Grappa und die Toten vom See
werden.«
Mir wurde kalt ums Herz. »Was ist passiert?«
»Ein Überfall in ihrem Haus. Mehr weiß ich nicht.«
»Ich fahre hin.«
»Das hat keinen Sinn«, meinte Wayne. »Sie wird im OP sein. Ruf lieber später bei den Bullen an.«
Trotzdem fuhr ich zur Unfallklinik. Frau Schmitz lag schon auf der Intensivstation. Ich gab mich als Verwandte aus und durfte einen Moment in ihr Zimmer.
Ein Bild des Jammers, das mich wütend machte. So hatte ich die Bäckerin noch nie gesehen. Ihr Kopf war verbunden und sie hing am Tropf. Eingefallene Wangen, grünliche Gesichtsfarbe. Die Augen fest geschlossen, die Lippen aufgesprungen. Beim Atmen ertönte ein rasselndes Geräusch. Ich nahm ihre Hand und streichelte sie.
»Was machst du bloß für Sachen, Frau Schmitz?«, fragte ich halblaut.
»Sie kann Sie nicht hören«, sagte die Krankenschwester. »Wir haben ihr ein Schmerzmittel gegeben. Sie schläft tief.«
»Wann wird sie aufwachen?«
»Da müssen Sie den Arzt fragen. Ich bringe Sie zu ihm.«
Ich drückte Frau Schmitz die Hand, verließ das Krankenzimmer und folgte der Schwester zum Arztzimmer.
»Sie ist geschlagen worden«, erläuterte der Mediziner. »Vermutlich mit einem Baseballschläger. Leider vor allem auf den Kopf. Innere Organe sind zum Glück nicht verletzt.«
»Werden Schäden zurückbleiben?«, fragte ich.
»Ihre Konstitution ist gut. Sie braucht jetzt viel Ruhe. Dann sehen wir weiter.«
»Können Sie mir Bescheid geben, wenn sie ansprechbar ist?«
Der Arzt nickte. »Hinterlassen Sie Ihre Telefonnummer bei der Schwester.«
Im Auto verdrückte ich einige Tränen. Wie roh muss man sein, eine hilflose alte Frau derart zusammenzuschlagen?
Das werden die Typen büßen, dachte ich wütend. Mir fiel die Webcam ein, die Pöppelbaum und ich im Küchenfenster von Frau Schmitz installiert hatten. Vielleicht gab es Bilder von den Angreifern.
Ich rief Kleist an. Er war über den Angriff auf Frau Schmitz bereits informiert.
»Ein Prospektverteiler hat sie hinter ihrer Haustür stöhnen gehört«, berichtete er. »Er rief die Polizei und die brach die Tür auf. Sie lag im Flur. Auf der Wand stand der Spruch: Hau ab, Sozi-Schlampe! «
Ich erzählte ihm von der Webcam.
»Wo ist der Rechner?«
»Im Wohnzimmer von Frau Schmitz. Ich hab einen Schlüssel zu dem Haus. Ich fahre noch schnell in die Redaktion und schaue, ob es da was Dringendes gibt. Dann sehe ich gleich nach. Ich rufe dich an.«
Der Fußballer und das Wäschemodel
Der Pförtner im Verlagshaus wünschte mir einen »guten Morgen« und einen »schönen Tag«. Dieser gut gemeinte Wunsch kam mir heute früh schal vor. Nicht nur, weil ich ständig an Frau Schmitz denken musste. Schließlich war Feiertag. Aber auch am Tag der Deutschen Einheit ging das Nachrichtengeschäft weiter.
Ich machte einen Umweg über die Teeküche und kochte Kaffee. Mit dem Becher in der Hand begab ich mich ins Großraumbüro. Dort herrschte gähnende Leere. Bis Pöppelbaum erschien.
»Wie geht es der Bäckerin?«, fragte er.
Ich gab ihm einen Kurzbericht. »Vielleicht hat die Webcam die Täter aufgenommen. Kommst du mit zu ihrem Haus?«
»Abmarsch, Grappa!«
Wenig später sahen wir es:
Drei Männer. Der mittlere hat einen Baseballschläger in der Hand, mit dem er Schlagbewegungen macht. Die Gesichter sind nicht zu erkennen. Sie tragen Skimützen, Sonnenbrillen und sind komplett schwarz gekleidet.
Sie schlendern über die Straße, tänzeln fast. Dann verschwinden sie aus dem Bild.
»Das reicht nicht für eine Fahndung«, sagte ich enttäuscht.
»Immerhin kann man ahnen, dass sie zu Frau Schmitz unterwegs sind«, stellte Wayne fest. »Der Film zeigt sie aus einer ungünstigen Perspektive. Aber die Uhrzeit stimmt.« Er deutete auf die eingeblendete Zeitangabe.
»Wir stellen den Film online auf die Startseite des Tageblatts «, entschied ich. »Diese Typen sollen wissen, dass sie beobachtet wurden.«
»Der Kleidung nach können sie zu den Autonomen Nationaliste n gehören«, sagte Pöppelbaum.
»Meinetwegen können sie auch vom Mars kommen. Wer meiner Frau Schmitz was tut, kriegt es mit mir zu tun«, erwiderte ich grimmig.
»Die werden bestimmt vor Angst schlottern«, grinste Wayne. »Diese Burschen sind hart drauf. Mach bloß keine Alleingänge, Grappa-Baby!«
Ich zog den File auf einen Stick und wir kehrten in die Redaktion zurück. Von dort aus rief ich den Hauptkommissar an.
Kleist wollte den Film selbst sehen. Ich schickte ihm die Datei per Mail und wartete am
Weitere Kostenlose Bücher