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Gray Kiss (German Edition)

Gray Kiss (German Edition)

Titel: Gray Kiss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Rowen
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Nicht vor Ekel, sondern vor Hunger. Die Toastberge heute Morgen konnten an dem üblichen Problem nichts ändern.
    Es wurde schlimmer. Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen, aber so war es. Stephen hatte gesagt, der Hunger und das Frieren würden stärker, je näher man der Stase kam.
    Also war es bald so weit. Ich konnte nichts anderes tun, als meine ganze Willenskraft darauf zu verwenden, das Hungergefühl zu ignorieren und das Problem zu lösen, ehe alles zu spät war.
    Obwohl ich angesichts dieser Tatsache am liebsten aus der Schule geflohen wäre, zwang ich mich, am Unterricht teilzunehmen. Englisch, und Colin saß direkt hinter mir. Er war schon da. Unter seinen Augen waren dunkle Ringe. Schien diese Woche der neueste Trend zu sein.
    Ich wich seinem Blick aus, doch mir entging nicht, dass seine Schultern sich verkrampften, sowie ich näher kam. Er sagte kein Wort.
    Immerhin war er hier. Darüber hatte ich seit Samstagabend nachgegrübelt. Ich hatte zwar den Eindruck, dass ich mir nicht allzu viel von seiner Seele einverleibt und ihn nicht verletzt hatte. Aber hundertprozentig sicher war ich mir nicht.
    Ich erstarrte, da er sich zu mir beugte. Sein köstlicher Duft war nicht auszublenden.
    „Tut mir leid wegen Samstag“, flüsterte er. Sein Atem brannte warm auf meinem Nacken. „Ich war betrunken. Ich hätte dich nicht küssen dürfen.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Schon gut. Vergiss es.“
    „Ich habe gehört, du warst dabei, als Julie …“ Seine Stimme versagte. „Als sie stürzte.“
    Ich sah ihn über die Schulter an und nickte. Er wirkte sehr betroffen.
    „Die Leute behaupten jetzt, sie hätte es meinetwegen getan“, flüsterte er.
    Ich schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht. Mach dir keine Vorwürfe.“
    „Warum sollte sie so etwas tun?“
    „Ich wünschte, ich wüsste es.“
    Und dann begann Mr Saunders mit dem Unterricht. Er schob sich die dicke Brille hoch, die er immer trug und die seine Augen auf die doppelte Größe vergrößerte.
    „Wie am Freitag bereits angekündigt …“ Mr Saunders stand mit dem Rücken zu uns, er schrieb etwas an die Tafel. „… schreiben wir heute einen kleinen Test zum Fänger im Roggen. Ich hoffe, ihr habt das Buch alle übers Wochenende gelesen.“
    Ein Test? Heute? Ich erinnerte mich nicht daran, dass er am Freitag irgendetwas davon erzählt hatte. Aber egal. Ich kannte das Buch. Englisch war eines meiner besten Fächer, also kein Thema.
    Der Fänger im Roggen war eines der Bücher, die auf den ersten Blick sehr simpel erschienen - fast zu einfach zum Lesen. Doch wenn man sich darauf einließ, war es ein äußerst vielschichtiges Werk.
    Ich versuchte, mich auf den Test zu konzentrieren, doch es fiel mir schwer. Meine Gedanken schweiften ab. Trotzdem war ich zwanzig Minuten vor Ende der Stunde fertig.
    Es klopfte, und Mr Saunders rief „herein“. Dann schaute er zu mir.
    „Ms Day?“ Er musterte mich durch seine dicken Brillengläser. „Sie werden zur Vertrauenslehrerin gerufen. Sie können den Test morgen fertig schreiben.“
    „Ich bin schon fertig.“ Mit einem mulmigen Gefühl erhob ich mich und legte meinen Test auf seinen Schreibtisch. Ich warf Colin, der mich beobachtete, einen Blick zu, dann verließ ich den Klassenraum.
    In meiner Klau-Phase hatte ich sehr viel Zeit in Ms Foresters Büro verbracht. Sie hatte versucht, mit mir über meine Gefühle wegen der Scheidung meiner Eltern zu sprechen. Ich sollte ihr meine Seele ausschütten. Und das tat ich auch, in einem bestimmten Maß, obwohl es mir unangenehm war, in einem Büro zu sitzen und mit jemandem, den ich so gut wie nicht kannte und der für den Fall der Fälle immer ein Taschentuch griffbereit hatte, über meine Gefühle zu reden.
    „Sie wollten mich sprechen?“, fragte ich Ms Forester, als ich ihr Büro erreicht hatte. Die Tür zu ihrem Büro war offen. Es befand sich gleich gegenüber von dem des Schulleiters.
    Sie winkte mich herein. „Komm rein, Samantha.“
    Ms Forester war jung - Mitte, Ende zwanzig - und hübsch. Ihr langes, dunkles Haar hatte sie nach hinten geschoben. Sie trug immer figurbetonte Blusen und schmale Bleistiftröcke, die kurz über dem Knie endeten. Das fand ich nicht gut, aber die meisten Jungs schon.
    Zögernd betrat ich ihr kleines Büro und entdeckte sofort eine gute Bekannte, die auf einem der beiden Stühle gegenüber vom Schreibtisch der Vertrauenslehrerin hockte.
    Jordan war hier und sah mich an. Wenn Blicke töten könnten.

13. KAPITEL
    Jordan

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