Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grenzfall (German Edition)

Grenzfall (German Edition)

Titel: Grenzfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kröger
Vom Netzwerk:
wird. Plötzlich fallen ihr Mamas Worte ein. »Wäre ich doch nur mitgegangen.« Wenn sie alle nach Deutschland gegangen wären. Wenn Papa nicht gestorben wäre. Würde sie dann heute hier stehen, in schicken Klamotten? Geld von ihrem Konto abheben? Auf die Universität gehen? Hätte sie schwimmen gelernt?
    »Komm, Nadina! Wir sind dran.«
    Ihre Gedanken-Seifenblase platzt. Sie ist Nadina L ă c ă tu ş aus Bra ş ov. Papa ist tot. Fuck it. Alles würde sie dafür geben, wenn sie ihn einmal sehen könnte. Anfassen.
    Mattie fragt die Frau hinter dem Schreibtisch etwas. »Natürlich sprechen wir Englisch. Was kann ich für Sie tun?«
    Nadina erklärt ihr, was passiert ist. Wenn sie nicht weiterweiß, hilft Mattie. Sie zieht ihren Ausweis, die Geburtsurkunde und den Hefter mit den Kontoauszügen aus der Tasche. Als Letztes legt sie den Brief des Arztes dazu.
    »Haben Sie keine Sterbeurkunde?«
    Was soll das denn schon wieder? Bevor sie antworten kann, geht Mattie auf Deutsch dazwischen. Wütend redet sie auf die Frau ein. Mann, kann die aufdrehen! Gut so. Scheint zu funktionieren.
    Die Frau steht auf, nimmt Nadinas Papiere an sich und verschwindet in den hinteren Bereich.
    »Sie macht Kopien und fragt bei der Bank deines Vaters in Wüstenrot nach. Wird eine Weile dauern.«
    Nadina blickt der Angestellten misstrauisch hinterher. Wieso muss die jetzt noch mal nachfragen? Wieder sieht sie Mama vor sich, die Sergius Knie umklammert. Sie beißt sich auf die Lippe. Dann geht sie eben nach Frankreich.
    »Willst du eine rauchen?« Mattie beobachtet sie.
    »Nein, danke.« Wie denn? Die letzte Kippe hat sie bei Liviu geschnorrt.
    »Komm schon.« Draußen sieht Mattie sich um und geht zu einem Kiosk. »Hier.«
    Schon wieder. Man braucht irgendwas und kauft es. »Und du?«
    »Ausnahmsweise.«
    Sie stehen nebeneinander und rauchen. Sehen den Leuten zu, die über den Platz schlendern. Touris. Geschäftsleute. Rentner. Ein Paar mit einem weißen Schäferhund an der Leine.
    »Frau L ă c ă tu ş ?« Die Frau von der Bank steht in der Tür.
    Nadina macht die Kippe aus und geht rein, gefolgt von Mattie.
    »Bitte unterschreiben Sie hier, Frau L ă c ă tu ş .«
    Nadina unterschreibt. Verdammt. Ihre Hand zittert.
    »Sie können jetzt über das Geld verfügen. Hier ist ein Auszahlungsschein, damit können Sie zur Kasse gehen. Wie viel Geld möchten Sie denn abheben?«
    Nadina trifft einen Entschluss. »Was kostet es, das Geld nach Rumänien zu schicken?«
    »Vielleicht hundert Euro.« Mattie sieht sie fragend an.
    »Dann möchte ich genau zweitausendfünfhundert Euro abheben.«
    Die Frau trägt die Zahl ein, gibt ihr den Schein. An der Kasse wieder eine Schlange.
    »Ich dachte, du willst alles abheben«, sagt Mattie.
    Mann, wieso muss die immer alles ganz genau wissen? »Ich bleib noch hier.« Guck doch nicht so! »Keine Angst, ich kann bei Liviu übernachten.«
    »Okay.« Mattie muss das erst mal verdauen, sieht man ja.
    »Ich will wissen, was mit dem Prozess wird.«
    »Verstehe.«
    Sie rücken ein paar Schritte vor bis zu einem Pappschild, das einem deutlich macht, dass man hier warten soll.
    »Liviu will mit seiner Familie in diese Stadt am Meer fahren, wo Adriana im Gefängnis sitzt. Damit sie nicht so alleine ist.«
    »Bitte schön?« Die Frau am Schalter streckt ihre Hand aus, und Nadina legt den Auszahlungsschein hinein.
    Die Frau zählt. Fünfundzwanzig Hundert-Euro-Scheine.
    Schweigend gehen sie über den Platz zu Western Union. Innerhalb von fünf Minuten ist das ganze Geld wieder weg. Von Matties Handy aus ruft Nadina bei Sergiu an.
    »Geh zu Western Union, das Geld ist da. Auf deinen Namen. Und grüß Mama.«
    »Nadina!« Bevor er noch was sagen kann, drückt sie die rote Taste.

26. Juni 2012, Hansestadt Kollwitz
Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland
    Nick fährt auf den Parkplatz vor der JVA, um Volker abzuholen und zusammen weiter nach Berlin zu fahren. Ist schließlich sein Wagen. Der Knast steht futuristisch in der Küstenlandschaft. Dunkle Wolken türmen sich dahinter auf. Könnte ein versprengter Ableger des Guggenheim Museums sein.
    Okay. Ruhig bleiben. Da drüben steht Matties Bus. Sein Magen macht eine Rolle rückwärts. »Frauchen ist da.« Quincy interessiert das nicht. Nick schon.
    »Hey! Du bist wieder hier.« Sie umarmt ihn kurz. Ganz kurz. Fast überhaupt nicht. »Volker holt gerade meine Besuchsgenehmigung für Adriana.«
    Da ist er auch schon. »Ich war kurz bei ihr. Sie hat wieder nicht gesprochen. Ich hab

Weitere Kostenlose Bücher