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Graue Schatten

Graue Schatten

Titel: Graue Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Nimtsch
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hatte. Strobe fragte ihn, ob er kurz Zeit habe.
    Bodo Stiller fing nun gleich von sich aus an, wortreich zu den Vorkommnissen Stellung zu nehmen. Er redete über Kevin, die verstorbenen Bewohner und natürlich über das gute Arbeitsklima im Sonnenweiß-Stift. Strobe erfuhr nichts Neues und stellte deshalb die Fragen, die ihm noch auf den Nägeln brannten. Er notierte sich die Bewohner, die, Bodo Stillers Ansicht nach, noch in der Lage waren, Beobachtungen zu machen und diese mehr als ein paar Stunden zu behalten. Der Pfleger, der schon seit fünfzehn Jahren im Heim war und auf allen Stationen gearbeitet hatte, kannte die Bewohner des ganzen Hauses. Als er in Gedanken alle durchgegangen war, standen immerhin zwölf Namen und von einigen auch die Zimmernummer in Strobes Notizbuch. Zwölf von hundertdreißig, besser als nichts, dachte Strobe.
    Danach nannte der Hauptkommissar dem Pfleger noch einige der Punkte, die er am Morgen schon Schell aufgezählt hatte: auffällige Mitarbeiter, Mobbingopfer, Außenseiter, verdächtige Bemerkungen von Pflegerinnen und Pflegern. War dem Altenpfleger so etwas aufgefallen?
    Natürlich nicht. Auch nachdem Strobe darauf hingewiesen hatte, dass es um Mord gehe, und sich jeder strafbar mache, der wichtige Informationen zurückhalte, blieb Bodo Stiller bei seiner Aussage.
    Strobe erklärte nun, dass er mit Frau Else Schmidt sprechen wolle. Auch sie stand auf der Liste der Nichtdementen. Trotzdem fragte er, wie gut ihr Erinnerungsvermögen sei. Stiller meinte, sie habe immerhin auch schon die achtzig überschritten. Aber für ihr Alter sei sie noch geistig rege und sie erinnere sich an vieles, was um sie herum passiere. Aber bitte, dass im Haus ein Mord passiert und ein Pfleger festgenommen worden sei, wollte man vor den Bewohnern, die das noch verstanden, geheim halten, so lange es ging.
    Kein Problem für Strobe. Er verriet, dass er sich schon einmal als Mitarbeiter des MDK ausgegeben und sich das bewährt habe. Dann wollte der Hauptkommissar noch wissen, ob Linde auch bei Frau Schmidt beliebt sei. Ja, sehr sogar, meinte Bodo Stiller. Noch ein Grund für Strobe, seine Identität nicht preiszugeben und der alten Frau auf keinem Fall von dem Mord zu erzählen. Er wollte eine neutrale Aussage.
    Stiller sagte, Frau Schmidt sei gerade vom Mittagessen zurück. Strobe bedankte sich und fragte, ob er kurz den aktuellen Dienstplan vom November mitnehmen könnte. Schulterzuckend gab Stiller ihm das Blatt. Dann fiel Strobe noch ein, zu fragen, wie oft der Giftschrank abgewischt wurde. Eher selten, meinte Bodo. Sehr gut, konstatierte Strobe. Es werde dann eine Mitarbeiterin der Kriminaltechnik herkommen und den Schrank außen und innen auf Fingerabdrücke untersuchen, teilte er dem Pfleger mit. Es könne sein, dass ein Unbefugter an dem Schrank war.
    Dann ging Strobe den Gang nach vorn.
    Er klopfte. Keine Antwort. Nach dem zweiten Klopfen hörte er ein verwundert klingendes „Ja?“
    Frau Schmidt saß in einem Ohrensessel am Fenster, die Füße auf einem gepolsterten Hocker. Freundlich stellte sich der Hauptkommissar wieder als Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen vor. Er solle im Auftrag der Pflegekasse Qualitätsprüfungen in Pflegeheimen durchführen. Und dazu müsse er auch Bewohner befragen, ob sie mit Personal und sonstigen Leistungen zufrieden seien.
    Sie schien ihm das abzukaufen, sie meinte, sie sei sehr, sehr zufrieden. Die Schwestern seien ganz arg nett und die Brüder auch. Und ebenso die Frau Schleyer, mit der sie zwei Mal in der Woche Gymnastik mache. Und das Essen sei auch sehr gut. Man würde sie jeden Tag nach unten in den Speisesaal fahren, weil sie sich dort noch mit den anderen am Tisch unterhalten könne.
    Als sie Luft holte, fragte Strobe, ob es bestimmte Pfleger gebe, die besonders freundlich seien.
    „Alle sind sehr, sehr nett“, antwortete die offensichtlich wunschlos glückliche Dame im Sessel.
    „Wie oft wird der Schwesternnotruf so in etwa jeden Tag betätigt?“, tastete sich Strobe heran.
    „Ja, schon oft. Die müssen ganz schön flitzen, kein Wunder, dass die meisten so schmächtig sind.“
    „Aha.“
    Strobe erzählte nun etwas von einer Statistik, die sie sehr gewissenhaft erstellen müssten, und sie solle doch bitte versuchen, sich ganz genau zu erinnern.
    „Sie wollen es aber schon genau wissen, gell?“, stellte sie nun fest.
    Es ginge bei seiner Umfrage auch um die leistungsgerechte Vergütung der schweren Arbeit der Mitarbeiter, redete

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