Gregor und der Fluch des Unterlandes
wollte nur, dass sie uns weglassen. Ich wollte nicht … ich konnte ja nicht wissen … Im Überland ist ein Date nicht so eine große Sache … Na ja, für mich wär’s das schon, aber für andere Leute – okay, du brauchst mich nicht mehr so anzugucken. Das war’s.«
Während seines Gestammels hatte der Blick ihrer violetten Augen ihn nicht losgelassen. »Hat Howard mit dir darüber gesprochen?«, fragte Luxa, ohne den Blick abzuwenden.
»Ja. Er hat mir ziemlich klipp und klar gesagt, dass es mit uns beiden kein Date geben wird«, sagte Gregor.
Sie lachten beide.
»Ich wusste, dass es nichts zu bedeuten hatte«, sagte Luxa. »Gewiss bin ich nicht das Mädchen, das du zu einem Date einladen würdest.«
»Das stimmt nicht«, platzte Gregor heraus. Oh nein! Warum sagte er das jetzt? Sie hatte sich mit seiner Erklärungdoch zufriedengegeben. Und jetzt tappte er schon wieder geradewegs in die Falle. »Ich meine, ich hab überhaupt nichts gegen dich.« Das klang auch nicht gut. »Es ist nur, dass du Königin bist und so.«
»Und dass du Überländer bist und so«, sagte sie und wandte endlich den Blick ab.
»Ja«, sagte er. Was sollte das heißen? Dass sie, wenn er kein Überländer wäre, vielleicht … vielleicht was? Er musste jetzt damit aufhören. Er musste das Thema wechseln. Themawechsel … Themawechsel … »Magst du ein Sandwich?«, fragte er.
»Ein Sandwich?«, sagte Luxa. »Gern.«
»Ich mach uns welche«, sagte Gregor. Dann aßen sie Käsesandwiches und sprachen nur noch wenig. Als Ares und Nike aufwachten, um sie abzulösen, legte sich Gregor neben Boots und zog sich die Decke über den Kopf. Er war froh, dass Luxa ihn endlich nicht mehr anschaute.
Am nächsten Morgen beim Frühstück klärte Howard sie über den Gang des Hades auf. »Ich habe ihn selbst noch nie durchquert. Er wird von den Menschen nur selten benutzt, da es kürzere und ungefährlichere Wege gibt.«
»Wo genau kommt er raus?«, fragte Gregor.
»In den Feuerländern. Sieh mal, Gregor, so kannst du es dir vorstellen«, sagte Howard. Er tunkte den Finger in eine scharfe Soße und malte ein A. »Hier sind wir.« Links von dem A zeichnete er eine lange Linie. »Das ist der Fluss, der in den Wasserweg mündet.« Er zeichnete den Wasserweg alsgroßes Oval. Ein ganzes Stück links vom Wasserweg malte er ein B. »Hier liegen die Feuerländer. Und der Gang des Hades verläuft ungefähr so.« Howard zeichnete eine Schlangenlinie von Punkt A zu Punkt B.
Gregor starrte auf die Karte. Irgendetwas daran irritierte ihn. »Und wo liegt Regalia?«
»Hier«, sagte Howard und zeigte auf den höchsten Punkt der Schlangenlinie.
»Und wieso führt der Weg dann nicht nach Regalia?«, fragte Gregor.
»Weil der Gang des Hades weit unterhalb Regalias verläuft und es keinen Zugang zur Stadt gibt. Du darfst dir das Unterland nicht als Ebene vorstellen. Stell es dir als Kugel vor, in der man sowohl auf und ab als auch hin und her reisen kann«, sagte Howard.
»An einer Stelle wird Regalia genau über uns liegen«, sagte Luxa. »Es gefällt mir gar nicht, so weit unter die Erde zu gehen.« Gregor kam das absurd vor, weil sie ja sowieso schon meilenweit unter der Erdoberfläche lebte.
Sie packten ihre Sachen zusammen und machten sich reisefertig. Die größte Sorge galt Hazard. Howard band ihn auf Aurora fest und gab Luxa genaue Anweisungen darüber, wie sie ihn pflegen musste. Gregor nahm Boots und Temp auf Ares mit, Howard flog auf Nike, und sie alle hofften nur, dass Thalia, die niemanden tragen musste, es schaffte.
Am Anfang war Gregor noch optimistisch. Der Gang des Hades war ein gewaltiger Tunnel. Manchmal konnte mannicht einmal beide Wände des Tunnels gleichzeitig sehen. Saubere, fischreiche Flüsse flossen hindurch, für Essen und Trinken war also gesorgt. Der Boden war felsig und uneben, aber sie hatten ja die Fledermäuse. Insgesamt sah es nach einer ganz angenehmen Reise aus.
Doch mit der Zeit merkte Gregor, dass sie nur langsam vorankamen. Der Tunnel führte plötzlich so steil bergab, dass die Fledermäuse praktisch ins Nichts stürzten. Sie konnten gar nicht richtig fliegen, sie mussten sich fallen lassen und steuerten nur hin und wieder mit den Flügeln. So ging es im Schneckentempo voran. Außerdem mussten sie alle paar Minuten anhalten. Einmal musste Boots pinkeln, dann brauchte Thalia eine Pause, Hazards Verband musste gewechselt werden, dann entdeckte Nike einen guten Fluss und meinte, sie sollten sicherheitshalber ihre
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