Gray Kiss (German Edition)
Wunsch war, Trinity zu verlassen und das Böse überall zu verbreiten. „Sie hat sich etwas eingebildet. Das kann ich nicht.“
Stephen sah wieder Jordan an, die immer noch auf dem Boden kauerte. „Samantha ist nämlich die Tochter eines Dämons und eines Engels. Sie besitzt außergewöhnliche Kräfte, die ich mir zunutze machen will.“
„Halt die Klappe!“ Immer wenn jemand die Wahrheit über mich aussprach, geriet ich in Panik.
Er grinste. „Ach so. Das ist dein kleines Geheimnis? Oje, dann wollen wir das mal besser niemandem verraten.“
Jordan riss die Augen auf. „Oh mein Gott! Ist das dein Ernst?“
Ich warf ihr einen Blick zu. „Hör nicht auf ihn! Er lügt!“
Sie war so bleich, dass ihre Sommersprossen noch mehr auffielen als sonst. „Dämonen und Engel? So was gibt es in Wirklichkeit doch gar nicht!“
„Falsch“, korrigierte Stephen sie. „Und sie rennen in diesem Moment vereint durch die Stadt, auf der Jagd nach Wesen wie mir. Obwohl ich inzwischen ziemlich schwer zu töten bin. Es ist beinahe unmöglich.“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Sie sind dir noch nicht zu Hilfe geeilt, Samantha. Seltsam! Wo ich doch geglaubt habe, du wärst ihr Lieblingsspielzeug.“
Das letzte Mal hatte Bishop mich aufgespürt, als Kraven gezwungen war, mich zu küssen. Doch seine Trackingfähigkeiten waren nicht mehr sonderlich verlässlich.
Wusste er überhaupt, dass ich schon seit über einem Tag verschwunden war? Hatte Cassandra nicht bemerkt, dass das Haus vollkommen leer war, oder hatte sie angenommen, ich wäre entweder schon im Bett oder noch?
Ich hatte Bishop gesagt, ich wollte nichts mehr mit dem Team zu tun haben. Widerwillig hatte man meinen Wunsch akzeptiert. Wenn ich jetzt behaupten würde, ich bedauerte diese unsere letzte Unterhaltung, wäre das eine monumentale Untertreibung.
Ich brauchte ihn. Verzweifelt wünschte ich ihn mir her.
Damit er Stephen in die Schranken wies und er die Bekanntschaft mit Bishops Dolch machte.
Mein Mitleid mit Stephen Keyes hatte sich mittlerweile erschöpft.
„Was hast du mit uns vor?“, wollte ich wissen und versuchte, trotz allem ruhig zu bleiben. „Oder willst du uns nur den ganzen Tag vollquatschen?“
Wieder sah er über seine Schulter zu Jordan rüber, die jetzt doch aufstand. „Jede Seele, die ich zu mir nehme, macht mich stärker. Stärke bedeutet Macht. Und Macht bedeutet, ich kann alles haben, was ich möchte. Ich kann ein wahrer Anführer werden, den alle achten und fürchten. Die anderen unserer Art langweilen mich. Die meisten von ihnen sind sowieso zu schwach, um die Stase zu überleben.“
Ich beobachtete ihn wütend, während ich mir das verletzte Handgelenk schützend an die Brust drückte. „So ein Pech. Du kannst alles haben, bist aber ganz allein. Schnief, schnief. Vielleicht solltest du dir einen Goldfisch anschaffen?“
Jordan streckte die Hand nach etwas aus, das auf dem Boden lag - ein loser Backstein, den ich vorher nicht bemerkt hatte. Langsam kroch sie von hinten an Stephen heran. Ich hielt die Luft an, als sie ausholte, um ihm den Stein auf den Kopf zu schlagen, doch er drehte sich rechtzeitig um und entriss ihn ihr. Dann packte er sie an der Kehle und schleuderte sie gleich neben mir gegen die Wand.
Viel zu dicht neben mir. Ich durfte jetzt nicht so nah an ihrer Seele sein. Die Klaustrophobie, die Schmerzen - all das hatte mich geschwächt. Der Hunger überkam mich mit aller Macht, und ich begann tatsächlich zu winseln.
Stephen setzte eine triumphierende Miene auf.
„Siehst du, Samantha? Du kannst dir weiter vormachen, dass du über allem thronst und über alle irdischen Gelüste erhaben bist, wie es jemandem gebührt, der nur mit den Besten aus Himmel und Hölle verkehrt. Aber in deinem Innern bist du nicht anders als ich. Und es dauert nicht mehr lange, ehe du zu einem viel interessanteren Wesen wirst. Dann werden wir besser miteinander auskommen.“
„Was?“, krächzte Jordan. „Samantha ist doch kein …“
Stephen lächelte nur. „Doch, ist sie. Ich habe sie selbst in eine Gray verwandelt. Ich habe ihr ihre Seele gestohlen, weil ich ihr den Kuss gab, um den sie mich anflehte. Sie wollte mich schon immer, schon von Anfang an. Habe ich nicht recht, Samantha?“
„Und jetzt will ich dich töten“, erwiderte ich.
Er lachte, bis mich ein eisiger Schauer überlief. „Ich habe ihr ihre Seele weggenommen, weil ihre Dämon-Tante mich darum bat. Damals hatte ich ein schlechtes Gewissen. Da war ich noch ein
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