli schilderte ihm den Fall. Leider auf Schwyzerdütsch – ich verstand so gut wie
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