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Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition)

Titel: Gretchen: Ein Frankfurter Kriminalfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Berger
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hat schon gewartet auf mich. Bei den Stockums hab ich den ganzen Nachmittag verbracht, und jetzt sitz ich hier, wie du siehst, und bin immer noch am Nähen, dass wir unsre Miete bezahlen können. Du hast freilich gut reden mit deinem Schreinermeister, da hast du viel Muße, dir über die Susann den Kopf zu zerbrechen. Geh doch selbst hin zu deiner Freundin, der Bauerin, da wirst du sie schon antreffen.»
    Den Rat hätte die Hechtelin sich auch gegeben, zumal sie bei ihrem Weg von der Alten Gass nach Hause ohnehin so gut wie beim Einhorn vorbeikam. Ziemlich besorgt war sie inzwischen, was sich leider nicht besserte, als im Einhorn die Bauerin auf die Frage, ob sie die Susann sprechen könne, erklärte: Die habe sich ja noch gar nicht wieder bei ihr eingestellt! Sie, die Hechtelin, möge einmal zur Königin gehen und sehen, wie es ihr gehe, gelle. Und wenn sie gesund sei, dann könne sie das Mädchen auf dem Rückweg gleich bei ihr vorbeibringen!
    Du liebe Zeit, entgegnete händeringend die Hechtelin, von der Königin komme sie ja gerade, dort sei die Susann nicht mehr, und laut Aussagen ihrer Schwester sei sie schon nachmittags aus der Alten Gass fortgegangen, um sich zu der Bauerin zu begeben.
    Der fiel die Kinnlade herunter. «Wie! Ja, ist sie denn schon wieder verschwunden! Glaubt mir, Frau Hechtelin, bei mir hat sie sich nicht gemeldet.»
    Sehr beunruhigt, fiel der Hechtelin nichts ein, als sich geradewegs wieder zu ihrer Schwester Ursel aufzumachen und der die verstörende Mitteilung der Bauerin zu referieren. «Du liebe Zeit, Ursel!», schloss sie. «Sie wird doch nicht etwa weggelaufen sein vor Angst!»
    «Das fehlt noch.» Die Königin fasste sich an den Hals. «Weißt du was, Dorette, ich krieg gleich schon wieder Vapeurs, ich hab die Nase gestrichen voll von der Susann und den Scherereien, die sie uns macht. Was denkt sich das Mensch! Wenn du mich fragst, sie wird sich bei der Bauerin heimlich hineingeschlichen haben, damit sie … oh. Oje. Ja also, Dorette, du weißt schon. Worüber wir heut Morgen gesprochen haben.»
    «Ach du liebe Zeit. Ja. Du liebe Zeit.− Ursel, komm, lass uns gemeinsam zum Einhorn gehen, wir wollen noch einmal nach ihr suchen. Vielleicht ist sie längst dort und versteckt sich wieder auf der Hinterstiege.»
    Die Königin, die Hand am Hals, entwickelte sofort gewisse Befürchtungen, was die Hechtelin am Ende noch suchen wolle im Einhorn . Schon um sich hierüber außer Reichweite der Ohren ihres Mannes Klarheit zu verschaffen und falls nötig die Hechtelin von unbedachten Handlungen abzuhalten (nicht, dass man sich gar selbst noch strafbar machte!), verstaute sie ihr Nähzeug im Korb und verließ, müde, wie sie war, gemeinsam mit der Schwester die Wohnung.

FREITAG, 2. AUGUST, SIEBEN UHR ABENDS
    DIE BAUERIN, mit heißem, feuchtem Gesicht selbst am Bedienen in der Bierstube, weiß im ersten Augenblick nicht, was sie von dem gemeinsamen Besuch beider Schwestern halten soll, da die keinerlei Neuigkeiten bringen. Sie wischt sich die Hände an der Schürze.
    «Ja, Frau Königin, wann genau ist denn die Susann weg von Euch?»
    «Als ich heut morgen aus war. Vor elf Uhr.»
    «Du liebe Zeit! Gleich nachdem wir −» Dies aus dem Mund der Hechtelin, die sich erschrocken zur Schwester umdreht, während zugleich die Bauerin trocken wiederholt: «Also wie gesagt, bei mir ist sie nicht erschienen.» Nach kurzem Überlegen ruft sie ihren Sohn in die Bierstub und begibt sich mit den beiden Brand-Schwestern in ihre Wohnstube.
    Sie wolle nicht verhehlen, dass ihr die Sache allmählich bedenklich werde, beginnt sie leise, nachdem sie sitzt. Die Hechtelin, die nichts versteht, beginnt ihrerseits: «Wenn Ihr wollt, Frau Bauerin, können wir einmal das Haus nach ihr absuchen, wo sie sich diesmal versteckt.» Worauf die Bauerin seufzt und sich übers Gesicht streicht und erklärt: Sie wisse gar nicht, ob sie das bei den Umständen erlauben dürfe, dass die Schwestern ohne ihre Aufsicht herumsuchten in ihrem Haus, und ob es nicht eigentlich sogar inzwischen an dem sei, dass sie, genau genommen, zur Wache laufen und Anzeige erstatten müsse, so verdächtig sei das alles. Aber eingedenk ihrer Freundschaft zu der Familie Brand, und da die Susann ihr so viele Jahre treu gedient und sich bisher so unbescholten gehalten habe, wolle sie vorläufig noch einmal davon ausgehen, dass es sich bei dem Verschwinden von der Susann um ein Missverständnis handele. Vielleicht sei sie ja nur zu dem Bruder oder dem Cousin

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