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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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tatsächlich zu einem Mord fähig war.
    »Es soll dir gut gehen, Terry. Bitte«, flüsterte Liz.

49. Kapitel
    Vor dem Wohnwagen würgte Byron den Motor ab, ging auf die Tür zu und brach das Schloss auf.
    Rebekkah warf ihm einen überraschten Blick zu. »Darf ich dich fragen, wo du das gelernt hast?«
    »Mein Vater hat es mir beigebracht.« Vor Jahren hatte Byron geglaubt, diese ungewöhnlichen Unterweisungen seien ein Zeichen für Williams Lässigkeit, der Beweis, wie großartig ein Vater war, der älter war als die Väter der anderen Kinder. Wenn seine Phantasie übersprudelte, hatte er sich sogar vorgestellt, sein Vater führe ein Doppelleben, denn das Aufbrechen von Schlössern, das Kurzschließen von Autos und der gekonnte Umgang mit Handfeuerwaffen schienen eine ausgezeichnete Voraussetzung für eine kriminelle Karriere zu sein. Byron lächelte, als er sich daran erinnerte, wie er sich William als Comic-Bösewicht vorgestellt hatte, der seinen Sohn in seinem ruchlosen Gewerbe ausbildete. Auf die Wahrheit wäre er nie gekommen. Doch inzwischen betrachtete Byron diese Hobbys als das, was sie gewesen waren: Vorbereitungen auf das Leben, das er von nun an führen würde, auf einen Beruf mit Familientradition.
    Das Schloss gab nach, und er drehte den Türknauf. Zusammen mit Rebekkah betrat er den blutverschmierten Wohnwagen.
    Das tote Mädchen saß an dem Ende des Sofas, auf dem sie die Leiche ihrer Mutter gefunden hatten. Die blutbefleckten Sitzkissen waren umgedreht worden, und eine Decke lag über der Seite, auf der Daisha saß und wo sie die Füße auf den Couchtisch gelegt hatte.
    Sie ließ das wasserfleckige Taschenbuch sinken, in dem sie gelesen hatte, und sah die beiden an. »Sie hätten anklopfen können.«
    »Du hast gewusst, dass wir kommen«, sagte Byron.
    »Sie sind nicht gerade leise, Undertaker.« Daisha knickte ein Eselsohr in eine Seite, klappte das Buch zu und legte es beiseite.
    Rebekkah trat weiter in den Raum hinein. Sie setzte sich nicht, aber sie kam Daisha so nahe, dass das tote Mädchen sie ohne viel Mühe hätte packen können.
    »Troy ist fort. Wir haben ihn an den Ort geführt, an den er gehen musste«, erklärte Rebekkah.
    »Danke.« Daisha griff wieder nach dem Buch.
    Eine Mischung aus Stress und Erschöpfung trieb Byron an seine Grenzen. »Daisha!«
    Das Buch fiel herunter, und Daisha setzte mit einem dumpfen Knall die Füße auf den Boden und beugte sich nach vorn. Die Illusion eines normalen, wenn auch ein wenig seltsamen Teenagers zerstob. Sie senkte die Stimme zu einem nichtmenschlichen, krächzenden Laut. »Schreien Sie mich nicht an!« Sie starrte Byron unverwandt an. »Troy war noch nicht richtig wach. Er hatte nicht genug und nicht von den richtigen Leuten gegessen. Ich schon.«
    Rebekkah zuckte zusammen. »Von den richtigen …«
    »Gail. Paul. Das hat einen Riesenunterschied gemacht.« Daisha wedelte mit den Armen. »Sie haben mit mir geredet. Sie haben mir zu essen und zu trinken gegeben – alles, was ich brauchte. Inzwischen bin ich wieder ganz ich selbst … nur eben anders .«
    Schweigend trat Rebekkah näher an Daisha heran und setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Sofa stand. »Wir sind nicht gekommen, um mit dir zu streiten … oder dich einzufangen.«
    Die Anspannung im Raum ließ nach. Daisha riss den Blick von Byron los und sah Rebekkah an. »Was wollen Sie dann?«
    Rebekkah lächelte ihr zu. »Ich muss Cissy finden … die Frau, die dich getötet hat.«
    »Troy hat mich umgebracht.«
    »Weil sie ihn dazu gezwungen hat«, gab Rebekkah begütigend zurück. »Ich muss Cissy finden. Ich hatte gehofft, du könntest mich zu ihr führen, an den Ort, wo sie euch festgehalten hat.« Sie sprach ganz ruhig mit Daisha, genau wie sie mit Troy geredet hatte, als hätten die beiden keine abscheulichen Taten begangen. »Ich kann dich und andere Tote finden. Jedenfalls will ich versuchen, sie zu spüren, falls es noch andere gibt …«
    »Es sind noch mehr«, unterbrach Daisha sie. Unvermittelt stand sie auf und ging in die Küche. Dort riss sie eine Schublade auf, kippte den Inhalt auf die Arbeitsplatte und durchwühlte die ineinander verhakten Gegenstände, die herausfielen. Während sie suchte, rutschten Schlüssel, Bleistifte und Papiere zu Boden und blieben in dem geronnenen Blut kleben. Immer mehr Gegenstände warf sie hinunter, bis sie das Gesuchte fand: eine Landkarte.
    Mit entsetzter Faszination beobachtete Byron, wie das tote Mädchen in das Blut trat und es

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