Grayday
mahagonifarben als blassgelb, der ein sanfter junger Mann in mehr oder weniger zueinander passenden Kleidern war, bereit, sich in die Kunst der Liebe einführen zu lassen.
Als sie draußen vor Berry Acres stand, wollte die Wirklichkeit nicht anbeißen. Arjuns Stimme in der Gegensprechanlage klang verblüfft, aber er drückte auf den Summer und öffnete ihr die Wohnungstür in Boxershorts und einem T-Shirt, auf dem quer über ein Foto der Space Needle »hi from Seattle!« gedruckt war. Chris sah erfolgreich darüber hinweg und setzte ihr verführerischstes Lächeln auf, das sich in ihrem narkotisierten Zustand irgendwie von selbst zu so was wie einem dreckigen Straßeneckengrinsen verzerrte, das eher zu einem fleckigen Polyesteranzug gepasst hätte.
»Entschuldigung, habe ich dich geweckt?«
»Nein, nein, ich habe noch gearbeitet.«
Sie verstärkte das Lächeln noch ein bisschen. »Willst du mich nicht reinbitten?«
»Klar.«
Sie war noch nie in Arjuns Wohnung gewesen. Darin sah es aus, als hätte jemand den Abfallcontainer eines Elektroladens geplündert und alles, was er nicht brauchen konnte, hier ausgekippt. Überall lagen Computerbauteile herum, bedeckt von dem kleinjungenhaften Mulch aus schmutzigen Tellern, Unterhosen und zerknülltem Papier. In der ganzen Wohnung roch es stark nach Brathuhn. Während sie leicht schwankend dastand, lief Arjun herum und kickte ein Loch in das Durcheinander, damit sie sich hinsetzen konnten.
»Hättest du gern Tee?«, fragte er, während er eilig Fenster auf seinem Computerbildschirm schloss.
»Das wär nicht schlecht. Was hast du gemacht, dir Pornos angeguckt?«
Arjun machte ein empörtes Gesicht. »Nein.«
»Ich wette, doch.« Sie stieg über ein ausgeleertes Towergehäuse und einen Haufen indischer Zeitschriften hinweg und begann, in der Spüle einen Trinkbecher abzuwaschen. Arjun tauchte neben ihr auf.
»Ich mach das schon«, sagte er.
»Möchte bloß einen Schluck Wasser.« Sie streichelte ihm die Wange. »Hallo.«
»Ähm, hallo. Also keinen Tee?«
Streicheln fühlte sich gut an. Sie machte weiter.
»Was machst du da?«, fragte er.
»Oh nichts. Nimm mich in die Arme.«
»Was?«
Sie zog seine Arme um ihre Taille. Gehorsam drückte er zu. Die Wärme löste weitere Ecstasy-Schauer in ihrem Körper aus.
Trotz ihrer Euphorie konnte Chris über die Dürftigkeit von Arjuns Wohnung nicht hinwegsehen. Mit dem Geruch konnte sie leben, aber die Deckenbeleuchtung bestand aus einer nackten Glühbirne mit hoher Wattleistung, die harte Schatten auf die Gerümpelhaufen, die schmucklosen Wände und vor allem auf den Mann warf, den sie umarmte: Jetzt sah er beängstigend leichenhaft und gar nicht mahagonifarben aus. Irgendwo ertönte unter einem Stapel von Plastikkissen mit Chemikalien das leise Klingeln eines Weckers. Sie ignorierte es und drückte weiter.
»Es ist zu hell hier drin. Hast du keine Kerzen?«
»Kerzen? Warum? Erwartest du eine Stromsperre?«
Sie torkelte umher und stolperte über irgendetwas, das sich unter ihren Füßen matschig anfühlte. Sie beachtete es nicht, knipste das Deckenlicht aus und drehte die Birne der Schreibtischlampe zur Wand.
»Schon viel besser. Musik?«
Verwirrt steuerte Arjun auf den Computer zu. Die Entscheidung war zu wichtig, um sie ihm zu überlassen, deshalb winkte Chris ihn zur Seite, setzte sich und durchsuchte ein Verzeichnis mit MP3s. Wenn man die indische Filmmusik aussortierte, blieb nicht viel Auswahl. Arjun schlich hinter ihr herum. Es machte ihn anscheinend nervös, dass sie in seinen Systemen herumkramte. So high sie war, konnte sie doch feststellen, dass sie ungewöhnlich konfiguriert waren. Viele schrammelige Festplatten waren zusammengeschaltet, und ein alter Vierzehn-Zoll-Monitor zeigte (ehe er ihn ausschaltete) irgendwelche sich ständig aktualisierenden Datenprotokolle. Sie entschied sich (N’Sync, meine Güte, peinliche Boy-Group) für ein Moby- Album, halblahm, aber okay. Fette Streicher- und Bluesfetzen drangen in den Raum.
»So«, sagte sie und schlang ihre Arme um ihn. »So ist es schon besser.«
Arjuns Rückenmuskeln spannten sich unter ihren Händen an. »Das ist alles – ich meine, es ist eine – sehr nette Überraschung.«
»Ja, das ist es, nicht wahr?«
»Dir scheint heiß zu sein. Kommst du vom Training?«
»Nein, Schätzchen, deswegen bin ich ja hergekommen.«
»Wirklich? Wieso denn? Ich habe eigentlich gar keine Geräte oder so was.«
Sie ignorierte das Gesäusel seiner Stimme, schob eine
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