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Gray Kiss (German Edition)

Gray Kiss (German Edition)

Titel: Gray Kiss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Rowen
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nickte. „Wahrscheinlich wäre es anders für Engel, die vorher ein Mensch waren, denn sie kennen das alles ja schon. Aber ich …“ Sie wurde rot. „Ich muss mich auf meine Aufgabe konzentrieren. Es ist wichtig, dass ich mich nicht ablenken lasse. Aber … das ist eine Herausforderung. Vor allem, wenn ich in seiner Nähe bin.“
    In seiner Nähe.
    Ich umklammerte meine Kaffeetasse. Durch die Keramik verbrannte ich mir an der heißen Flüssigkeit die Fingerspitzen, doch ich ließ nicht los. „Ich verstehe nicht.“
    Ich war mir nicht sicher, ob ich verstehen wollte, dass sie Bishop meinte. Die Eifersucht ließ sich wieder blicken und starrte mit säuerlicher Miene in die Gegend.
    Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Vergiss es. Es ist nichts.“
    Wollte sie andeuten, dass sie dabei war, sich in Bishop zu verlieben? Dass sie, wenn sie in seiner Nähe war, so … verwirrt war?
    Mein Stuhl quietschte, als ich ihn beim Aufstehen nach hinten schob. „Ich muss jetzt in die Schule.“
    Cassandra schaute mich entgeistert an. „Hältst du das für klug? In der Schule wimmelt es von menschlichen Seelen. Das könnte gefährlich sein.“
    „Ja, aber wenn ich nicht hingehe, falle ich durch die Abschlussprüfungen. Du hast deine Ziele, ich meine. Und diese Ziele unterscheiden sich.“
    Ich wusste nicht, was Cassandras melancholischer Anfall zu bedeuten hatte, aber ich wusste, dass er etwas mit Bishop zu tun hatte.
    In meinem Magen bildete sich ein Knoten, der bestimmt aussah wie zwei verliebte Engel.
    Die McCarthy High war nur ein paar Straßenblocks entfernt von unserem Haus. Das große Schulgelände wurde von großen Bäumen umgeben und verfügte über riesige Rasenflächen, doch um diese Jahreszeit lag das Laub auf der Wiese und das Gras war nicht mehr so grün wie noch vor vier Wochen, als das Schuljahr begonnen hatte. Gewundene Pfade führten zum Fußballplatz und zum Parkplatz. Ich war jetzt im vierten Jahr auf dieser Highschool. Oberstufe. Ein alter Hase. Ich kannte das Schulgelände wie meine Westentasche. Daher bemerkte ich auch, dass etwas anders war, auch wenn ich einen Moment brauchte, ehe ich wusste, was es war. Ein Schauer durchlief mich.
    Die Schulfahne wehte auf Halbmast.
    Julies Selbstmord hatte die Runde gemacht.
    Ich versuchte, mich zusammenzureißen, und schritt durch die vollen Flure zu meinem Spind. Natürlich war Julie Gesprächsthema Nummer eins. Die meisten Schüler waren geschockt, überwältigt, betroffen. Die, die sie gekannt hatten, und mit ihr befreundet gewesen waren, weinten und trösteten einander. Aber ich hörte auch den einen oder anderen gehässigen Kommentar. Zwei Mädchen unterhielten sich zum Beispiel darüber, dass „manche Schlampen eben den Tod verdienen“.
    Ich warf ihnen einen vernichtenden Blick zu, den sie aber gar nicht wahrnahmen.
    Dann stieß ich mit einem Jungen aus meinem Geschichtskurs zusammen - Noah, der Typ, der die große Halloweenparty plante. Er lächelte mich an. Ich lächelte unsicher zurück, auch wenn seine Seele mir das Denken erschwerte. Hunger-Orbit. Ganz schlecht.
    „Hey, Sam“, begrüßte er mich. „Siehst gut aus heute.“
    Misstrauisch schaute ich ihn an. „Wenn du das sagst. Wahrscheinlich bekommt mir Schlafmangel.“
    Er lachte trocken. „Scheiße, das mit Julie. Doch ich bin mir sicher, dass sie wollen würde, dass ich meine Party trotzdem schmeiße. Du kommst doch am Mittwoch, oder?“
    „Ich versuche mein Möglichstes.“
    „Und zieh dich sexy an“, schlug er vor, bevor er verschwand.
    Moment mal. Lass mich nachdenken. Soll ich auf Noahs Halloweenparty auftauchen? Nein.
    Würde ich sexy Klamotten tragen, wenn ich hinginge? Definitiv nicht!
    Das Problem - eines der Probleme - des Gray-Daseins war, dass man diese Aura besitzt. Vielleicht war diese Ausstrahlung auch daran schuld, dass mein Handy außer Gefecht war. Die Aura machte mich attraktiver. Ich war nur einssechzig groß, hatte braune Haare, braune Augen und meiner Ansicht nach ein eher durchschnittliches Aussehen - aber neuerdings wurde ich jeden Tag angebaggert.
    Seit ich meine Seele verloren hatte, war ich bei den Jungs angesagt wie nie zuvor. Stichwort die Motten und das Licht. Wer mir zu nahe kam, lief Gefahr zu verbrennen.
    Jeder einzelne dieser Jungs, so wie Noah, wäre nur allzu gern mein Opfer. Sie waren ganz wild darauf, mich zu küssen - nur damit ich mir ihre Seele schnappen und meinen Hunger stillen konnte.
    Allein der Gedanke daran sorgte dafür, dass mir übel wurde.

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