Griechisches Feuer
zeugte von Reichtum, und zwar von mehr Reichtum, als ein Normalverdiener jemals erwerben konnte, aber Constantine war nicht neureich. Die Familie besaß bereits seit sehr langer Zeit Geld, und er hatte es nicht nötig, damit anzugeben oder es zur Schau zu stellen.
Constantine Kiriazis war der Sohn eines sehr reichen Mannes und hatte sich ein zweites, fast genauso großes Vermögen selbst erarbeitet. Seine Kleidung zeugte von erlesenem Geschmack, war aber sehr schlicht. Das einzig Extravagante, was er sich leistete, war die schwere rechteckige Armbanduhr aus Gold.
Unter seinem eleganten Mantel trug er ein schlichtes weißes Hemd, eine Fliege, eine eng anliegende schwarze Hose und zu ihrer Überraschung eine maßgeschneiderte Weste, aber kein Jackett. Im Gegensatz zu der farbenfreudigen Kleidung der anderen Gäste wies Constantines gepflegtes Auftreten eher auf ein offizielles Galadiner und nicht auf eine Kostümparty hin.
"Wie sehe ich aus?" wiederholte er gereizt.
Grace merkte selbst, wie ihre aufgewühlten Gefühle ihr einen Streich spielten und sie gegen etwas protestieren ließen, gegen das sie eigentlich gar nichts hatte. Sie wollte, nein, sie durfte nicht länger an diesen männlichen Körper unter der eleganten Kleidung denken, an den sinnlichen Mann, der - wie sie wusste -
Constantine sein konnte.
"Du siehst aus wie ein Kellner."
Das saß! Constantines zorniger Gesichtsausdruck sprach Bände, und Grace sah, dass er nur mit Mühe eine wütende Antwort unterdrückte. Sie hatte ihn empfindlich getroffen und etwas für ihn sehr Wichtiges verletzt: seinen Stolz.
"Der Stolz ist uns in die Wiege gelegt", hatte er ihr einmal erklärt. "Schon die alten Griechen waren damit verflucht - mit hubris, was oft genug ihren Untergang besiegelt hat. Heute nennen wir es perifania, aber geändert hat sich nichts."
"Vielleicht interessiert es dich ja, meine liebe Grace", mit diesen Worten holte er sie in die Gegenwart zurück, "dass genau das meine Verkleidung ist."
Seine Stimme war überraschend sanft, aber unterschwellig hörte Grace nur zu deutlich, dass es ihn Mühe kostete, sein hitziges Temperament unter Kontrolle zu halten.
"Vor zehn Jahren war ich nämlich einundzwanzig und kam gerade frisch von der Universität. Mein Großvater bestand darauf, dass ich unser Geschäftsimperium von Grund auf kennen lernte. Also habe ich sechs Monate als Kellner in einem der Hotels der Kiriazis Corporation gearbeitet."
"Oh..."
Mehr brachte sie nicht heraus. Ihre Lippen waren plötzlich ganz trocken, und nervös benetzte Grace sie mit der Zunge.
Aber sie erstarrte, als er seinen durchdringenden Blick direkt auf ihren Mund richtete und sie das Durcheinander ihrer Gedanken nicht länger verbergen konnte. Plötzlich wurde ihr mit Schrecken bewusst, was sie zuerst nicht hatte wahrhaben wollen.
"Dann hat Ivan dich also tatsächlich eingeladen?"
"So ist es." Endlich entschied sich Constantine, in den kleinen Flur einzutreten, und er schloss schwungvoll die Tür.
Der laute Knall der ins Schloss fallenden Tür klang so endgültig, dass Grace erschrocken zusammenzuckte.
"Sag bloß, das hast du nicht gewusst?"
Grace schüttelte nur den Kopf.
Wie hatte Ivan nur so etwas tun können! Warum hatte er ihr nichts gesagt? Er hätte sich doch denken können, was Constantines Erscheinen bei ihr auslösen und wie schmerzhaft es für sie sein würde. Gerade Ivan hätte wissen müssen, dass sie noch lange nicht über das Geschehene hinweggekommen war.
Und trotzdem hatte er mit seinem Verhalten diese alte Wunde wieder aufgerissen.
"Glaub mir, wenn ich auch nur den leisesten Verdacht gehabt hätte, dass du hier bist, dann wäre ich nicht gekommen. Ich wollte dich nie wieder sehen. So wie du dich benommen hast..."
Constantines Gesichtszüge verhärteten sich, und seine dunklen Augen funkelten zornig.
"So wie du dich benommen hast", wiederholte er eisig. "Ich kann dir versichern, das beruht auf Gegenseitigkeit. Die Frage ist nur, was machen wir jetzt?"
"Du könntest wieder gehen." Grace hatte schon befürchtet, dass ihr Vorschlag auf wenig Gegenliebe treffen würde, und sie sah sich bestätigt, als er nachdrücklich den Kopf schüttelte.
Constantine Kiriazis hatte gewusst, dass sie auch hier sein würde, und natürlich hatte er sich vorher genau überlegt, wie er sich verhalten würde. Er hatte noch nie in seinem Leben nachgegeben und würde es auch jetzt nicht tun.
"Gracie?" Ivan war direkt hinter ihr aufgetaucht. "Was ist denn ... Oh,
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