Greifenmagier 1 - Herr der Winde
Gedanken. »Ihr könnt nicht in eure heimatliche Wüste zurückkehren. Ihr könnt es nicht. Warum nicht?«
Der Greifenmagier - Kairaithin - zuckte ansatzweise die Achseln. »Weil man uns aus der Wüste in die Berghöhen getrieben hat, Mensch, und das ist nicht unsere Welt; weil uns keine andere Wahl blieb, als herab in dieses feuchte Land zu fliehen, wo der Wind vom Meer gegen unseren eigenen Wind ankämpft. Und uns bleibt nichts übrig, als zu bleiben, zumindest einige Zeit lang. Dieses Land ist nicht unseres, kann jedoch dazu gebracht werden, uns zu dienen. Wir werden nicht weichen. Wir haben keinen Ort, wohin wir weichen könnten. Kehre zu deinem König zurück, Mensch, und berichte ihm, dass wir nicht den Wunsch hegen, Feinde der hiesigen Menschen zu sein! Sage ihm, er wäre klug beraten, wenn er uns Platz für unsere Wüste überlässt!«
Bertaud schüttelte den Kopf und holte mühsam Luft. Blinzelte, um den Dunst aus heißem rotem Staub zu vertreiben. Versuchte sich zu konzentrieren. Fragte schließlich: »Wodurch getrieben?«
Der Greif kräuselte die Lippen.
»Von wem getrieben?«, hakte Bertaud nach. Er atmete heiße Luft ein und versuchte nachzudenken. »Warum?«
Der Greif streckte eine Hand aus - eine schneidige Befehlsgeste. Bertaud blinzelte erneut und trat einen Schritt vor. Er begann, die eigene Hand auszustrecken, wie es sein Gegenüber anscheinend erwartete. Daiane schlug jedoch seinen Arm nach unten.
Der Greif senkte daraufhin langsam die Hand und sagte zu Daiane: »Erdmagierin, du bist unklug. Es war unklug von dir, dich mir in den Weg zu stellen, und es ist jetzt unklug von dir, deiner Abneigung vor dem Feuer nachzugeben.«
»Klüger jedoch, als dir zu trauen.« Der Ausdruck von Daianes dunklen Augen war feindselig. »Du bist ein Magier. Aber was bist du außerdem?«
»Ich bin geduldig gewesen«, antwortete der Greif barsch. »Du aber erschöpfst meine Geduld, Erdmagierin.« Er bewegte sich unruhig und blickte den Hang hinauf zu den Felswänden, als wäre er am liebsten dorthin gegangen.
»Warte«, sagte Bertaud matt. Er versuchte sich vorzustellen, wie ein ungeduldiger Greif aufträte, wenn das hier Geduld war. Zu seiner Überraschung wandte sich der Greifenmagier ihm erneut zu. Bertauds Gegenüber war unruhig und fing seinen Blick erneut auf, beinahe wie ein Habicht einen Hasen. Aber er wandte sich tatsächlich zu Bertaud um. Es tat fast körperlich weh, diesen harten Blick zu erwidern. Bertaud ertrug es mühsam und fragte erneut: »Von wem getrieben?«
»Casmantium.« Der Ausdruck dieser schwarzen Augen wurde noch strenger, regelrecht grausam. »Von wem sonst?«
Bertaud schloss die Augen und versuchte nachzudenken. Er atmete die metallene Luft, lauschte dem Wüstenwind. Der Geschmack von heißem Kupfer glitt ihm über die Zunge. Casmantium. »Casmantium«, sagte er laut und öffnete die Augen wieder. »Warum?«
Das Achselzucken des Greifen drückte diesmal Gleichgültigkeit aus und deutete zugleich, wie das Feuer, Ruhelosigkeit an. »Vielleicht war Casmantium es leid, dass unsere rote Wüste seine schönen Städte bedrängt.« Er schien jedoch erneut bereit zu reden. Er trat einen Schritt vor, bannte Bertauds Blick mit seinen Augen und fuhr eindringlicher fort: »Mensch, manche unter uns erklären, jene Wüste gehöre uns, und sprechen sich für die Rückkehr dorthin aus. Andere sagen, wir sollten uns das Land hier zu eigen machen und bleiben. Unser ... König ... gehört zu den Ersteren. Deshalb rate ich euch zu gehen. Überlasst die Wüste, die wir hier erzeugen, dem Wind unserer Schwingen. Wir werden uns mit der Zeit zurückziehen, und dann könnt ihr das Land aufs Neue beanspruchen.«
»Ihr habt nicht das Recht, uns Bedingungen zu diktieren!«, blaffte Daiane und funkelte den Greifen an.
»Seid still!«, befahl ihr Bertaud verzweifelt. Er hatte das Gefühl, beinahe etwas Wichtiges verstanden zu haben, das ihm jetzt wieder entglitten war. Ursprünglich war er so froh gewesen, dass Daiane ihn begleitete. Er hatte den Greifen nicht allein gegenübertreten wollen und war mit Iaor einer Meinung gewesen, dass die Kenntnisse und die Weisheit einer Magierin bei dieser Begegnung wertvoll wären. Jetzt jedoch hätte er beinahe alles dafür gegeben, Daiane loszuwerden.
»Diese Erdmagier!«, sagte der Greifenmagier zu ihm und zeigte eine ungeduldige kurze Kopfbewegung, die seltsam vogelhaft wirkte. »Diese Frau hätte diese Wüste lieber nicht aufgesucht. Wisst ihr denn nicht, dass
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